4. Fastensonntag: „GOTTES Schmerzen zwischen mir und jedem andren Schmerz“

Fastenzeit 2016: Weg der Barmherzigkeit

4-Gottes Schmerzen

4. Fastensonntag
„GOTTES Schmerzen zwischen mir und jedem andren Schmerz“

EINLEITUNG

Im Hinblick auf das von Papst Franziskus ausgerufene Jahr der Barmherzigkeit haben wir in unserer Pfarre für die Fastenzeit das Motto „Weg der Barmherzigkeit“ ausgewählt.

Durch jeden Fastensonntag führt uns ein Vers aus einem alten irischen Gebet. Heute ist es die Zeile:

„GOTTES Schmerzen zwischen mir und jedem andren Schmerz“

Jede Frau, die geboren hat, weiß, dass neues Leben bereits mit Schmerzen beginnt und wir alle spüren nur zu oft, dass unser Leben von Schmerzen beeinträchtigt wird. Die besten Schmerzmittel helfen manchmal nicht und erst recht nicht gegen den seelischen Schmerz.
Vom Gott der Bibel wird erzählt, dass er unsere Schmerzen kennt und auch selber Schmerzen erleidet. Nur wer im Schmerz nicht allein gelassen wird und wer weiß, wofür er lebt oder leidet, kann sie aushalten und ertragen. Friedrich Nietzsche sagt:
„Wer ein Warum hat zu leben, erträgt fast jedes Wie!“

Fasten könnte bedeuten: auch schmerzhafte, aber heilsame Entbehrungen auf sich zu nehmen, bereit sein zum Teilen und Schmerzen lindern zu helfen, wo es möglich ist.
Der Gottesdienst soll uns dazu Mut und Hoffnung machen.

Im Wissen um unsere menschliche Schwachheit und im Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit wollen wir sein Erbarmen nun herabrufen.
Kyrie (gesungen)

LESUNG aus 2 Kor 5, 17-21

Wenn jemand in Christus ist,
dann ist er eine neue Schöpfung:
Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.
Aber das alles kommt von Gott,
der uns durch Christus mit sich versöhnt
und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat.
Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat,
indem er den Menschen ihre Verfehlungen nicht anrechnete
und uns das Wort von der Versöhnung anvertraute.
Wir sind also Gesandte an Christi Statt,
und Gott ist es, der durch uns mahnt.
Wir bitten an Christi Statt:
Laßt euch mit Gott versöhnen!
Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht,
damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden.

 

EVANGELIUM nach Lk 15, 1-3; 11-24

Alle Zöllner und Sünder kamen zu ihm, um ihn zu hören.
Die Pharisäer und die Schriftgelehrten empörten sich darüber und sagten: Er gibt sich mit Sündern ab und ißt sogar mit ihnen.
Da erzählte er ihnen ein Gleichnis und sagte:
Ein Mann hatte zwei Söhne. Der jüngere von ihnen sagte zu seinem Vater: Vater, gib mir das Erbteil, das mir zusteht. Da teilte der Vater das Vermögen auf. Nach wenigen Tagen packte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land. Dort führte er ein zügelloses Leben und verschleuderte sein Vermögen. Als er alles durchgebracht hatte, kam eine große Hungersnot über das Land, und es ging ihm sehr schlecht. Da ging er zu einem Bürger des Landes und drängte sich ihm auf; der schickte ihn aufs Feld zum Schweinehüten. Er hätte gern seinen Hunger mit den Futterschoten gestillt, die die Schweine fraßen; aber niemand gab ihm davon.
Da ging er in sich und sagte: Wie viele Tagelöhner meines Vaters haben mehr als genug zu essen, und ich komme hier vor Hunger um. Ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt. Ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein; mach mich zu einem deiner Tagelöhner.
Dann brach er auf und ging zu seinem Vater. Der Vater sah ihn schon von weitem kommen, und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küßte ihn. Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein.
Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand, und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand, und zieht ihm Schuhe an. Bringt das Mastkalb her, und schlachtet es; wir wollen essen und fröhlich sein. Denn mein Sohn war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden. Und sie begannen, ein fröhliches Fest zu feiern.

 

PREDIGT von Pfarrer Dietmar Dominik Stipsits

Liebe ChristInnen!

