Ölbergstunde 3

„Die Wahrheit braucht ihre Zeit“

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Unsere Ölbergstunde beginnen wir in Gottes Namen, im Namen des Vaters…

Einstimmung
G.: Immer wieder geschieht es, dass wir vor neuen Situationen und Entscheidungen stehen, die alles von uns abverlangen, weil die bisherigen Vorstellungen vom Leben verändert werden. Viele tun sich damit schwer, die eingefahrenen Gleise des Gewohnten für eine neue Zukunft zu verlassen. Wir suchen Übergänge, die Brücken in die neuen Lebenswahrheiten bilden und das Bisherige mit den neuen Realitäten verbinden. Dies braucht seine Zeit.
Jesu Getsemani-Erfahrungen sind nicht bloß eine Einladung, seine Passion, die an diesem Ort beginnt, zu betrachten, vielmehr sind sein Ringen um die Zukunft und die Entschlossenheit, seinen ureigenen Weg zu gehen, auch für unser Leben „richtungs-weisend“. 

Lied:  „Lass mich deine Leiden singen“ GL 819 1. Str.

Lesung: 1 Kor 11,23-25
Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis.

V.: DU BLEIBST BEI UNS,
weil Du uns liebst, und weil die Liebe stärker ist als der Tod. Am Abend, an dem Dein Leiden beginnt, gibst Du Dich hin wie ein zur Schlachtung bereites Lamm. Doch bevor Du Dich hingibst, um an Deinem Leib jene Wunden zu empfangen, die tödlich sind, gibst Du Dich uns hin, damit wir Dich als das Brot empfangen, das lebendig macht.

Lied:  „Deinem Heiland, deinem Lehrer“ 938 2. Str.

V.: Bevor Dein Blut zum Opferblut wird, wird es veredelt zum Festgetränk. Deinen Tod vor Augen, trinken wir jetzt schon vom festlichen Becher des ewigen Hochzeitsmahls. Du bist das Brot, lass uns Sauerteig sein, damit Dein Reich in uns und durch uns Fleisch und Blut annimmt, wenn wir tun, was Du uns geboten hast.

Lied: 938 7. Str.

A.: Gott, am Abend vor seinem Leiden hat Dein geliebter Sohn das Gastmahl seiner Liebe gestiftet. Gib, dass wir aus diesem Geheimnis die Fülle des Lebens und der Liebe empfangen. Amen.

 

Lesung: Lk 22,39
Jesus verließ die Stadt und ging, wie er es gewohnt war, zum Ölberg; seine Jünger folgten ihm. Er kam zu einem Grundstück, das man Getsemani nennt, und sagte zu ihnen: Setzt euch und wartet hier, während ich dort bete.

V.: Das Wesentliche unserer Existenz wird uns im Lärm des Alltags nicht bewusst. Wenn wir an den Kern unserer selbst gelangen wollen, ist Stille und Einsamkeit von Nöten. Der Weg dorthin führt weg von den Niederungen banalen Dahinlebens auf die Höhen der Begegnung mit Gott und mit sich selbst.

G.:
Kann ich Stille und Alleinsein aushalten, wenn es erforderlich ist?

  • Welche (lebens-)wichtigen Überlegungen stehen bei mir an?

V.: Göttlicher Heiland, durch lange Nächte hast du auf den Bergen gewacht und gebetet.
A.: Du bittest den Vater für uns um Erbarmen.
V.: Du segnest die Kinder. Du richtest die Verzagten auf. Du weinst über die Bewohner Jerusalems, die du um dich sammeln willst, wie eine Henne ihre Kücken um sich schart.
A.: Du ladest die Dürstenden zum Quell deiner Liebe.
V.: Du bist voll Liebe zu den Sündern und liegst mit ihnen zu Tisch. Den Zöllner berufst du zu deinem Jünger und machst ihn zu deinem Apostel. Du schützt die Frau, die des Ehebruchs schuldig ist, vor den Pharisäern und neigst dich in Güte der Sünderin, die deinen Leib salbt.
A.: Du willst das geknickte Rohr nicht brechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen.
V.: Du liebst die Deinen und hast sie bis zum Ende geliebt. Da wir gesündigt haben, warst du reich an Erbarmen und hast uns deine übergroße Liebe kundgetan.
A.: Da du uns liebst, hast du uns bis zum Letzten geliebt.
V.: Daran erkennen wir deine Liebe, dass du uns zuerst geliebt und aus Liebe zu uns dein Leben hingegeben hast.
A.: Du hast uns geliebt bis zum Tod am Kreuz.
V.: Dein Herz verlangt allezeit danach, uns dem Tod zu entreißen und uns zu nähren in unserem Hunger.
A.: Du bist für uns gestorben, damit wir durch deine Liebe das Leben haben und es in Fülle haben. Amen.

Lied: GL 157 Herr, erbarme dich…

A.: Gott der Ruhe, nicht im Lärm und in der Unrast des Alltags hören wir dein Wort, das tröstet und befreit. Schenke uns den Mut, Wege in die Stille und Einsamkeit zu gehen, die uns dir und uns näher bringen. Amen.

