2. FS: Bin ich bereit, mich zu (ver)ändern?

2. Fastensonntag

Lesungen vom Tag

Predigt von Pfarrer Dietmar D. Stipsits:

Liebe ChristInnen!

Bin ich bereit, mich zu (ver-)ändern?, ist die 2. Frage auf unserem Fastenweg hin zu Ostern. Schon eine interessante Erzählung von diesem Abram, der es mit seinen 75 Jahren riskiert, noch einmal ganz von vorne anzufangen. Eigentlich ist es ja verrückt, was uns diese uralte Abram-Geschichte da erzählt. Einem alten Menschen wird zugemutet, sämtliche Brücken hinter sich abzubrechen, alles aufzugeben.

In einer dreimaligen Steigerung wird aufgeführt, wovon sich Abram lösen soll: aus dem Land, das ihm vertraute Heimat war, aus seiner Verwandtschaft, die ihm Schutz und Geborgenheit schenkte, aus seinem Vaterhaus, der Kleinfamilie also; auch die engsten persönlichen Bindungen soll er lösen. Das Ziel seines Aufbruchs bleibt interessanterweise sehr im Nebulosen. Wohin die Reise gehen soll, weiß letztlich nur Gott. Und dann kommt dieser kleine prägnante Satz: „Da zog Abram weg, wie der Herr ihm gesagt hatte.“ Abram folgt diesem Gott, ohne viele Fragen zu stellen, ohne alles genau zu prüfen, ohne Sicherheiten von Gott einzufordern.

Ist diese Geschichte nicht auch eine Erzählung für uns? Sind nicht auch wir oft gefangen von unseren Gewohnheiten? Wollen wir unser Leben nicht bis ins Letzte hinein planen, ja kein Risiko, ja nichts Unvorhergesehenes? Ich behaupte, dass diese Abram-Geschichte unsere Sehnsucht wecken möchte, aus dieser unseren oft total verplanten, versicherten Welt, aus unseren festgefahrenen Lebensmustern auszubrechen, hin zu einer Welt, in der es noch Überraschungen gibt und Abenteuer und die Lust, Neues zu wagen, Neues zu entdecken. – Das gilt sowohl für mein persönliches Leben wie auch für das Leben unserer Kirche.

Und die weitere Geschichte des Abrams erzählt uns, dass sich Gott als der erweist, dem man unbedingt trauen kann. Abram erfährt Gott als ganz nahen, liebenden, sorgenden Gott. Abram stützt sich ganz auf Gott, setzt ganz auf ihn, verlässt sich auf ihn: Er wird sorgen, er wird wissen.

Wenn ich bereit bin, Neues zu riskieren, wenn ich es wage, mich zu (ver-)ändern, dann werde auch ich – wie Abram – erfahren, dass Gott für mich sorgt, mich behütet, selbst dann, wo ich in meinem eigenen Leben oder im Leben unserer Welt nur mehr Dunkelheit sehe und Ohnmacht und Zerstörung.

Wage Neues, Gott gibt dir Kraft dazu – heute und jeden Tag, bis in Ewigkeit.

Meditation:

Ziehende Landschaft

Man muss weggehen können
und doch sein wie ein Baum:
als bliebe die Wurzel im Boden,
als zöge die Landschaft und wir ständen fest.
Man muss den Atem anhalten,
bis der Wind nachlässt
und die fremde Luft in uns zu kreisen beginnt,
bis das Spiel von Licht und Schatten,
von Grün und Blau,
die alten Mauern zeigt
und wir zuhause sind,
wo es auch sei,
und niedersitzen können und uns anlehnen,
als sei es an das Grab
unserer Mutter.

Hilde Domin