2. Fastensonntag: Selig die keine Gewalt anwenden

Fastenzeit 2014
5 Zusprüche in der Fastenzeit

2. Fastensonntag: „Selig die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.“

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Einleitung:
In der Fastenzeit geht es um etwas Inneres und um etwas Äußeres. Damit sich nach außen hin etwas verändern kann, braucht es die Umwandlung des Herzens. Der Liturgiekreis möchte uns für die Fastenzeit in diesem Jahr Impulse zu einer inneren und äußeren Umwandlung aus den Seligpreisungen geben, damit wir von der Osterfreude so richtig erfüllt werden können.
Heute, am 2. Fastensonntag, wird uns zugerufen: „Selig die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.“ In anderen Übersetzungen (z.B. bei Luther) heißt es auch: „Selig die Sanftmütigen.“
Jeder Mensch hat ein einzigartiges emotionales Profil. Jeder Mensch reagiert auf seine ganz persönliche Art auf das Leben: still und zurückhaltend, laut und extrovertiert oder sanftmütig – mit einer friedlichen, freundlichen Gesinnung im unmittelbaren Wortsinn:
So wollen wir unseren Mitmenschen gerade jetzt in der Fastenzeit bewusst begegnen. So wollen wir gerade jetzt mit unseren Worten achtsam umgehen, denn Gewalt liegt sehr oft auch in unseren Worten.
Und wie gehe ich mit mir selbst um, mit meinem Körper?
Wenn wir uns bemühen, die Worte Jesu in der Bergpredigt mit Leben zu erfüllen, werden wir das erleben, was Papst Franziskus in seiner Enzyklika „Evangelii Gaudii“ als Beginn seiner Botschaft sagt: „Die Freude des Evangeliums erfüllt das Herz.“
In diesem Sinne wollen wir die heutige Eucharistiefeier beginnen.

Lesung (Psalm 37, Vers 1-11)
Entrüste dich nicht über die Übeltäter, beneide nicht die, welche Böses tun!
Denn wie das Gras werden sie schnell verdorren und wie das grüne Kraut verwelken.
Vertraue auf den HERRN und tue Gutes; wohne im Land und hüte Treue;
und habe deine Lust am HERRN, so wird er dir geben, was dein Herz begehrt.
Befiehl dem HERRN deinen Weg und vertraue auf ihn, so wird er handeln und wird deine Gerechtigkeit aufgehen lassen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.
Sei still dem HERRN und harre auf ihn! Entrüste dich nicht über den, dessen Weg gelingt, über den Mann, der böse Pläne ausführt!
Lass ab vom Zorn und lass den Grimm! Entrüste dich nicht! Es führt nur zum Bösen.
Denn die Übeltäter werden ausgerottet; aber die auf den HERRN hoffen, die werden das Land besitzen.
Noch kurze Zeit, und der Gottlose ist nicht mehr; und siehst du dich um nach seiner Stätte, so ist er nicht da.
Aber die Sanftmütigen werden das Land besitzen und werden ihre Lust haben an Fülle von Heil.

Evangelium (Mt 5,38-48)
Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin. Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel. Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm. Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab. Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten liegben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Söhne und Töchter eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten, und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist.

Predigt von Pfarrer Dietmar Stipsits
Liebe ChristInnen!

Ein Stein; Baumaterial. Damit lässt sich etwas schaffen und bauen. Aber auch Waffe. Wer mit einem Stein beworfen wird, kann sich schwer verletzen, sogar sterben. Es war zu biblischer Zeit und ist es auch heute noch an manchen Orten ein Todesurteil, gesteinigt zu werden. Dort, wo Steine fliegen, drohen Menschen zu Opfern zu werden. Er lädt auch zum Anschauen ein. Vielleicht sogar zum Meditieren. Ein Stein. Baumaterial oder Waffe oder nur schön anzusehen? Was er ist, entscheiden wir. Entscheide ich. Entscheidet der andere.

Sei heilig/vollkommen/ganz, weil Gott heilig/ vollkommen/ganz ist. Und weil das so ist, sollt ihr anders miteinander umgehen, als es alltäglich üblich ist. Es heißt nicht einfach alles dulden, oder für alles Verständnis haben. Nein, ich glaube, dass Jesus schon möchte, dass wir dem andern sagen, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Sag ihm, wo er sich falsch verhält, sag ihm auch, wo du dich ärgerst. Aber sag es nicht, um in klein zu machen, sondern als Partner, als Freundin.