 

Lesung: Mt 26,37b-38a
Da ergriff Jesus Angst und Traurigkeit, und er sagte: Meine Seele ist zu Tode betrübt.

V.: Wir können die Einsamkeit und Stille mit wohltuenden, aber nichtssagenden Gedanken überhäufen. Aber diese werden uns nicht an uns und unser Inneres heranführen. Wir beginnen, den zweiten Teil des Liebesgebotes „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ erst dann ernstzunehmen, wenn wir uns selbst aufrichtig und offenherzig, aber vor allem liebevoll begegnen.

G.:
Traue ich mich, mich selbst wahr-zu-nehmen, zu spüren und mich selbst auszuhalten?

  • Bin ich bei mir zuhause oder ständig auf dem Weg zu jedweder Zerstreuung?

GL 639/1
V/A.: Kehrvers: Erbarme dich meiner, o Gott, erbarme dich meiner
re.: Gott sei mir gnädig nach deiner Huld,* tilge meine Frevel nach deinem reichen Erbarmen!
li.: Wasch meine Schuld von mir ab,* und mach mich rein von meiner Sünde!
re.: Denn ich erkenne meine bösen Taten,* meine Sünde steht mir immer vor Augen.
li.: Gegen dich allein habe ich gesündigt,* ich habe getan, was dir missfällt.
re.: So behältst du recht mit deinem Urteil,* rein stehst du da als Richter.
li.: Denn ich bin in Schuld geboren;* in Sünde hat mich meine Mutter empfangen.
re.: Verbirg dein Gesicht vor meinen Sünden;* tilge all meine Frevel!
li.: Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz,* und gib mir einen neuen, beständigen Geist!
re.: Verwirf mich nicht von deinem Angesicht,* und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir!
li.: Mach mich wieder froh mit deinem Heil;* mit einem willigen Geist rüste mich aus!
re.: Herr, öffne mir die Lippen,* und mein Mund wird deinen Ruhm verkünden.
li.: Schlachtopfer willst du nicht, ich würde sie dir geben;* an Brandopfern hast du kein Gefallen.
re.: Das Opfer, das Gott gefällt, ist ein zerknirschter Geist,* ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz wirst du, Gott nicht verschmähen.
li.: Ehre sei dem Vater und dem Sohne* und dem Heiligen Geiste.
re.: wie im Anfang so auch jetzt und alle Zeit* und in Ewigkeit. Amen.
A.: Kehrvers: Erbarme dich meiner, o Gott, erbarme dich meiner

A.: Liebender Gott, es ist nicht immer leicht, das noch Unvollendete und Dunkle unseres Lebens anzusehen und es deiner vollendenden Liebe zu überantworten. Schenke uns den Mut, dass wir uns allem, was uns anrührt und trifft, ehrlich und bereitwillig stellen. Gib uns Kraft zur Veränderung, und lass uns darauf vertrauen, dass du uns zum guten führst. Amen.

 

Lesung: Lk 22,42-44
Jesus ging ein Stück weiter, warf sich auf die Erde nieder und betete, dass die Stunde, wenn möglich, an ihm vorübergehe: Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen. Da erschien ihm ein Engel vom Himmel und gab ihm neue Kraft. Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.

V.: Wir können allein auf Wunder hoffen. Wir können die Hände in den Schoß legen und warten, bis sich im Leben das einstellt, was wir gerne hätten. Das aber entpuppt sich meist als Illusion. Denn Lebensentscheidungen müssen oft genug errungen – innerlich erkämpft – werden, sollen sie ein echter, ein authentischer Ausdruck unserer Existenz sein. Es ist auch ein Ausdruck unserer Selbstliebe, die unsere Hingabe an den Mitmenschen in der Weise erst ermöglicht, die Jesus uns vorgelebt und –gelitten hat.

G.:

  • Wie gehe ich mit den Wahrheiten und Realitäten meines Lebens um?
  • Kann ich in der Krise und im Ringen um Entscheidungen aufrichtig beten: Herr, dein Wille geschehe?

G.: Rosenkranzgesätz: Jesus, der den Willen des Vaters tut.

Lied: GL 819/2

A.: Treuer Gott, du kennst uns und unser Streben, dem Unausweichlichen entrinnen zu wollen. Schenke uns den Mut, unser ganzes Suchen und Ringen unter das Gebet „dein Wille geschehe“ zu stellen und darauf zu vertrauen, dass du alles zu einem guten Ende führen wirst. Amen.

 

Lesung: Lk 22,41-46
Nach dem Gebet stand er auf, ging zu den Jüngern zurück und fand sie schlafend; denn sie waren vor Kummer erschöpft. Da sagte er zu ihnen: Wie könnt ihr schlafen? Steht auf und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet.

