4. Fastensonntag: Achtsamkeit beim Riechen

Fastenzeit 2012: Fasten mit allen Sinnen – unsere Sinne schärfen
Für eine neue Achtsamkeit

4. Fastensonntag: Riechen – die Nase
Fasten – neue Achtsamkeit beim Riechen

Unsere Sinne schärfen, um zu einer neuen Achtsamkeit zu gelangen, das ist der rote Faden unserer heurigen Fastenzeit. Heute am 4. Fastensonntag widmen wir uns unserer Nase, mit der wir riechen können, mit der wir aber auch Sauerstoff, den wir zum Leben brauchen, ein- und ausatmen. Beim Nachdenken sind mir folgende Wortspiele zur Nase eingefallen: Manchmal können wir jemanden nicht riechen; man soll seine Nase nicht überall hineinstecken; die Nase rümpfen; etwas stinkt mir; hochnäsig sein; einen guten Riecher für etwas haben; den Duft der großen, weiten Welt schnuppern.

Auch in der Bibel finden sich einige Stellen zum Thema „Geruch“ In der heutigen Eucharistiefeier werden wir auch von Gerüchen, von Düften etwas hören. Ob Gerüche auch für unser Christ-Sein von Bedeutung sein können und es wichtig sein kann, auch diesen Sinn zu schärfen, vermittelt uns nun unser Gottesdienst.

1. Lesung (Gen 8,15-9,1)

Da sprach Gott zu Noach: Komm heraus aus der Arche, du, deine Frau, deine Söhne und die Frauen deiner Söhne! Bring mit dir alle Tiere heraus, alle Wesen aus Fleisch, die Vögel, das Vieh und alle Kriechtiere, die sich auf der Erde regen. Auf der Erde soll es von ihnen wimmeln; sie sollen fruchtbar sein und sich auf der Erde vermehren. Da kam Noach heraus, er, seine Söhne, seine Frau und die Frauen seiner Söhne. Auch alle Tiere kamen, nach Gattungen geordnet, aus der Arche, die Kriechtiere, die Vögel, alles, was sich auf der Erde regt. Dann baute Noach dem Herrn einen Altar, nahm von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln und brachte auf dem Altar Brandopfer dar. Der Herr roch den beruhigenden Duft und der Herr sprach bei sich: Ich will die Erde wegen des Menschen nicht noch einmal verfluchen; denn das Trachten des Menschen ist böse von Jugend an. Ich will künftig nicht mehr alles Lebendige vernichten, wie ich es getan habe. Solange die Erde besteht, sollen nicht aufhören Aussaat und Ernte, Kälte und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht. Dann segnete Gott Noach und seine Söhne und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar, vermehrt euch und bevölkert die Erde!

Evangelium (Joh 12,1-3)

Sechs Tage vor dem Paschafest kam Jesus nach Betanien, wo Lazarus war, den er von den Toten auferweckt hatte. Dort bereiteten sie ihm ein Mahl; Marta bediente und Lazarus war unter denen, die mit Jesus bei Tisch waren. Da nahm Maria ein Pfund echtes, kostbares Nardenöl, salbte Jesus die Füße und trocknete sie mit ihrem Haar. Das Haus wurde vom Duft des Öls erfüllt.

Predigt von Pfarrer Dietmar D. Stipsits

Liebe ChristInnen!

Kennen Sie die Eberraute? Dabei handelt es sich um eine heute kaum mehr gebräuchliche Gewürzpflanze, die einen sehr aufdringlichen und intensiven Geruch hat. Im Mittelalter gab es folgende Verwendung für die Eberraute: Wer sonntags befürchtete, während der Predigt in der Kirche einzuschlafen, sollte einige Zweige der Eberraute mit sich tragen, „denn ihr Duft hält während der längsten Predigt munter“ (Matthias Alter, Klostergärtnerei).

Von einem anderen Duft haben wir bereits in der Lesung aus dem Buch Genesis gehört. Nachdem Noach samt seiner Arche die große Flut überstanden hat, baut er einen Altar und bringt ein Brandopfer dar, genommen von allen reinen Tieren und von allen reinen Vögeln. „Der Herr roch den beruhigenden Duft“, erzählt uns das Buch Genesis beschönigend.

Später dann, im Tempel in Jerusalem, wurde dieses Brandopfer täglich morgens und abends dargebracht. Mit diesen Opfern – in welcher Weise dies auch vollzogen wurde – brachte das Volk Israel seinen Dank Gott gegenüber zum Ausdruck, der alles Leben schenkt. Und wohl ebenso damit verbunden war der Gedanke, Gott durch das Opfer gnädig zu stimmen. Mit dem „Wohlgeruch“ des Brandopfers soll Gott versöhnt werden. Ähnlich können wir wohl auch den Weihrauch deuten, den wir an Festtagen in unseren Gottesdiensten verwenden.

Braucht Gott solche „beruhigenden Düfte“, um uns Menschen seine Liebe zu schenken? Ich glaube, es ist nicht notwendig, dass wir „Wohlgerüche“ in den Himmel aufsteigen lassen, sondern das Gegenteil ist der Fall. Gott ist zu uns Menschen herunter gekommen in seinem Sohn Jesus. Gott ist mitten unter uns, das ist der Wohlgeruch, der Lebensduft, der unser Leben und unsere Welt durchzieht.

