5. Fastensonntag: Sich aufrichten

Ich nehme dieses Leben an, so wie es ist – ein Fastenweg

5. Fastensonntag:
Sich aufrichten („Empörung“)

Was hält mich, wenn ich mich selbst nicht halten kann?

Halt finden, verwurzelt sein, wie ein Baum in der Erde, Vertrauen finden, wachsen können, wie die Krone eines Baumes, dem Licht /der Sonne / dem Leben entgegen.

Angst… Angst, durch Populismus geschürt, ist ein dominantes Gefühl dieser Zeit: Ohne etwas, das uns Halt gibt, kommen wir in dieser Welt um.
Menschsein heißt sich verändern zu können!
Welche Zuversicht, welche Hoffnung geht von diesem Satz aus!

Viktor Frankl nennt dies „Trotzmacht des Geistes“:

Es gibt Krankheiten, die uns zunächst aus der Bahn werfen,
Trennungen, die uns zunächst zur Verzweiflung bringen,
Angst auslösende Situationen, die uns zu verschlingen drohen.
Tatsachen , vor denen wir stehen und die uns zu entwurzeln drohen.
Dann ist es wichtig, alles daran zu setzen, dass wir die Freiheit im Inneren bewahren.

Die heutigen Texte sollen uns Mut machen, den heilsamen Satz Viktor Frankls „Ich muss mir von mir selber nicht alles gefallen lassen!“ in die Tat umzusetzen.

 

Statt der Lesung:
Vom Segen der Last  –  Ben Sadok und die Palme…

Ben Sadok, ein finsterer Mann, ging durch eine Oase. Er war so bösartig in seinem Charakter, dass er nichts Gutes und Schönes sehen konnte, ohne es zu verderben.
Am Rande der Oase stand eine junge Palme. Sie war schön gewachsen. Das ärgerte Ben Sadok. Darum nahm er einen schweren Stein und legte ihn der jungen Palme mitten in die Krone. Mit einem gemeinen Lachen ging er fort.
Die Palme schüttelte und bog sich und versuchte, die Last abzuwerfen. Doch vergebens. Zu fest saß der Stein in ihrer Krone.
Da krallte sich die Palme fest in den Boden, schickte ihre Wurzeln so tief in die Erde, dass sie die verborgenen Wasseradern in der Oase erreichten, wuchs empor und stemmte dabei mit aller Kraft den schweren Stein hoch und höher, bis die Krone mit den großen Palmenfächern über jeden Schatten hinausreichte.
Wasser aus der Tiefe und Sonnenglut aus der Höhe halfen dem jungen Baum, trotz seiner schweren Last eine königliche Palme zu werden.
Nach vielen Jahren kam Ben Sadok wieder. Schadenfroh wollte er den verkrüppelten Baum sehen, den er, wie er meinte, verdorben hatte. Er suchte ihn, aber er fand ihn nicht. Da senkte die stolzeste und höchste aller Palmen ihre Krone, zeigte ihm den Stein und sagte:
Ich danke dir, Ben Sadok. Deine Last hat mich stark gemacht.
Ein afrikanisches Märchen – Autor unbekannt

 

Evangelium Lk 13,10-17  Die Heilung einer Frau am Sabbat

Am Sabbat lehrte Jesus in einer Synagoge.
Und siehe, da war eine Frau, die seit achtzehn Jahren krank war, weil sie von einem Geist geplagt wurde; sie war ganz verkrümmt und konnte nicht mehr aufrecht gehen.
Als Jesus sie sah, rief er sie zu sich und sagte: Frau, du bist von deinem Leiden erlöst.
Und er legte ihr die Hände auf. Im gleichen Augenblick richtete sie sich auf und pries Gott.
Der Synagogenvorsteher aber war empört darüber, dass Jesus am Sabbat heilte, und sagte zu den Leuten: Sechs Tage sind zum Arbeiten da. Kommt also an diesen Tagen und lasst euch heilen, nicht am Sabbat!
Der Herr erwiderte ihm: Ihr Heuchler!
Bindet nicht jeder von euch am Sabbat seinen Ochsen oder Esel von der Krippe los und führt ihn zur Tränke?
Diese Frau aber, die eine Tochter Abrahams ist und die der Satan schon seit achtzehn Jahren gefesselt hielt, sollte am Sabbat nicht davon befreit werden dürfen?
Durch diese Worte wurden alle seine Gegner beschämt; das ganze Volk aber freute sich über all die großen Taten, die er vollbrachte.

 

Predigt von Pfarrer Dietmar Stipsits:

Liebe ChristInnen!
Was bedrückt mich? Was krümmt mich? Was führt mich in die Krise? Für mich sind es im Grunde genommen vier Krisenformen, die dem Leben von uns Menschen den Boden wegziehen:

1) Verlustkrisen: Darunter verstehe ich Menschen oder Sachen, die zerbrechen oder verlorengehen oder auch die Gesundheit, die ich nicht mehr zurückbekomme. Der Verlust ist also unwiderruflich, der/das Verlorene ist einfach und endgültig weg, kommt nicht wieder.

2) Entwicklungskrisen können mich krümmen. Sie vollziehen sich allmählich und sind kein plötzliches Einzel-Ereignis, z. B. die Pubertät, oder der Berufseinstieg bzw. auch Probleme in meinem Beruf, die immer größer werden, die Krise um die Mitte des Lebens herum, also zwischen 40 – 50, die Krise, wenn ich in Pension gehe. Das alles verstehe ich unter Entwicklungskrisen.

