4. Fastensonntag: Beziehungen – soziale Defizite

Fastenzeit 2015
Passion 2015: Unser Kreuzweg heute

4. Fastensonntag: Beziehungen – soziale Defizite

Einleitung:
Während des Urlaubs schnell noch mal die Fußballergebnisse am Tablet, IPad oder Handy abrufen, auf Facebook oder Twitter den Standort markieren, kommentieren und dann noch schnell ein Selfie schießen, das natürlich sofort hochgeladen werden muss, damit die Kommunikation mit meinen 1500 „Freunden“ nicht abbricht.
Doch dieses Handygedudel im Minutentakt, die täglichen E-Mail-Fluten oder SMS-Lawinen können die High-Tech-Lust schnell in einen Techno-Frust verwandeln. Während die technische Kommunikation zunimmt, verkümmert oft die normale mitmenschliche Beziehung: Jugendliche streicheln nebeneinander ihre Smartphones, Ehepartner sitzen stumm vorm Fernsehgerät, die Nachbarn werden gerade noch gegrüßt. Immer dann, wenn Dinge, die uns das Leben erleichtern sollen, zum Stressfaktor werden, ist es höchst Zeit, offline zu gehen und der digitalen Welt – zumindest zeitweise – den Rücken zu kehren.
Der heutige Fastensonntag lädt uns dazu ein auf unsere sozialen Defizite zu schauen. Dazu ist es notwendig nicht nur die E-Geräte einmal ganz runterzufahren, auf „offline“ zu schalten, sondern sich selbst einmal zu entladen, damit auch die eigene Batterie wieder aufgeladen werden kann. Ich lade Sie ein, mit mir diese Woche einmal auf „offline“ zu schalten und uns zu fragen: Wo bleibe ich selbst neben der Flut an Information, die täglich auf mich hereinströmt, sei es übers Internet oder über andere Medien. Wie viel Information brauche ich wirklich für ein glückliches Leben? Welche Beziehungen sind mir wirklich wichtig und wie pflege ich sie? Welche Sprache oder Gestik verwende ich gegenüber meinem Nächsten? Wie steht es um meine Beziehung zu Gott?
Kyrie:
„Allmächtiger Vater wir wissen, dass unsere menschlichen Schwächen es oft verhindern, dass wir Deinen Geboten nachkommen. Damit es uns aber gelingen möge, uns zu verändern, wollen wir im Kyrie Dein Erbarmen herabrufen.“
Lesung Gen 2 ,7.18-24:
Da formte Gott, der Herr, den Menschen aus Erde vom Ackerboden und blies in seine Nase den Lebensatem. So wurde der Mensch zu einem lebendigen Wesen. Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht. Gott, der Herr, formte aus dem Ackerboden alle Tiere des Feldes und alle Vögel des Himmels und führte sie dem Menschen zu, um zu sehen, wie er sie benennen würde. Und wie der Mensch jedes lebendige Wesen benannte, so sollte es heißen. Der Mensch gab Namen allem Vieh, den Vögeln des Himmels und allen Tieren des Feldes. Aber eine Hilfe, die dem Menschen entsprach, fand er nicht. Da ließ Gott, der Herr, einen tiefen Schlaf auf den Menschen fallen, sodass er einschlief, nahm eine seiner Rippen und verschloss ihre Stelle mit Fleisch. Gott, der Herr, baute aus der Rippe, die er vom Menschen genommen hatte, eine Frau und führte sie dem Menschen zu. Und der Mensch sprach: Das endlich ist Bein von meinem Bein /und Fleisch von meinem Fleisch. / Frau soll sie heißen, / denn vom Mann ist sie genommen. Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau und sie werden ein Fleisch.

Evangelium Joh 13, 1-15:
Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung. Es fand ein Mahl statt, und der Teufel hatte Judas, dem Sohn des Simon Iskariot, schon ins Herz gegeben, ihn zu verraten und auszuliefern. Jesus, der wusste, dass ihm der Vater alles in die Hand gegeben hatte und dass er von Gott gekommen war und zu Gott zurückkehrte, stand vom Mahl auf, legte sein Gewand ab und umgürtete sich mit einem Leinentuch. Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füße zu waschen und mit dem Leinentuch abzutrocknen, mit dem er umgürtet war. Als er zu Simon Petrus kam, sagte dieser zu ihm: Du, Herr, willst mir die Füße waschen? Jesus antwortete ihm: Was ich tue, verstehst du jetzt noch nicht; doch später wirst du es begreifen. Petrus entgegnete ihm: Niemals sollst du mir die Füße waschen! Jesus erwiderte ihm: Wenn ich dich nicht wasche, hast du keinen Anteil an mir. Da sagte Simon Petrus zu ihm: Herr, dann nicht nur meine Füße, sondern auch die Hände und das Haupt. Jesus sagte zu ihm: Wer vom Bad kommt, ist ganz rein und braucht sich nur noch die Füße zu waschen. Auch ihr seid rein, aber nicht alle. Er wusste nämlich, wer ihn verraten würde; darum sagte er: Ihr seid nicht alle rein. Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.

Predigt von Pfarrer Dietmar Dominik Stipsits:

Liebe ChristInnen!

„Ohne Beziehung fällt der Mensch ins Leere“, sagt C. G. Jung. Ich empfinde es daher als wesentlich, zu spüren: Da ist einer, der auf mich achtet, der mich be-achtet, der mich wichtig und ernst nimmt. Da ist einer, der mir das Gefühl des „Zu-Hause-Seins“ vermittelt, wo ich ankommen und loslassen kann. Da ist einer, der nicht nur meine Stimme hört, er hört mir wirklich zu, er hört auch noch die leisen Töne, die Untertöne heraus. Er spürt, was ich ihm sagen will, wenn ich traurig bin oder verzweifelt.