Und Menschen, die versuchen, diese froh-machende Botschaft, die Jesus uns vorgelebt hat, zu verwirklichen in den Niederungen des Alltags, in den Kleinigkeiten unseres Tagesablaufes, durch die Art und Weise, wie wir unaufdringlich und liebevoll anderen beistehen oder wo wir einen „Riecher“ haben, wo jemand unsere konkrete Hilfe benötigt oder wo wir mit einem geliebten Menschen eine zärtliche Begegnung erleben dürfen, überall dort werden wir jenen „beruhigenden Duft“ riechen, den Jesus uns gebracht hat.

Gottes „beruhigender Duft“ ist für mich Jesus und seine Botschaft. Johann Sebastian Bach bringt es in seiner Motette „Jesu, meine Freude“ musikalisch bestens zum Ausdruck:

Jesu, meine Freude,
Meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier,
Ach wie lang, ach lange
Ist dem Herzen bange
Und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
Außer dir soll mir auf Erden
Nichts sonst Liebers werden.“

Wenn ich diesem Jesus Raum gebe in mir, brauche ich keine Eberraute, die mich munter hält, sondern werde selbst in „Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod“ den „beruhigenden Duft Gottes“ täglich riechen können in meinem persönlichen Leben, weil Jesus meine Freude ist und bleibt – heute und jeden Tag und bis in Ewigkeit.

 

Fürbitten:

In Jesus Christus ist die Sympathie Gottes, sein Erbarmen gegenüber uns Menschen sichtbar geworden. Voll Vertrauen wenden wir uns ihm zu:

  • Für alle Menschen, die an Gott glauben: Stärke in uns das Vertrauen, dass deine Liebe uns frei atmen lässt. V: Christus, höre uns. A: Christus, erhöre uns.
  • Für alle, die nur schwer loslassen können, dass wir lernen, Vergangenem nicht nachzutrauern und uns nicht von Zukunftssorgen bestimmen lassen, sondern im Hier und Jetzt Licht und Schatten annehmen lernen. V: Christus, höre uns. A: Christus, erhöre uns.
  • Für alle, denen durch Sorgen oder Krankheit die Luft zum Atmen genommen wird, dass sie Menschen begegnen, die ihnen beistehen und die sie aufatmen lassen. V: Christus, höre uns. A: Christus, erhöre uns.
  • Für unsere Kirche, dass wir in der Verwandlung, dich, Gott, erkennen, der uns alle zur inneren Freiheit bewegt und unsere engen Glaubensräume aufbricht, um so deine bedingungslose Liebe zu spüren. V: Christus, höre uns. A: Christus, erhöre uns.
  • Für unsere geschundene Schöpfung, für Menschen, Tiere, Pflanzen, die unter der Unachtsamkeit gedankenloser und bequemer Mitmenschen leiden, schenke uns allen Einsehen und Verantwortungsbewusstsein. V: Christus, höre uns. A: Christus, erhöre uns.

Gott des Erbarmens, so wie die Luft uns umgibt und uns Leben spendet, so bist du  uns Menschen nahe und begleitest uns, damit wir das Leben haben und Fülle für heute und für alle Ewigkeit.

 

Meditation:

Unser Atem

Das Loslassen
von unerfüllbaren Träumen
und das Freigeben von Menschen,
an denen dein Herz hängt,
ist wohl das Schwerste,
was es im Leben gibt.

Aber so, wie du nicht nur einatmen
und die Luft bei dir behalten kannst,
sondern sie wieder ausatmen,
gleichsam freigeben musst,
um leben zu können,
so kannst du dich neuen Begegnungen nur öffnen,
wenn du die Hoffnungen aufgeben kannst,
die sich verbraucht haben.

Denn alles hat seine Zeit:
einatmen –
und ausatmen,
halten – und hergeben,
binden – und lösen,
Abschied nehmen – und neu beginnen.

(aus: Christa Spilling-Nöker, Ins Herz buchstabiert, Verlag am Eschbach der Schwabenverlag AG, Eschbach 2011, 4f.)

Handout

Fastensonntag:  Riechen/atmen – die Nase

Unsere Sinne schärfen, um zu einer neuen Achtsamkeit zu gelangen, das ist der rote Faden unserer heurigen Fastenzeit. Heute am 4. Fastensonntag widmen wir uns unserer Nase, mit der wir riechen können, mit der wir aber auch Sauerstoff, den wir zum Leben brauchen, ein- und ausatmen. Beim Nachdenken sind mir folgende Wortspiele zur Nase eingefallen: Manchmal können wir jemanden nicht riechen; man soll seine Nase nicht überall hineinstecken; die Nase rümpfen; etwas stinkt mir; hochnäsig sein; einen guten Riecher für etwas haben; den Duft der großen, weiten Welt schnuppern.

für die kommende Woche:

  • Ich unternehme einen Spaziergang/eine Wanderung und versuche bewusst, die Düfte auf mich wirken zu  lassen.
  • Ich kaufe mir eine duftende Blume und erfreue mich an ihrem guten Duft.
  • Düfte prägen sich in das Gedächtnis ein und bleiben oft ein Leben lang gespeichert. Welche Düfte prägen mich seit Kindertagen?
  • Ich fahre deutlich weniger mit meinem Auto, um ein Zeichen zu setzen und die Umwelt zu schonen.
  • Ich nehme mir täglich fünf Minuten Zeit und erspüre in dieser Zeit ganz bewusst meinen Atem, übe richtig zu atmen. Dabei atme ich durch meine Nase ein und aus, atme langsam und tief ein und ebenso langsam und tief wieder aus, um verbrauchte Luft loszuwerden. Tiefes und richtiges Atmen wirkt sich auf das körperliche Wohlbefinden und indirekt auf meine seelische Konstitution aus.  Ich werde ruhiger, entspannter und gelassener.