V.: Auf Entscheidungen müssen Taten folgen. Konsequenzen verlangen Umsetzung. Das ist nicht immer einfach, zumal stets doch die – wenn auch fast unmerkliche – Illusion mitschwingt, dass das Unausweichliche und Entschiedene vielleicht doch nicht realisiert werden muss. Es ist zwecklos. Aufstehen und gehen ist angesagt: den ureigenen Weg antreten in eine neue und noch unerschlossene Lebenslandschaft.

G.:

  • Bin ich zögerlich, wenn es um die Durchsetzung von Entscheidungen geht?
  • Gibt es längst Überfälliges, das ich in meinem Leben ändern muss? Was hindert mich daran, den Schritt zu wagen?

V.: IN DER STUNDE DER ANGST glauben wir dich fern, doch du bist uns ganz nahe, weil du gelitten hast, was wir leiden müssen. Du ewiger Hohepriester und Gottesknecht! Wie jeder Festgenommene die Hände hochhebt, um anzuzeigen, dass er waffenlos ist und willig folgen wird, so hebst auch du deine Hände empor: Hier bin ich, mein Vater, mach mit mir, was du willst!

Lied: GL 639/1
V/A.: Erbarme dich meiner, o Gott, erbarme dich meiner.
V.: Wie alle Berufenen wehrst auch du dich gegen deine Berufung; ginge es nach dir, so wünschtest du vom Kelch des Leidens verschont zu bleiben. Doch es geht nicht nach dir, und darum willst du nichts mehr für dich, sondern nur noch, was Gott will, was immer auch passiert.

Lied: GL 639/1
V/A.: Erbarme dich meiner, o Gott, erbarme dich meiner.
A.: Gott der Anfänge, nicht an den „Reißbrettern“ unserer Gedanken und Entscheidungen gelingt unser Leben, sondern erst, wenn wir uns auch zu neuen Horizonten aufmachen. Gib uns den Mut, Trägheit und Furcht zu überwinden, damit unser Dasein nach deinem Willen in Bewegung gerät. Amen.

 

Lesung: Mt 26,45c-46a
Jesus sagte zu den Jüngern: Die Stunde ist gekommen; jetzt wird der Menschensohn den Sündern ausgeliefert. Steht auf, wir wollen gehen! Seht, der Verräter, der mich ausliefert, ist da.

V.: Die entscheidenden Veränderungen in unserem Leben geschehen schließlich in einer schöpferischen Weise. Wenn wir unsere Übergänge aus den alten zu neuen Realitäten gefunden haben, werden wir uns bewusst, worauf es ankommt und was zu tun ist. Wir integrieren das Ringen um Wahrheit in unser Leben und spüren, dass dies unserem Leben die neue Qualität gibt, die sich im „Es ist vollbracht“ (Joh 19,30) und im Glanz des Ostermorgens, des neuen Lebens entfaltet.

G.:

  • Bin ich mit ganzem Herzen dabei, wenn es um die Umsetzung von Lebensentscheidungen geht?
  • Kann ich mit neugieriger Gespanntheit, aber auch mit dankbarer Trauer auf das Vergangene zurückblicken?

Lied: GL 639/3
V/A.: Kehrvers: Beim Herrn ist Barmherzigkeit, bei ihm ist Erlösung in Fülle.
re.: Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir:* Herr, höre meine Stimme!
li.: Wende dein Ohr mir zu,* achte auf mein lautes Flehen!
re.: Würdest du, Herr, unsere Sünden beachten,* Herr, wer könnte bestehen?
li.: Doch bei dir ist Vergebung,* damit man in Ehrfurcht dir dient.
re.: Ich hoffe auf den Herrn, es hofft meine Seele,* ich warte voll Vertrauen auf sein Wort.
li.: Meine Seele wartet auf den Herrn* mehr als die Wächter auf den Morgen.
re.: Mehr als die Wächter auf den Morgen* soll Israel harren auf den Herren!
li.: Denn beim Herrn ist die Huld,* bei ihm ist Erlösung in Fülle.
re.: Ja, er wird Israel erlösen* von all seinen Sünden.
li.: Ehre sei dem Vater und dem Sohne* und dem Heiligen Geiste,
re.: wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit* in Ewigkeit. Amen.
A.: Kehrvers: Beim Herrn ist Barmherzigkeit, bei ihm ist Erlösung in Fülle.

A.: Gott der Zukunft, unser Leben ist ein ständiges Unterwegssein. Und immer wieder stehen wir vor Entscheidungen, die richtungsweisend sind. Gib uns den Mut, in Treue und Entschiedenheit den Weg zu gehen, den du für uns bestimmt hast. Amen.

G.: Gott ist es, der uns Kraft gibt, ein wahrhaftiger, authentischer Mensch zu sein. Gott ist es, der uns Mut schenkt, unseren Lebensweg zu suchen und zu gehen. So wollen wir gemeinsam zu Gott beten:

A.: Vater unser…

G.: Segensgebet GL 13/2

Lied: „Also sprach beim Abendmahle“ GL 281

Zusammengestellt: Josefine Reiter