Die Regeln, die schon im Alten Testament galten, Auge um Auge, Zahn um Zahn waren ein kultureller Fortschritt, weil sie die gegenseitige Vergeltung beschränkten! Man sollte nicht stärkere Rache üben, als einem selber an Unrecht zugefügt wurde. Also nicht den Verlust eines Auges mit dem Verlust beider Augen des Gegners bestrafen. Aug um Aug also ein eindeutiger, kultureller Fortschritt!

Aber Jesus geht noch einen Schritt weiter, weil es ihm in Gottes Namen nicht reicht, dass man das Unrecht nicht vergrößert, sondern jeder soll aktiv etwas dafür tun, dass Unrecht nicht geschieht und dass Gewaltspiralen durchbrochen werden. Nicht nur den Freund lieben, was ist schon dabei, sondern ebenso den Feind und gerade ihm ein Angebot machen, das die Feindschaft beendet.
Und das fängt klein an. Jemanden grüßen, das heißt jemanden beachten, den ich eigentlich nicht mag, der mir eventuell schon einmal geschadet hat.

In der Bibel sind es eher private Verhaltensmaßnahmen, politische Verhaltensregeln für Staaten und Regierungen hat Jesus nicht aufgestellt. Doch haben sie politische Auswirkungen. Nur da, wo wir als Menschen die Spirale von Gewalt und Gegengewalt durchbrechen, kann wieder etwas Menschliches wachsen. Solange Menschen nicht aufeinander zugehen, werden Waffen sicherlich keinen Frieden schaffen.

Ein Stein. Schön anzusehen? Waffe? Oder Baumaterial für ein friedliches Miteinander – für heute und für alle Ewigkeit.

Fürbitten:
Tagtäglich werden wir heute in den Medien, aber auch im persönlichen Erleben mit allen Formen der Gewalt konfrontiert. Eingedenk der Worte Jesu, dass alle, die zum Schwert greifen, durch das Schwert umkommen werden, wollen wir um Frieden bitten, um den Frieden, den du schenkst.

  • Für die verantwortlichen Politiker unserer Staaten – in Ost und West und Nord und Süd – heute auch insbesondere in der Ukraine, in Russland, Europa und Amerika:
  • Führe sie über alle unterschiedlichen Auffassungen hinweg zur Erkenntnis, dass eine dauerhafte Lösung von Konflikten nur ohne Gewalt erreicht werden kann.
  • Herr unser Gott – wir bitten Dich, erhöre uns!
  • Für alle, die im Bereich der Medien, des Journalismus, der Kunst und Kultur mit der Verbreitung von Botschaften beschäftigt sind:
  • Stärke ihr Bewusstsein dafür, dass die Kraft ihrer Worte Stimmungen anheizen, aber auch entschärfen kann.
  • Herr unser Gott – wir bitten Dich, erhöre uns!
  • Für die Kirchen und deren Verantwortliche:
  • Stärke ihren Mut, Gewalt und Ungerechtigkeiten zu benennen und anzuklagen und überall dem Frieden zu dienen.
  • Herr unser Gott – wir bitten Dich, erhöre uns!
  • Für uns, die wir hier versammelt sind:
  • Lass uns bei uns selbst anfangen,
  • lass uns versuchen, die Sanftmütigkeit bewusster in Gedanken, Worten und Werken des Friedens und der Freundschaft in unserem persönlichen Umkreis zu leben.
  • Herr unser Gott – wir bitten Dich, erhöre uns!

Gott, unser Vater, dein Sohn hat Brücken zwischen dir und den Menschen gebaut. Wecke überall unter den Menschen Kräfte der Versöhnung und des Friedens. Darum bitten wir, durch Christus Jesus, unseren Herrn. Amen.

Meditation

Fünf Vorsätze für jeden Tag

Ich will bei der Wahrheit bleiben.
Ich will mich keiner Ungerechtigkeit beugen.
Ich will frei sein von Furcht.
Ich will keine Gewalt anwenden.
Ich will in jedem zuerst das Gute sehen.
Mahatma Gandhi