Karfreitag

Wort-Gottes-Feier zum Karfreitag

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Vorschlag zur Gestaltung: In der Mitte steht das (verhüllte) Kreuz.
Auf alles andere wird bewusst verzichtet.

In Stille versammeln sich alle zum Gottesdienst und beginnen mit einer kurzen, stillen Meditation vor dem Kreuz.

Tagesgebet

Guter Gott, in Jesus Christus hast du dein größtes Liebesprojekt zu uns Menschen begonnen. Du hast dein „Ja“ zu uns Menschen gesprochen und bist selbst Mensch geworden. In Jesus hast du unser menschliches Leben geführt und dabei immer wieder Ablehnung erfahren – bis zum Tod am Kreuz. Hilf uns in Jesu Leiden und Tod deine Liebe zu erkennen, die keinen Tod als Ende zulässt, sondern eine Brücke zu einem neuen Morgen baut. Darum bitten wir dich durch Jesus Christus, unseren Bruder. Amen

 

Lesung

(Jes 52, 13-53,12)
Der Lesungstext aus dem Buch Jesaja gehört zu den vier sogenannten Gottesknechtliedern. Wer mit diesem Gottesknecht gemeint ist, ist nicht restlos geklärt. Wir Christinnen und Christen dürfen in den Erfahrungen des Gottesknechtes das Schicksal Jesu Christi vorgezeichnet sehen.

Lesung aus dem Buch Jesája.
Siehe, mein Knecht wird Erfolg haben, er wird sich erheben und erhaben und sehr hoch sein. Wie sich viele über dich entsetzt haben – so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch, seine Gestalt war nicht mehr die eines Menschen –, so wird er viele Nationen entsühnen, Könige schließen vor ihm ihren Mund. Denn was man ihnen noch nie erzählt hat, das sehen sie nun; was sie niemals hörten, das erfahren sie jetzt. Wer hat geglaubt, was wir gehört haben? Der Arm des Herrn – wem wurde er offenbar? Vor seinen Augen wuchs er auf wie ein junger Spross, wie ein Wurzeltrieb aus trockenem Boden. Er hatte keine schöne und edle Gestalt, sodass wir ihn anschauen mochten. Er sah nicht so aus, dass wir Gefallen fanden an ihm. Er wurde verachtet und von den Menschen gemieden, ein Mann voller Schmerzen, mit Krankheit vertraut. Wie einer, vor dem man das Gesicht verhüllt, war er verachtet; wir schätzten ihn nicht. Aber er hat unsere Krankheit getragen und unsere Schmerzen auf sich geladen. Wir meinten, er sei von Gott geschlagen, von ihm getroffen und gebeugt. Doch er wurde durchbohrt wegen unserer Vergehen, wegen unserer Sünden zermalmt. Zu unserem Heil lag die Züchtigung auf ihm, durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe, jeder ging für sich seinen Weg. Doch der Herr ließ auf ihn treffen die Schuld von uns allen. Er wurde bedrängt und misshandelt, aber er tat seinen Mund nicht auf. Wie ein Lamm, das man zum Schlachten führt, und wie ein Schaf vor seinen Scherern verstummt, so tat auch er seinen Mund nicht auf. Durch Haft und Gericht wurde er dahingerafft, doch wen kümmerte sein Geschick? Er wurde vom Land der Lebenden abgeschnitten und wegen der Vergehen meines Volkes zu Tode getroffen. Bei den Frevlern gab man ihm sein Grab und bei den Reichen seine Ruhestätte, obwohl er kein Unrecht getan hat und kein trügerisches Wort in seinem Mund war. Doch der Herr hat Gefallen an dem von Krankheit Zermalmten. Wenn du, Gott, sein Leben als Schuldopfer einsetzt, wird er Nachkommen sehen und lange leben. Was dem Herrn gefällt, wird durch seine Hand gelingen. Nachdem er vieles ertrug, erblickt er das Licht. Er sättigt sich an Erkenntnis. Mein Knecht, der gerechte, macht die Vielen gerecht; er lädt ihre Schuld auf sich. Deshalb gebe ich ihm Anteil unter den Großen und mit Mächtigen teilt er die Beute, weil er sein Leben dem Tod preisgab und sich unter die Abtrünnigen rechnen ließ. Er hob die Sünden der Vielen auf und trat für die Abtrünnigen ein.

