5. Fastensonntag: Selig, die Armen im Geiste

Fastenzeit 2014
5 Zusprüche in der Fastenzeit

selig5_arm-im-Geist

5. Fastensonntag: „Selig, die Armen im Geiste, denn ihnen ist das Himmelreich!

Einleitung

In der Fastenzeit geht es um etwas Inneres und um etwas Äußeres. Damit sich nach außen hin etwas verändern kann, braucht es die Umwandlung des Herzens.

Der Liturgiekreis möchte uns für die Fastenzeit in diesem Jahr Impulse zu einer inneren und äußeren Umwandlung aus den Seligpreisungen geben, damit wir von der Osterfreude so richtig erfüllt werden können.

Heute, am 5. Fastensonntag, wird uns zugerufen:
Selig, die Armen im Geiste, denn ihnen ist das Himmelreich!

Von welcher Armut ist hier überhaupt die Rede? Ist diese Seligpreisung als Aufforderung zur Besitzlosigkeit zu verstehen oder anders formuliert muss ich arm sein, meinen Wohlstand aufgeben, um Gott schauen zu können? Was meint Jesus damit?

Jesus meinte wohl mehr als ein bisschen Überfluss; auch wenn seine Kritik in diese Richtung wies, aber nicht nur! Wie bereits bei den anderen Fastensonntagen erwähnt, stehen die Seligpreisungen in einem größeren inhaltlichen Zusammenhang, der die innere Freiheit des Menschen in den Mittelpunkt stellt. So betrachtet können wir die Seligpreisung als Frage an uns selbst formulieren: „Was braucht der Mensch wirklich? Was macht uns zufrieden und glücklich?“ Oder anders formuliert: „Ist unser Wohlergehen immer mit unserem Wohlstand kompatibel?“

Die heutigen Bibeltexte (Koh 2,3-11 und Mt 6,19-24) wollen uns nachdenken lassen über:

  • Worin besteht das wahre Glück des Lebens?
  • Welche Schätze hält das Leben für mich bereit? Was sind die wahren Schätze des Lebens?

Die heutige Eucharistiefeier möchte uns dazu Kraft schenken.

Lesung aus dem Buch Kohelet (Koh 2,3-11)
Ich trieb meine Forschung an mir selbst, indem ich meinen Leib mit Wein lockte,
während mein Verstand das Wissen auf die Weide führte, und indem ich das Unwissen gefangennahm.
Ich wollte dabei beobachten, wo es vielleicht für die einzelnen Menschen möglich ist,
sich unter dem Himmel Glück zu verschaffen während der wenigen Tage ihres Lebens.

Ich vollbrachte meine großen Taten:
Ich baute mir Häuser, ich pflanzte Weinberge.
Ich legte mir Gärten und Parks an, darin pflanzte ich alle Arten von Bäumen.
Ich legte Wasserbecken an, um aus ihnen den sprossenden Baumbestand zu bewässern.
Ich kaufte Sklaven und Sklavinnen, obwohl ich schon hausgeborene Sklaven besaß.
Auch Vieh besaß ich in großer Zahl, Rinder, Schafen, Ziegen, mehr als meine Vorgänger in Jerusalem.
Ich hortete auch Silber und Gold und, als meinen persönlichen Schatz, Könige und ihre Provinzen.
Ich besorgte mir Sänger und Sängerinnen und die Lust jedes Menschen: einen großen Harem.
Ich war schon groß gewesen, doch ich gewann noch mehr hinzu,
so dass ich alle meine Vorgänger in Jerusalem übertraf.
Und noch mehr: Mein Wissen stand mir zur Verfügung,
und was immer meine Augen sich wünschten, verwehrte ich ihnen nicht.
Ich musste meinem Herzen keine einzige Freude versagen.
Denn mein Herz konnte immer durch meinen ganzen Besitz Freude gewinnen.
Und das war mein Anteil,
den ich durch meinen ganzen Besitz gewinnen konnte.
Doch dann dachte ich nach über alle meine Taten, die meine Hände vollbracht hatten,
und über den Besitz, für den ich mich bei diesem Tun angestrengt hatte.

Das Ergebnis:
Das ist alles Windhauch und Luftgespinst.
Es gibt keinen Vorteil unter der Sonne.

Evangelium (Mt 6,19-24)

Sammelt euch nicht Schätze hier auf der Erde,
wo Motte und Wurm sie zerstören und wo Diebe einbrechen und sie stehlen,
sondern sammelt euch Schätze im Himmel,
wo weder Motte noch Wurm sie zerstören und keine Diebe einbrechen und sie stehlen.
Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
Das Auge gibt dem Körper Licht.
Wenn dein Auge gesund ist, dann wird dein ganzer Körper hell sein.
Wenn aber dein Auge krank ist, dann wird dein ganzer Körper finster sein.
Wenn nun das Licht in dir Finsternis ist, wie groß muss dann die Finsternis sein!
Niemand kann zwei Herren dienen;
er wird entweder den einen hassen und den anderen lieben,
oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten.
Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mamon.

