Start des Diözesanjubiläums mit dem 11.11.2019 – 60 Jahre Diözese Eisenstadt

Jubiläumsgebet von Papst emeritus Benedikt XVI. für unser Diözesanjubiläum:

Herr Jesus Christus, mehr als 1900 Jahre sind vergangen, seitdem Du, das Ewige Wort Gottes, in unsere Zeit eingetreten bist und Fleisch angenommen hast – ein Mensch geworden bist. Du hast das Menschsein nicht abgelegt wie eine Kleidung, die Du kurze Zeit getragen hättest. Nein, Du hast es bis in den Tod am Kreuz hinein angenommen, durchschritten und durchlitten und bleibst als Auferstandener für immer Mensch. Du hast Dich selbst mit dem Weizenkorn verglichen, das in die Erde fällt und stirbt und gerade so aus der Vereinzelung heraustritt und Frucht bringt immerfort. In der heiligen Eucharistie bist Du immer unter uns gegenwärtig, gibst Dich in unsere Hände und Herzen, damit eine neue Menschheit entstehen kann. So ist Deine Menschwerdung für uns nicht ein fernes Ereignis, sondern berührt uns alle, ruft uns alle. Hilf uns, dass wir dies immer mehr verstehen. Hilf uns, im Geheimnis des Weizenkorns zu leben und zu sterben und so dem Herauftreten einer neuen Menschheit zu dienen.

Ehe Du aus dieser Welt weggingst zum Vater, um gerade so neu bei uns zu sein, hast Du den Jüngern aufgetragen, in alle Welt hinauszugehen und die Menschen zu taufen im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Und dieses Getauftwerden schafft uns um zu einer neuen Gemeinschaft, zu Deiner Kirche. Wie Du uns vorausgesagt hast, ist dieser Dein weltumspannender neuer Leib zum einen gekennzeichnet durch Deine Nähe, die diesen Leib beseelt. Aber er ist auch gezeichnet von unserer Schwachheit, die nur langsam überwunden wird. Wir danken Dir in dieser Stunde unserer Geschichte für die Gnade, dass Du uns in Deine Kirche gerufen hast. Wir danken Dir für das Schöne und Große, das durch sie sichtbar in diese Welt hereintritt. Wir bitten Dich auch: Hilf uns, das Dunkel zu ertragen, das in ihr immer wieder auch bedrängend wirksam ist.

Und wir danken für die 60 Jahre, in denen nun unsere Heimat, das Burgenland, zu einem Bistum geworden ist, zu einer eigenen Familie in der großen Familie Gottes. Am Ende des Ersten Weltkriegs war der große Raum des alten Österreich, der viele Völker miteinander verbunden hat, aufgerissen und in Stücke zerteilt worden. Unsere Heimat lag genau dort, wo die Risse nun verliefen. So ist unser Bistum langsam aus einzelnen Stücken zu einer neuen Einheit zusammengewachsen. Sein Auftrag ist es deshalb auch, die unterschiedlichen Sprachen und die vielfältige Geschichte zu einer inneren Einheit zusammenzuführen. Wir danken dafür, dass unter der Leitung von guten Hirten unser Bistum zu einem Raum der Versöhnung zusammengewachsen ist, in dem sich die versöhnende Kraft Deiner Liebe ein wenig sichtbar darstellt.

In dieser Stunde denken wir vor allen Dingen an die Anfänge des Glaubens in unserer Heimat, in denen Du uns die große Gestalt des heiligen Martin, des Bischofs von Tours, geschenkt hast. Martin ist in unserem Land, der damaligen römischen Provinz Pannonien, geboren worden und gehört durch diese seine Herkunft für immer in besonderer Weise zu uns. Dem Wunsch seines Vaters entsprechend ist er römischer Soldat geworden und so nach Gallien gelangt, ans andere Ende des Kontinents. In einem frierenden Bettler ist er Dir, Herr Jesus Christus, begegnet, und in der Teilung seines Mantels – seines Hauses, können wir sagen – hat er Dich von innen her kennengelernt. Du hast ihm in Hilarius von Poitiers einen großen Lehrer geschenkt, der auch seinen Verstand erleuchtet hat und ihn damit vor dem Arianismus geschützt hat. So wurde er vor dieser falschen Form des christlichen Glaubens bewahrt, der den jungen Völkern ein verkleinertes Bild unseres Herrn übermittelte und so den Zugang zur Größe des wahren Glaubens hinderte. Auf den Spuren des heiligen Hilarius ist der heilige Martin noch einmal in seine Heimat zurückgekehrt und ihm folgend noch einmal nach Gallien gegangen, wo er den großen Auftrag seines Lebens erfüllt hat.

Auch heute ist unser Glaube durch Verkleinerungen bedroht, die ihn den Maßstäben der Welt unterwerfen und ihm damit seine Größe nehmen. Herr, hilf uns in dieser Stunde, wahrhaft katholisch zu sein und zu bleiben – ins Große Deiner Wahrheit, in Dein Gott-Sein hinein zu leben und zu sterben. Schenke uns immer großmütige Bischöfe, die uns in die Einheit mit dem Glauben und mit den Heiligen aller Zeiten hineinführen und uns zeigen, dass wir gerade so dem Dienst der Versöhnung entsprechen, der unserem Bistum in besonderer Weise aufgetragen ist. Herr Jesus Christus, erbarme Dich unser!

Benedikt XVI.
Vatikanstadt, Monastero „MaterEcclesiae“, 8. Juni 2019