Wort der Heiligen Schrift

 

Zwischengesang (GL 377)

Ruf vor der Passion

V/A Herr Jesus, dir sei Ruhm und Ehre!
V Christus war für uns gehorsam bis zum Tod,
bis zum Tod am Kreuz.
Darum hat ihn Gott über alle erhöht
und ihm den Namen verliehen, der größer ist als alle Namen.
A Herr Jesus, dir sei Ruhm und Ehre!

 

Leidensgeschichte – 1. Teil
(Joh 18,28-19,30)

E: Erzähler, S: Sonstige Personen, †: Jesus

Noch in der Nacht war Jesus verhaftet und zunächst zu Hannas, dem Schwiegervater des Hohepriesters Kajaphas geführt worden. Dieser befragte ihn und schickte ihn dann weiter zu Kajaphas. Anschließend wurde Jesus zu Pilatus gebracht:

Jesus vor Pilatus

E Von Kájaphas brachten sie Jesus zum Prätórium; es war früh am Morgen. Sie selbst gingen nicht in das Gebäude hinein, um nicht unrein zu werden, sondern das Paschalamm essen zu können. Deshalb kam Pilatus zu ihnen heraus und fragte:

S Welche Anklage erhebt ihr gegen diesen Menschen?

E Sie antworteten ihm:

S Wenn er kein Übeltäter wäre, hätten wir ihn dir nicht ausgeliefert.

E Pilatus sagte zu ihnen:

S Nehmt ihr ihn doch und richtet ihn nach eurem Gesetz!

E Die Juden antworteten ihm:

S Uns ist es nicht gestattet, jemanden hinzurichten.

E So sollte sich das Wort Jesu erfüllen, mit dem er angedeutet hatte, welchen Tod er sterben werde. Da ging Pilatus wieder in das Prätórium hinein, ließ Jesus rufen und fragte ihn:

S Bist du der König der Juden?

E Jesus antwortete:

† Sagst du das von dir aus oder haben es dir andere über mich gesagt?

E Pilatus entgegnete:

S Bin ich denn ein Jude? Dein Volk und die Hohepriester haben dich an mich ausgeliefert. Was hast du getan?

E Jesus antwortete:

† Mein Königtum ist nicht von dieser Welt. Wenn mein Königtum von dieser Welt wäre, würden meine Leute kämpfen, damit ich den Juden nicht ausgeliefert würde. Nun aber ist mein Königtum nicht von hier.

E Da sagte Pilatus zu ihm:

S Also bist du doch ein König?

E Jesus antwortete:

† Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.

E Pilatus sagte zu ihm:

S Was ist Wahrheit?

E Nachdem er das gesagt hatte, ging er wieder zu den Juden hinaus und sagte zu ihnen:

S Ich finde keine Schuld an ihm. Ihr seid aber gewohnt, dass ich euch zum Paschafest einen freilasse. Wollt ihr also, dass ich euch den König der Juden freilasse?

E Da schrien sie wieder:

S Nicht diesen, sondern Bárabbas!

E Bárabbas aber war ein Räuber. Darauf nahm Pilatus Jesus und ließ ihn geißeln. Die Soldaten flochten einen Kranz aus Dornen; den setzten sie ihm auf das Haupt und legten ihm einen purpurroten Mantel um. Sie traten an ihn heran und sagten:

S Sei gegrüßt, König der Juden!

E Und sie schlugen ihm ins Gesicht. Pilatus ging wieder hinaus und sagte zu ihnen:

S Seht, ich bringe ihn zu euch heraus; ihr sollt wissen, dass ich keine Schuld an ihm finde.

E Jesus kam heraus; er trug die Dornenkrone und den purpurroten Mantel. Pilatus sagte zu ihnen:

S Seht, der Mensch!

E Als die Hohepriester und die Diener ihn sahen, schrien sie:

S Kreuzige ihn, kreuzige ihn!

E Pilatus sagte zu ihnen:

S Nehmt ihr ihn und kreuzigt ihn! Denn ich finde keine Schuld an ihm.

E Die Juden entgegneten ihm:

S Wir haben ein Gesetz und nach dem Gesetz muss er sterben, weil er sich zum Sohn Gottes gemacht hat.

E Als Pilatus das hörte, fürchtete er sich noch mehr. Er ging wieder in das Prätórium hinein und fragte Jesus:

S Woher bist du?