Predigt von Pfarrer Dietmar Stipsits

Liebe ChristInnen!

„Glücklich, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.“(Mt 5,3) Oder wortwörtlich aus dem Griechischen übersetzt: „Glücklich, die Armen im Geist; denn ihrer ist das Reich der Himmel“. Wohl die schwierigste Seligpreisung haben wir am Ende der heurigen Fastenzeit als Thema. Schwierig allein schon deshalb, weil sich alle Bibelausleger damit schwer tun, was mit den „Armen im Geist“ tatsächlich gemeint ist.

Ich denke mir, die Lesung aus dem Buch Kohelet gibt uns eine gute Hilfe, wie wir „Glücklich, die arm sind vor Gott“ deuten können, nämlich mit der Frage: Was ist wirklich wichtig in meinem und für mein Leben? Kommt es darauf an, dass ich viel besitze? Ist es lebens-erfüllend, wenn ich Häuser und Weinberge, Gärten und Bäume, Silber und Gold und einen Harem mein Eigen nenne? Kohelet verneint diese Frage: „Das ist alles Windhauch!“

„Was macht mich wirklich glücklich und zufrieden?“, beantworte ich mit dem Satz: Ich bin dann wirklich glücklich, wenn Freude eine Grundhaltung meines Lebens ist. Oft erlebe ich es – auch bei mir selber -, dass ich viel lieber jammere. In vielen Gesprächen höre ich heraus, wie sich viele Menschen immer nur fragen, was sie krank gemacht hat. Da wird dann immer und immer wieder in die Vergangenheit zurückgeblickt, um zu schauen, was es noch alles an kindlichen Verletzungen gab, die aufzuarbeiten wären, um wieder glücklich werden zu können.

Mir ist es viel, viel wichtiger, nach Spuren der Freude in meiner Lebensgeschichte zu suchen. Statt also immer aufs Neue nur nach krankmachenden Erfahrungen in meinem Leben zu blicken, finde ich es weit hilfreicher, darauf zu achten, wo ich tiefe Freude und erfüllende Fröhlichkeit erfahren habe, wo ich so richtig Lust am Leben gespürt habe.

Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es nicht nur heilsam für mich ist, wenn ich mit der Freude in mir in Berührung komme, sondern dass mir diese Freude Kraft schenkt zu mehr Lebendigkeit, Zuversicht und zum Empfinden von tiefem Glück.

Genau dazu möchte mich Jesus einladen, dass ich ein Mensch bin, der von Freude geprägt ist. Und diese Freude treibt mich an zu Lebendigkeit, zum Kreativsein, zum Entfalten meiner in mir schlummernden Begabungen und Fähigkeiten, zur Lust an der eigenen Lebendigkeit. Wenn ich ein Mensch bin, der geprägt ist von Freude, werde ich diese Lebensfreude auch ausstrahlen und sie damit weiterschenken an andere. So werde ich dieses „Glücklich-Sein“ erfahren, von dem die Seligpreisungen sprechen – heute und jeden Tag aufs Neue bis in Ewigkeit.

Meditation

Selig die Armen, die aus ihrer Armut „Armut des Herzens“ lernen.
Selig, die arm sind mit den Armen, ohne am Elend zu verzweifeln.
Selig, die sich selbst und ihr Leben als Geschenk annehmen und bereit sind, weiter zu schenken.
Selig, die Kind sind.
Selig, die schreien und klagen können.
Selig, die Ballast abwerfen.
Selig, die von Gott sich das Unwahrscheinlichste erwarten können, die ihm alles zutrauen.
Selig, die mit einem Blankoscheck leben, den Gott allein ausfüllen darf, wie er will.
Selig, deren Reichtum Gott allein ist.
Selig, die verfügbar sind,
Selig, die beweglich sind.
Selig, die erwartungsvoll, vertrauend und hoffend in die Zukunft gehen.
Selig, die an den Grenzen ihrer Möglichkeiten nicht zerbrechen.
Selig, die Unseligen.

Ein paar Übersetzungen dazu:

  • Im griechischen Text (Nestle Aland-Version) heißt es Μακάριοι οἱ πτωχοὶ τῷ πνεύματι, ὅτι αὐτῶν ἐστιν ἡ βασιλεία τῶν οὐρανῶν“  „Selig die Armen im Geiste, denn ihnen ist das Himmelreich“. „ptoxos“ meint: der sich duckt, bückt; (bettel)arm, zum Bettler gehörig
  • Die EÜ übersetzt mit „Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.“
  • Gute Nachricht: „Freuen dürfen sich alle, die nur noch von Gott etwas erwarten, mit Gott werden sie leben in seiner neuen Welt.“
  • Elberfelder Bibel: „Glückselig die Armen im Geist, denn ihrer ist das Reich der Himmel.“
  • Luther: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.