Es soll immer einer da sein, der mich schützt. In einer Welt, in der der Ellbogen mehr gilt als die ausgestreckte Hand, in der scheinbar nur einer vorankommen kann, der bereit ist, sich durchzuboxen, kann ich meine Schwäche und mein Versagen zeigen. Ich weiß mich dann in den Arm genommen und geborgen. Ich bin sicher, dass alles Bedrohliche abgewehrt wird durch die Zärtlichkeit und das Mitfühlen meines Gegenübers. Bei ihm bekomme ich Kraft für den neuen Tag.

Es soll immer einer da sein, der mir hilft. In mir steckt noch so viel drinnen, was erst entdeckt und gefördert werden muss. Das kann ich nicht alleine. Aber ich habe jemanden an meiner Seite, der mich hochhebt, der mich fordert, dem es wichtig ist, dass ich vorankomme, der mir hilft durch seine Liebe, der zu werden, der ich sein kann. Er freut sich mit mir, wenn ich etwas geschafft habe; er fühlt mit mir, wenn ich traurig bin und vergibt mir, wenn ich versagt habe.

Und diese Beschreibung von „Beziehung“ kann sich in allen menschlichen Beziehungen widerspiegeln, ob zwischen Eltern und Kinder, zwischen Mann und Frau als Ehepaar, zwischen Liebenden in Partnerschaften, zwischen Freunden, ja selbst zwischen Mitgliedern einer Gemeinschaft. Zuletzt wage ich zu behaupten, dass diese Sehnsüchte auch meine Beziehung mit Gott sehr gut beschreiben.

Dabei stelle ich mir selber die Frage: Wie pflegst du diese, deine Beziehungen? Welche Menschen sind dir besonders wichtig? In welcher Regelmäßigkeit bist du mit ihnen in Kontakt? Hab ich jemanden, an den ich mich wenden kann, wenn ich einen Rat brauche? Mit wem verbringe ich meine Freizeit? Wem vertraue ich tief? – Und wo gibt es evt. Beziehungen, die ich schon längst beenden hätte müssen, weil sie mir schlicht und einfach nicht gut tun?

Für mich ist das heutige Evangelium von der Fußwaschung Jesu ein sehr guter Leitfaden für die Gestaltung von Beziehung. In meinen Augen gelingen Beziehungen nicht dann, wenn ich Liebe einfordere – dann verwandelt sich Liebe in Gewalt -, sondern vor allem dann, wenn ich bereit bin, dem anderen zu dienen, wenn ich fähig bin, mich zurückzunehmen, wenn ich mich darum bemühe, mich hinzugeben. Genau diesen Weg hat Jesu vorgelebt, indem er seinen Freunden die Füße gewaschen hat.

„Ohne Beziehung fällt der Mensch ins Leere“, sagt C. G. Jung. Und Jesus hat uns gezeigt, dass Beziehungen dann gelingen, wenn wir bereit sind, uns zu verschenken: „Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe“ (Joh 13,15), heute und morgen und bis in Ewigkeit.

Fürbitten
Schöpferischer Gott, du hast uns als Abbild Gottes geschaffen und uns damit zu deinem Partner gemacht. Wir bitten dich:

• Schenke uns die Kraft der Entschleunigung, damit wir uns im Dschungel der Informationen nicht verlieren, sondern den Blick aufs Wesentliche richten können.

• Die vielen unterschiedlichen Sprachstile, die sich im letzten Jahrzehnt aufgrund der neuen Medien entwickelt haben, tragen oft dazu bei, dass sich Menschen voneinander immer mehr entfremden, obwohl sie ständing miteinander in Kontakt sind. Lass uns wieder die Sprache des Herzens entdecken.

• Trotz der vielen neuen Möglichkeiten der Kommunikation isolieren sich immer mehr Menschen und leiden an Realitätsverlust und zeigen Ängste im Umgang miteinander. Schenke ihnen die heilende Kraft der realen Begegnung und Berührung mit anderen Menschen.

• Im Gebet und im Gespräch mit dir möchtest du uns ganz nah sein und deine Beziehung zu uns vertiefen. Lass uns auch dafür Zeit finden, damit wir im Gespräch mit dir dich und uns selbst wieder neu entdecken können.

Durch deinen Sohn Jesus Christus willst du uns ganz nahe sein und schenkst uns deshalb nicht nur die Gabe der Kommunikation sondern auch der “communio” heute und in Ewigkeit. Amen.

 

Meditation

Manche Menschen wissen nicht, wie wichtig es ist, dass sie einfach da sind.
Manche Menschen wissen nicht, wie gut es tut, sie nur zu sehen.
Manche Menschen wissen nicht, wie tröstlich ihr gütiges Lächeln wirkt.
Manche Menschen wissen nicht, wie wohltuend ihre Nähe ist.
Manche Menschen wissen nicht, wie viel ärmer wir ohne sie wären.
Manche Menschen wissen nicht, dass sie ein Geschenk des Himmels sind.
Wir müssten es ihnen nur sagen!

 

Meditation 2

verBUNDen

Seit Anbeginn sind
Gott und Mensch
einander
ur-ähnlich
zuinnerst innig
verBUNDen.

Doch der Mensch
wurde wund
und beziehungsleer
der Bund.

Na und?

Doch Gott spricht
durch der Propheten Mund
und tut unglaublich Neues kund.

Er ruft hinein
in einen
beHERZten
Neu-Beginn
und lockt das Du
zum DU des Heiles hin

und berührt
mit seinem Liebesbund
des Menschen
offenen Herzensgrund
und sagt
sei gesund.

Und?

Hans Eidenberger SM