E Jesus aber gab ihm keine Antwort. Da sagte Pilatus zu ihm:

S Du sprichst nicht mit mir? Weißt du nicht, dass ich Macht habe, dich freizulassen, und Macht, dich zu kreuzigen?

E Jesus antwortete ihm:

† Du hättest keine Macht über mich, wenn es dir nicht von oben gegeben wäre; darum hat auch der eine größere Sünde, der mich dir ausgeliefert hat.

E Daraufhin wollte Pilatus ihn freilassen, aber die Juden schrien:

S Wenn du diesen freilässt, bist du kein Freund des Kaisers; jeder, der sich zum König macht, lehnt sich gegen den Kaiser auf.

E Auf diese Worte hin ließ Pilatus Jesus herausführen und er setzte sich auf den Richterstuhl an dem Platz, der Lithóstrotos, auf Hebräisch Gábbata, heißt. Es war Rüsttag des Paschafestes, ungefähr die sechste Stunde. Pilatus sagte zu den Juden:

S Seht, euer König!

E Sie aber schrien:

S Hinweg, hinweg, kreuzige ihn!

E Pilatus sagte zu ihnen:

S Euren König soll ich kreuzigen?

E Die Hohepriester antworteten:

S Wir haben keinen König außer dem Kaiser.

E Da lieferte er ihnen Jesus aus, damit er gekreuzigt würde.

Kreuzigung, Tod und Begräbnis Jesu

E Sie übernahmen Jesus. Und er selbst trug das Kreuz und ging hinaus zur sogenannten Schädelstätte, die auf Hebräisch Gólgota heißt. Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere, auf jeder Seite einen, in der Mitte aber Jesus. Pilatus ließ auch eine Tafel anfertigen und oben am Kreuz befestigen; die Inschrift lautete: Jesus von Nazaret, der König der Juden. Diese Tafel lasen viele Juden, weil der Platz, wo Jesus gekreuzigt wurde, nahe bei der Stadt lag. Die Inschrift war hebräisch, lateinisch und griechisch abgefasst. Da sagten die Hohepriester der Juden zu Pilatus:

S Schreib nicht: Der König der Juden, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der König der Juden.

E Pilatus antwortete:

S Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben.

E Nachdem die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile daraus, für jeden Soldaten einen Teil, und dazu das Untergewand. Das Untergewand war aber ohne Naht von oben ganz durchgewoben. Da sagten sie zueinander:

S Wir wollen es nicht zerteilen, sondern darum losen, wem es gehören soll.

E So sollte sich das Schriftwort erfüllen: Sie verteilten meine Kleider unter sich und warfen das Los um mein Gewand. Dies taten die Soldaten.

Bei dem Kreuz Jesu standen seine Mutter und die Schwester seiner Mutter, Maria, die Frau des Klopas, und Maria von Mágdala. Als Jesus die Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er liebte, sagte er zur Mutter:

† Frau, siehe, dein Sohn!

E Dann sagte er zu dem Jünger:

† Siehe, deine Mutter!

E Und von jener Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

(Hier stehen alle auf.)

E Danach, da Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war, sagte er, damit sich die Schrift erfüllte:

† Mich dürstet.

E Ein Gefäß voll Essig stand da. Sie steckten einen Schwamm voll Essig auf einen Ysopzweig und hielten ihn an seinen Mund. Als Jesus von dem Essig genommen hatte, sprach er:

† Es ist vollbracht!

E Und er neigte das Haupt und übergab den Geist. Hier knien alle zu einer kurzen Gebetsstille nieder.

 

Lied (GL 819,1.6)

Während des Liedes wird das Tuch vom Kreuz abgenommen. Anschließend Stille und Gebet vor dem Kreuz.

 

Stille und Gebet

Wir wollen nun in einer kurzen Stille ganz fest an Jesus denken und unsere Bitten und unseren Dank vor ihn bringen. Anschließend werden wir vom Lied „Heil’ges Kreuz, sei hoch verehret“ die erste und vierte Strophe singen.