Manchmal frage ich mich, ob ich nicht in einer Welt lebe, die eine sehr scharfe Trennlinie zieht zwischen Freud und Leid, nach dem Motto: Wenn du froh bist, kannst du nicht traurig sein; und umgekehrt. Dürfen Freude und Leid nicht miteinander in Berührung kommen? Ist Leid und Schmerz etwas, das auf alle Fälle vermieden werden muss? Ja, mitunter habe ich schon den Eindruck, dass Krankheit und Gebrechen, Alter und auch Tod verdrängt werden, um die Menschen nicht daran zu hindern, ein glückliches Leben führen zu können.

Deshalb schaue ich immer wieder gern auf den Gekreuzigten in meinem Büro – ein Geschenk meiner Cousine anlässlich meiner Priesterweihe. Und dann denke ich mir, dass die Sicht Jesu eine ganz andere ist beim Thema Freude, Leid und Schmerzen. Durch das, was Jesus gesagt und vor allem vorgelebt hat, zeigt er mir, dass die wahre Freude, das wahre Glücklichsein, das wahre Leben sich oft mitten im Leid verbirgt, dass sich mein geglücktes Leben mitten in einem ganz tiefen Schmerz begonnen hat zu entwickeln.

Im Grunde genommen ist das heutige Evangelium ein Musterbeispiel für diese Sichtweise Jesu. Als der jüngere Sohn ganz unten ist, als er nicht mehr weiter weiß, mitten in seinem Leid und Hungerschmerz tut sich ein neuer Weg auf für ihn, der ihn zu einem rauschenden Fest führt. Und sein Vater läuft ihm sogar mit offenen Händen entgegen und gibt seinem jüngeren Sohn das Beste vom Besten an Kleidung, Schmuck und Essen. … Mitten im Schmerz wendet sich alles und führt hin zur Freude, zum Glück, zu einem Leben, das plötzlich wieder erfüllt ist, ein Leben, das glückt.

Der gekreuzigte Jesus in meinem Büro zeigt mir eine völlig neue Lebenseinstellung, eine Einstellung, die mich das Leid umarmen lässt, nicht deshalb, weil ich das Leid suche, sondern in der Gewissheit, dass im Leid etwas Neues geboren wird.

Mein Blick auf den Gekreuzigten in meinem Büro ist daher weniger ein Blick auf einen, der das Leid gesucht hätte, sondern auf einen, der es selbst erlebt hat, dass im tiefsten Todesschmerz bereits der Weg der Auferstehung begann. Der Gekreuzigte ist für mich Symbol des Todes und des Lebens, des Leidens und der Freude, der Niederlage und des Siegens. Der Gekreuzigte zeigt mir immer wieder den Weg, das Leid, das mir auf meinem Lebensweg begegnet, nicht zu verdrängen, sondern es bewusst zu umarmen, vertrauend darauf, dass sich alles wenden kann hin zur Freude, zur Auferstehung, zum Leben, heute und morgen und bis in Ewigkeit.

 

FÜRBITTEN
Barmherziger Gott, Du hältst deine Arme für jeden ausgebreitet. Wir bitten dich um deine Hilfe:

• für alle, die körperlich krank sind und akute oder chronische Schmerzen haben.
Wir bitten dich erhöre uns
• für alle, die unter großen Belastungen stehen und seelischen Schmerz erleiden.
• für alle, die den Mut verloren haben und keinen Sinn mehr in ihrem Leben sehen.
• für alle, sich von dir entfernt haben und nicht oder nicht mehr glauben können.
• für uns alle, dass wir deine Nähe und Barmherzigkeit spüren, wenn wir selber zu leiden haben.

Im Vertrauen darauf, dass es einmal Erlösung von allem Schmerz geben wird, gehen wir unseren Weg, jetzt und bis in Ewigkeit. AMEN

 

MEDITATION

Jesus,
deine schmerzen
zwischen mir und jedem andern schmerz –
gegen deine kreuz – schmerzen gab es kein mittel
ein schwamm mit essig wurde gereicht
doch das kreuz – weh trieb dich in den wahnsinn
mit ausgebreiteten armen
hast du deine schmerzen hinausgeschrien:
„mein gott, mein gott, warum hast du mich verlassen?“ –
am ende half nur ein einziges mittel:
die ausgebreiteten arme des vaters:
„vater, in deine hände lege ich meinen schmerz“
p.h.