3) Beziehungskrisen: Hier müssen meist zwei Menschen und nicht nur einer alleine mit seinen Schwierigkeiten fertig werden. Hier denke ich an Ehekrisen oder ebenso nichteheliche Partnerbeziehung, die unüberbrückbare Konflikte erleben.

4) Und zuletzt noch Sinnkrisen können mich und mein Leben beugen, mich gekrümmt durchs Leben gehen lassen. Da steht dann meist die Frage im Vordergrund: „Wer bin ich eigentlich?“ Damit verbunden meist die Frage: „Warum?“, „Warum ich?“, „Was soll das alles?“ oder auch „War das alles?“. Burnout ist für Sinnkrisen ein klares Sympton bzw. auch das tiefe Gefühl der Verzweiflung, der Trauer, der völligen Erschöpfung.

Diese 4 Krisen bezeichne ich als die 4 Grundkrisen im Leben eines Menschen. Und diese 4 Krisen können mich massiv krümmen und belasten und manchmal sogar vernichten. Was kann ich tun, wenn mich innere Unruhe und Gereiztheit, große Stimmungs-schwankungen, die mich hin- und herreißen, wenn mich tiefe Erschöpfung und Resignation im Alltag gefangen halten und krümmen? Wie kann ich aufgerichtet werden?
Vor allem zwei Dinge wurden mir in solchen Situationen wichtig: 1. Wenn diese Zeichen bei mir auftreten, dann ist es mir wichtig geworden, anzuhalten und aufmerksam hinzusehen auf das, was sich da gerade tut, damit ich klarer sehen kann. Das tue ich einerseits in einer guten Regelmäßigkeit und andererseits ist es wichtig, dass ich das immer möglichst bald mache, wenn irgend etwas akut ist in meinem Leben. Zusammengefasst also 1. Konkret, bewusst und zeitnah hinschauen und hineinhören in mein Herz/Innerstes. Dabei ist es ganz wichtig (aber auch schwierig, das gebe ich zu), meine Fehler wirklich wahrzunehmen, sie zuzugeben und sie zu verbessern.
Ebenso wichtig ist mir in solchen Krisenzeiten 2. das Gebet. Im Gebet, in der Meditation suche ich immer wieder ganz bewusst Verbindung zu Gott, und versuche, diese zu vertiefen. Dabei bitte ich Gott nur darum, dass ich seinen Willen für mich erkenne und dass er mir die Kraft schenkt, seinen Willen umzusetzen. Im Gebet finde ich immer wieder mehr Kraft als ich selbst aufzubringen vermag. Im Gebet finde ich eine Weisheit und eine Lebenswahrheit, die meine eigenen geistigen Fähigkeiten übertreffen. Im Gebet finde ich immer wieder inneren Frieden, Klarheit und neue Wege für mich, finde ich sicheren Halt.
Vor allem diese zwei Punkte sind es: 1. Konkret, gründlich und zeitnah hinschauen auf das, was mich gerade aus der Bahn wirft, und 2. im Gebet ganz bewusst die Verbindung zu Gott vertiefen. Dadurch werde ich in Krisenzeiten nicht gekrümmt und resigniert, sondern ich finde zu einem neuen Erwachen. Lebensfreude stellt sich ein, und die Erfahrung, es ist gut, dass es mich gibt. Mein Dasein und mein Leben hat Sinn trotz Leid und Schmerz, die einfach dazugehören. Mit diesen zwei Punkte lerne ich immer aufs Neue, liebevoller und aufmerksamer die Verantwortung für mein (!) eigenes Leben zu übernehmen, und zu lernen, das für andere nicht (!) zu tun, weil sie Menschen sind, die das zu ihrem Glück selbst lernen können. So nehme ich mein Leben an, und so richte ich mich und mein Leben immer wieder auf – gestern, heute und bis in Ewigkeit.

 

Fürbitten:

Zu dir Gott, der du uns immer wieder versuchst aufzurichten, beten wir vertrauensvoll:

Für alle, die das Gefühl haben, im Leben gescheitert zu sein.
Lass sie Menschen finden, die sie annehmen und ihnen neue Perspektiven eröffnen.

Für alle, die es schwer haben anders Denkende zu akzeptieren.
Schenke ihnen Offenheit und Toleranz, dass sie an der Vielfalt Anteil erhalten.

Für alle, die die Erfahrung gemacht haben, wieder angenommen zu werden.
Lass sie aus dieser Freude heraus leben und andere damit anstecken.

Für alle, die Angst haben neue Wege zu gehen.
Gib ihnen Mut, mögliche Fehler als Herausforderungen zu neuem Tun zu sehen.

Darum bitten wir dich, barmherziger Gott, der du lebst und liebst. Amen

 

Meditation

MIR GUTES ANERKENNEN

Du
richtest uns auf
hilfst mir
mehr zu mir zu stehen
mein Gekrümmt sein richtest Du auf
wenn ich lerne auf das zu schauen
was gelungen ist in meinem Leben
und nicht nur auf das
was ich noch nicht erreicht habe

du
zeigst mir Wege
mein Selbstvertrauen zu festigen
im Aufschreiben
was ich schätze an mir
wo ich mit mir zufrieden bin

So kann ich ohne falsche Schuldgefühle
aus meinen Fehlern lernen
weil du
allen Gebeugten auf der Erde hilfst
zum aufrechten Stand

Pierre Stutz