 

Lied (GL 823,1.4)

Leidensgeschichte – 2. Teil

(Joh 19,31-42)

E Weil Rüsttag war und die Körper während des Sabbats nicht am Kreuz bleiben sollten – dieser Sabbat war nämlich ein großer Feiertag –, baten die Juden Pilatus, man möge ihnen die Beine zerschlagen und sie dann abnehmen. Also kamen die Soldaten und zerschlugen dem ersten die Beine, dann dem andern, der mit ihm gekreuzigt worden war. Als sie aber zu Jesus kamen und sahen, dass er schon tot war, zerschlugen sie ihm die Beine nicht, sondern einer der Soldaten stieß mit der Lanze in seine Seite und sogleich floss Blut und Wasser heraus. Und der es gesehen hat, hat es bezeugt und sein Zeugnis ist wahr. Und er weiß, dass er Wahres sagt, damit auch ihr glaubt. Denn das ist geschehen, damit sich das Schriftwort erfüllte: Man soll an ihm kein Gebein zerbrechen. Und ein anderes Schriftwort sagt: Sie werden auf den blicken, den sie durchbohrt haben. Josef aus Arimathäa war ein Jünger Jesu, aber aus Furcht vor den Juden nur im Verborgenen. Er bat Pilatus, den Leichnam Jesu abnehmen zu dürfen, und Pilatus erlaubte es. Also kam er und nahm den Leichnam ab. Es kam auch Nikodémus, der früher einmal Jesus bei Nacht aufgesucht hatte. Er brachte eine Mischung aus Myrrhe und Aloë, etwa hundert Pfund. Sie nahmen den Leichnam Jesu und umwickelten ihn mit Leinenbinden, zusammen mit den wohlriechenden Salben, wie es beim jüdischen Begräbnis Sitte ist. An dem Ort, wo man ihn gekreuzigt hatte, war ein Garten und in dem Garten war ein neues Grab, in dem noch niemand bestattet worden war. Wegen des Rüsttages der Juden und weil das Grab in der Nähe lag, setzten sie Jesus dort bei.

 

Gedanken zum Tag & Meditation

Liebe Christinnen, liebe Christen,

das Geschehen des Karfreitags ist etwas, das mich seit jeher sprachlos macht. Es ist unfassbar und daher auch mit Worten nicht fassbar, was damals passiert ist. Blicke ich auf die Leidensgeschichte Jesu, so finde ich dort Personen, die mit dieser Unfassbarkeit leben mussten. Nur wage vermag ich mir vorzustellen, wie Maria, Jesu Mutter, sich unter dem Kreuz ihres Sohnes gefühlt haben muss. Bis unter das Kreuz war sie ihm gefolgt, um ihm nochmals nahe sein zu können, und musste dennoch unter den grausamsten und ungerechtesten Umständen von ihm loslassen. Neben ihr stand der Jünger, den Jesus liebte. Jesus vertraute sie einander an und versuchte eine Verbundenheit zwischen ihnen herzustellen. In dieser Situation waren sie verbunden im Schmerz des Abschieds. Und wie es wohl den anderen Jüngern Jesu ergangen sein mag? Ich vermute, ein Teil von ihnen war unendlich enttäuscht von Jesus, dass er nicht ihre Hoffnungen erfüllt, sondern sie so plötzlich verlassen hatte. Andere wiederum fühlten wahrscheinlich nur den schrecklichen Schmerz des Verlusts eines besonderen Freundes. Niemand konnte mit der plötzlich eintretenden Trennung umgehen. Und selbst Jesus, der sich in der Nacht zuvor noch vertrauensvoll Gottes Willen anvertraut hat, ruft – wie beim Evangelisten Matthäus nachzulesen ist – plötzlich aus: „Eli, Eli, lema sabachtani“ – „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Selbst er fühlt den Schmerz der Trennung, denn er fühlt sich von Gott verlassen. Danach ist alles aus. Nichts ist da, das die Trennung in den Tod hinein zu überbrücken vermag. Totenstille.

