1. Fastensonntag 2020: Leid

Fastenzeit 2020
„Jesus bleibet meine Freude“

Joh. Seb. Bach: Choral aus BWV 147; Ton Koopman:
„Jesus bleibet meine Freude“
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Jesus bleibet meine Freude,
Meines Herzens Trost und Saft,
Jesus wehret allem Leide,
Er ist meines Lebens Kraft,
Meiner Augen Lust und Sonne,
Meiner Seele Schatz und Wonne;
Darum lass ich Jesum nicht
Aus dem Herzen und Gesicht.

 

 

Thema des 1. Fastensonntags: LEID

Ein Blick auf den Gekreuzigten konfrontiert uns mit dem Leiden, weckt in uns aber auch die Freude mit dem Auferstandenen.
Was hat Jesu Leidensgeschichte überhaupt mit meinem Leben heute zu tun?
Wer von uns hat nicht auch Erfahrung mit Leiden und Hoffen? Wem sind nicht auch Glaube und Liebe Kraftquellen auf dem Weg zum Leben in Ewigkeit?

LEID, ja auch LEIDEN kennen wir aus persönlicher Erfahrung.

Anfangs häufig verdrängt („Mir fehlt nichts.“ „Es geht mir gut.“), dann in Frage gestellt („Warum gerade ich?“) – wird das Leid nur noch verstärkt.

Wie im „Credo“ von Klaus Roos:
„Gott als Allmächtigen und Ohnmächtigen erleben,
den Gott der Nähe und der Ferne“
Leid(en) anzunehmen, „durchzumachen“, erfordert Kraft
und Vertrauen in Gott.

Zu akzeptieren, dass man Tatsachen nicht ändern kann, sehr wohl aber den Blick darauf (wie der Individualpsychologe Alfred Adler betont), hilft bei der Bewältigung:
bewusst und dankbar im Jetzt zu leben,
sich auf das Wesentliche zu fokussieren,
Freude zuzulassen,
uns weder von der Vergangenheit noch von der Zukunft lähmen zu lassen.

Psalm 4,7: „Lass leuchten über uns das Licht deines Antlitzes.“

Im „Kyrie“ wollen wir das Erbarmen des Herrn auf uns herabrufen und Gottes Beistand und Nähe auf unserem Weg erbitten.

Lesungen vom 1. Fastensonntag

Predigt von Pfarrer Dietmar Stipsits:
Liebe ChristInnen!
Wird mir kein Leid zustoßen, wenn ich fromm lebe? Muss ich nur intensiv genug an Gott glauben, und dann werde ich alle Probleme und Krankheiten überspringen können? Auch wenn das manche Menschen in unserer Kirche so behaupten, die Botschaft Jesu ist das nicht. Als ChristInnen leben wir nicht automatisch in einer heilen und leid-freien Welt.
Wie Jesus muss auch ich damit rechnen, dass Leid und Not, dass Krankheit und Krisen meine Vorstellungen vom Leben immer wieder durchkreuzen. Dabei ist mir – das wage ich zu behaupten – der Glaube an Gott eine Hilfe und eine Ermutigung, aber dieser Glaube an Gottes helfende Nähe wird mir nicht alle Schwierigkeiten aus dem Weg räumen.
Mein Leid kann ja sehr vielfältig sein: vielleicht muss ich mit einer schweren körperlichen Erkrankung kämpfen, meine Beziehung scheitert nach vielen Jahren, oder ich verliere meinen Arbeitsplatz aufgrund von Einsparungsmaßnahmen in meiner Firma. Leid kann ebenso bedeuten, dass ich nur mehr alles schwarz sehe, und kein Licht am Ende des Tunnels entdecken kann.
Mir helfen im Durchleben von Schwierigkeiten zwei Dinge besonders: Auf der einen Seite hilft es mir sehr, wenn ich mein Leid herausschreien kann, es im wahrsten Sinn des Wortes Gott vor die Füße werfe. Es hilft mir also, wenn ich klagen kann, wenn ich Gott fragen kann, wenn ich ihn sogar wage anzuklagen, und mich nicht einfach dem Schicksal ergebe. In den Psalmen z. B. finde ich unzählige Beispiele dafür. Mich mit dem Leid zu konfrontieren und mich mit meinem Leid auseinanderzusetzen, ist ein ganz wichtiger Schritt, damit auch umgehen zu lernen und es zu verändern.
Und ein zweiter Punkt ist mir in der Bewältigung von leidvollen Erfahrungen wichtig, nämlich mein Leid nicht für mich zu behalten, sondern es mit einer guten Freundin/einem guten Freund zu teilen, es also konkret auszusprechen, es mitzuteilen.
In beiden Punkten hilft es mir ungeheuer, dass ich in Jesus meinen persönlichen Wegbegleiter sehe, der mich kennt, dem ich blind vertrauen kann, der mir Gutes will. So frömmelnd das jetzt klingt, aber ich vertraue wirklich, was Bach in seiner Kantate „Jesus bleibet meine Freude“ vertont hat: „Jesus wehret allem Leide, er ist meines Lebens Kraft“. Mit ihm gemeinsam hab ich viele Schwierigkeiten meistern und lösen können, und bin dadurch gestärkt worden in meinem Leben und hab wieder neu zur Freude gefunden – gestern, heute und bis in Ewigkeit.

Fürbitten
„Jesus wehret allem Leide, er ist meines Lebens Kraft.“
Darum bitten wir voll Vertrauen:

Es sind auch die Narben, die uns zu dem machen, was wir sind,
und dennoch ist unser Leben als ein Geschenk Gottes zu betrachten.
Guter Gott, hilf jedem einzelnen von uns, seinen Weg anzunehmen und zu gehen.
Christus , höre uns. V: Christus, erhöre uns.

„Geteiltes Leid ist halbes Leid.“
Guter Gott, lass uns für einander da sein, auf einander zugehen und einander vertrauen.

Immer wieder scheitert ein friedliches Zusammenleben von Menschen in unserer pluralistischen Gesellschaft.
Guter Gott, lass uns offen sein für reflektierte Auseinandersetzungen mit Anders-Denkenden und unsere Worte kritisch wählen.

Immer mehr – vor allem junge – Menschen leiden an Zukunftsängsten in unserer Welt, die mit ihren Ressourcen unbedacht umgeht.
Guter Gott, lass uns nicht in Verzweiflung resignieren, sondern aktiv und nachhaltig ohne den Ballast des Habens für das Wesentliche unseres Seins leben.

In Europa leiden viele kirchlich engagierte Menschen und auch Priester an den Strukturen und Vorgaben, die ein florierendes und missionarisch christliches Leben erschweren.
Guter Gott, gib den kirchlichen Entscheidungsträgern den Mut, offen für neue zeitgemäße Wege zu sein und damit auch das Engagement vieler Laien in der Kirche zu unterstützen.

Allmächtiger ewiger Gott, lass alle Menschen eine Antwort auf das Warum ihres Leidens finden und damit das Wie leichter ertragen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

Meditation
Herr, bei dir bin ich sicher;
Wenn du mich hältst, habe ich nichts zu fürchten.
Ich weiß wenig von der Zukunft, aber ich vertraue auf dich.
Gib, was gut ist für mich.
Nimm, was mir schaden kann.
Wenn Sorgen und Leid kommen, hilf mir, sie zu tragen.
Lass mich dich erkennen, an dich glauben und dir dienen.
(John Henry Newman, Kardinal, Seligsprechung 2010)