Und heute? Schon hier und heute erleben wir gegenwärtig Trennung, Entfernung, Distanz, mit der wir oft nicht umgehen können. Kinder fragen ihre Großeltern und Urgroßeltern: „Warum besucht ihr uns nicht?“ „Warum dürfen wir nicht zu euch?“ Oder noch schlimmer: „Mögt ihr uns nicht mehr, weil wir euch nicht mehr sehen dürfen?“ Kindliche Fragen, die nicht wissen, wie sehr die Urgroßeltern und Großeltern selbst darunter leiden. Freunde versuchen ihre Freundschaften über soziale Medien aufrecht zu erhalten und sehnen sich doch gleichzeitig danach, sich endlich wieder begegnen zu dürfen. Andere Menschen wiederum vermissen besonders schmerzlich die Gemeinschaft unserer Gottesdienste. Selbst die Menschen, die momentan in ihren Berufen besonders gefordert sind und dadurch mehr Kontakt mit Menschen haben, sind durch diverse Schutzausrüstungen zu einer schützenden, aber oft auch schmerzhaften Distanz gezwungen. Und begegnet man einander zufällig bei den lebensnotwendigen Besorgungen für den Alltag, so sind tröstende, aufbauende Umarmungen aufgrund des vorgeschriebenen Mindestabstands von einem Meter unmöglich. Ja, selbst ein aufbauendes, Verbundenheit ausdrückendes Lächeln kommt nicht mehr an, weil es meist hinter Masken verborgen bleibt.

Heute wie damals Situationen, die – wenn auch auf unterschiedlichen Ebenen – aufgrund der erlittenen Trennung unfassbar scheinen. Die uns Menschen mit dem Schmerz der Distanz zu überfordern scheinen und sprachlos machen. Doch als ich vor kurzem einen Text des deutschen Priesters Wolfgang Metz gelesen habe, da habe ich meine Sprache wieder gefunden. Ich möchte diesen daher mit Ihnen teilen:

„nähe und distanz

manchmal ist nähe
keine sache der distanz

manchmal kann jener
am anderen ende des telefons
näher sein
als jener der neben mir steht

manchmal kann jemand
den du nicht festhalten kannst
näher sein
als jemand den du im arm hältst

manchmal kann das leben
unüberbrückbar trennen
und der tod
über alle grenzen hinweg verbinden

manchmal ist nähe
keine sache der distanz

sondern des geliebtseins“

(Wolfgang Metz: „nähe und distanz“, aus: Wolfgang Metz, brannte uns nicht das herz? Gedichte. © Echter Verlag Würzburg 2017, S. 63. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Verlags.)

Heute wie damals erlebte, räumliche Trennung und Distanz. Doch heute wie damals wird diese Distanz aufgelöst durch Liebe und Geliebtsein. Wenn wir heute getrennt voneinander Gottesdienst feiern und auch all die anderen Einschränkungen und Distanzen des Alltags auf uns nehmen, ist dies Ausdruck der Nächstenliebe. In dieser Liebe sind wir uns ganz nahe. Es ist eine Liebe, die uns erfahren lässt, wie schmerzhaft Liebe sein kann. Sie nimmt zum Wohl des Geliebten den eigenen Schmerz auf sich. Gott selbst nahm aus Liebe zu uns den Schmerz der größtmöglichen Trennung, des Todes, auf sich, weil er nur so die Distanz dieser Trennung überwinden und uns ein neues Leben ermöglichen konnte. Gelebte Nächstenliebe, die den Schmerz der Trennung auf sich nimmt, wird auch uns zu einem neuen Morgen führen, an dem wir wieder befreit aufatmen und uns umarmen können. Davon bin ich überzeugt. Bis dorthin sind wir uns durch die gelebte Nächstenliebe in der Distanz ganz nahe und dürfen uns von Gott besonders begleitet wissen, denn durch Jesu Tod am Kreuz kennt er selbst unseren größten Schmerz.

 

Große Fürbitten

  1. Liebender Gott, in dieser herausfordernden Situation unserer Gegenwart sind auch wir als Kirche besonders gefordert. Lass uns über alle räumliche Distanz hinweg stets die Verbundenheit der kirchlichen Gemeinschaft als Bestärkung erfahren. Hilf uns so, uns für ein Antlitz der Kirche stark zu machen, das deine Liebe zu uns Menschen widerspiegelt.

kurze Stille – anschließend Bitte/Ruf „Herr, erbarme dich, erbarme dich. Herr, erbarme dich, Herr, erbarme dich.“ (GL 157; T: Liturgie, M u S: Peter Janssens)

  1. Treuer Gott, junge Menschen haben es in unserer Zeit oft besonders schwer. Gerade heute, wo unser Morgen so ungewiss erscheint, drängen sich Zukunftsfragen und Zukunftssorgen auf. Hilf ihnen, sodass sie trotz aller Unsicherheiten als die Menschen heranwachsen, als die du sie gewollt und in die Welt geliebt hast, und lass uns Erwachsene ihnen auf diesem Weg bestärkende und stützende Begleiter sein.

kurze Stille – anschließend Bitte/Ruf „Herr, erbarme dich…“ (GL 157)

  1. Guter Gott, gerade wenn uns Sorgen belasten und wir aufgrund ständig neuer Herausforderungen gezwungen sind, unseren Alltag neu zu strukturieren, droht unser Blick für das Wesentliche verloren zu gehen. Deshalb bitten wir dich: Lass uns bei all dem, was täglich auf uns einstürmt, nicht den Blick für die Sorgen, Freuden, Nöte und Bedürfnisse unserer Mitmenschen verlieren.

kurze Stille – anschließend Bitte/Ruf „Herr, erbarme dich…“ (GL 157)

  1. Starker Gott: Gegenwärtig sind manche Menschen in ihren Berufen besonders gefordert und müssen oft täglich über ihre Grenzen gehen. Wir bitten dich daher, dass du ihnen die nötige Kraft für ihren Einsatz schenkst. Gleichzeitig bitten wir aber auch für all jene, die ihre Berufe momentan nicht oder nur unter Einschränkungen ausüben können. Egal in welcher Situation wir uns momentan befinden, ob wir gerade in unseren Berufen besonders gefordert sind, ob uns in unseren Berufen gegenwärtig Zukunftssorgen quälen oder ob wir zum Abwarten gezwungen sind, bis wir wieder „normal“ arbeiten können: Lass niemanden von uns vergessen, welch wichtiger Teil jede und jeder einzelne für unsere Gesellschaft ist.

kurze Stille – anschließend Bitte/Ruf „Herr, erbarme dich…“ (GL 157)

  1. Barmherziger Gott, vielfältig sind die Schmerzen, die gegenwärtig Menschen erfahren: Kriege, Terror, Hunger, Krankheit, Armut und viele andere Leiden müssen Menschen ertragen. Wir bitten dich: Lass uns spüren, dass du bei uns bist als der Gott, der mit uns Menschen leidet. Gib uns die Kraft, dies in unserem Handeln im Hier und Jetzt einander weiterzuschenken.

kurze Stille – anschließend Bitte/Ruf „Herr, erbarme dich…“ (GL 157)

  1. Ewiger Gott, du kennst jede und jeden von uns beim Namen. Du lässt niemanden im Stich. Vom allerersten Ursprung an hast du uns geliebt und gewollt und stehst zu deiner Zusage zu uns Menschen über unseren Tod hinaus. Wir bitten dich: Lass uns erfahren, dass du ein Gott der Lebenden bist und das Glück der Menschen willst. Bestärke uns so gerade in schwierigen Zeiten in der Hoffnung auf ein gutes Morgen und lass dieses gute Morgen deiner liebenden Gegenwart bereits all jene erfahren, die nicht mehr unter uns sind.

kurze Stille – anschließend Bitte/Ruf „Herr, erbarme dich…“ (GL 157)

 

Schlussgebet

Herr, unser Gott, in deinem Sohn Jesus hast du den größten Schmerz und das größte menschliche Leid auf dich genommen. Mit dem Verbrechertod Jesu Christi am Kreuz schien alles vorbei. Doch in diesem Ende lag ein neuer Anfang verborgen. Hilf auch uns die Hoffnung darauf zu bewahren, dass in jedem scheinbaren Ende ein neuer Anfang anbricht, den du uns schenkst. Darum bitten wir dich für heute, morgen und jeden Tag unseres Lebens bis in Ewigkeit. Amen

 

Segensbitte

Guter Gott, nichts vermag dich von uns zu trennen. Du begleitest uns in jeder Freude und jedem Schmerz. Denn in deiner Liebe zu uns Menschen, deinem Ja zu uns, warst du bereit, auch in den Tod zu gehen, um uns selbst im Sterben nahe sein zu können. Deshalb bitten wir dich um deinen Segen für all unsere Wege, damit wir auf ihnen nie vergessen, dass wir immer auf deine bestärkende Begleitung zählen dürfen, heute und in Ewigkeit. Amen

 

Der Gottesdienst endet in Stille

 

© der Texte (mit Ausnahme der Schrifttexte, des Textes „nähe und distanz“ und der Gottesloblieder) Maria-Luise Hendler