1. Fastensonntag: Jesus wird zum Tod verurteilt

Fastenzeit 2018
Leben – im Zeichen des Kreuzes auf unserem Weg

Leben in Ewigkeit, Auferstehung, Unsterblichkeit der Seele als Heilsbotschaft
am Ende des (Kreuz-) Weges im irdischen Dasein

Dieses Motto hat sich unser Liturgiekreis für die heurige Fastenzeit gewählt. Optisch werden wir begleitet von den Darstellungen der Kreuzwegstationen aus der Pfarrkirche im slowenischen Piran.

1. Station: Jesus wird zum Tod verurteilt

Verurteilt! Akzeptieren

den Kreuz-Weg auf sich nehmen im Glauben an die Auferstehung

 

Dazu ein Gedicht von Erich Fried:

Zu den Steinen
hat einer gesagt:
Seid menschlich

Die Steine haben gesagt:
Wir sind noch nicht
hart genug

 

Wer hört die Stimmen der Toleranten,
wer hört die Stimmen der Kompromissbereiten?

Die laute Masse entscheidet,
und macht „kurzen Prozess“.

Hören wir auf unsere innere Stimme, bevor wir be-urteilen,
hören wir auf unsere innere Stimme, bevor wir ver-urteilen!

Im Wissen um unsere menschlichen Schwächen und im Glauben an Gottes umfassende Barmherzigkeit wollen wir im Kyrie dein göttliches Erbarmen herbeirufen.

Kyrie eleison
Christe eleison
Kyrie eleison

 

Lesung: Römer 14 , 1 – 9

Nehmt auf den Rücksicht, der im Glauben unsicher ist!
Streitet nicht mit ihm über eure unterschiedlichen Auffassungen!
Der eine glaubt, er darf einfach alles essen. Aber wer unsicher ist, beschränkt sich darauf, Gemüse zu essen.
Wer alles isst, soll den nicht verachten, der nicht alles isst. Und wer nicht alles isst, soll den nicht verurteilen, der alles isst. Gott hat ihn doch angenommen.
Der eine unterscheidet bestimmte Tage. Der andere macht zwischen den Tagen keinen Unterschied. Jeder soll fest zu seiner eigenen Auffassung stehen!
Wer einen bestimmten Tag besonders beachtet, tut dies, um den Herrn zu ehren.
Wer alles isst, tut dies ebenso, um den Herrn zu ehren. Und er dankt Gott bei seinem Mahl.
Auch wer nicht alles isst, tut das, um den Herrn zu ehren. Und auch er dankt Gott bei seinem Mahl.
Keiner von uns lebt nur für sich selbst und keiner stirbt nur für sich selbst.
Denn wenn wir leben, leben wir für den Herrn.
Und wenn wir sterben, sterben wir für den Herrn.
Ob wir also leben oder ob wir sterben – immer gehören wir dem Herrn!
Denn das ist der Grund, warum Christus gestorben ist und wieder lebendig wurde: Er sollte der Herr sein über die Toten und die Lebenden.
Du Mensch, was bringt dich nur dazu, deinen Bruder oder deine Schwester zu verurteilen?
Und du Mensch, was bringt dich dazu, deinen Bruder oder deine Schwester zu verachten?
Wir werden doch alle vor dem Richterstuhl Gottes stehen!

 

Evangelium: Markus 10, 32-34

Auf dem Weg hinauf nach Jerusalem ging Jesus vor den anderen her.
Alle, die dabei waren, wunderten sich.
Aber die Jünger, die ihm nachfolgten, hatten Angst.
Da nahm Jesus die Zwölf noch einmal beiseite und sagte ihnen,
was nach dem Willen Gottes mit ihm geschehen sollte:
„Seht doch, wir ziehen jetzt hinauf nach Jerusalem.
Dort wird der Menschensohn den führenden Priestern und Schriftgelehrten ausgeliefert.
Sie werden ihn zum Tod verurteilen und ihn an die Heiden ausliefern, die unser Land besetzt haben.
Die werden ihn verspotten und anspucken, ihn auspeitschen und töten.
Aber nach drei Tagen wird er vom Tod auferstehen.“

 

Predigt von Pfarrer Dietmar D. Stipsits:

Liebe ChristInnen!

Von welchem Problem in der Gemeinde von Rom spricht Paulus in der heutigen Lesung aus dem Römerbrief? Ist es ein Problem zwischen Vegetariern und Fleischessern? Nein, darum geht’s nicht! In Rom standen sich vielmehr Anhänger einer freiheitlichen-paulinischen – von Paulus als Starke bezeichnet – und einer gesetzlich-asketischen Anschauung – die Schwachen genannt – gegenüber. Das Problem war also zur damaligen Zeit: Wie können Judenchristen, also Christen, die nach wie vor ihre jüdische Tradition leben und sich danach ausrichten, mit Heidenchristen, also jene, die sich an keine Speisevorschriften halten, zusammenleben?

Paulus selber bezieht hier klar Stellung, er verteidigt inhatlich die Starken, steht also auf der Seite der Heidenchristen. Kein Christ muss sich an irgendwelche Speisevorschriften halten. Gleichzeitig jedoch mahnt er die Heidenchristen, die Starken, also jene, die einen freiheitlichen Lebensstil pflegen, nicht über die Schwachen zu urteilen. Paulus mahnt beide Gruppen zur gegenseitigen Annahme, damit Juden- wie Heidenchristen mit ihrem jeweils verschiedenen Glaubens- und Lebensstil als gleichwertige Gemeindegenossen in Rom zusammenleben können.

Und beiden gibt Paulus einen Tipp, um dieses Problem zu lösen: die Schwachen sollen die andere Gruppe nicht richten, und die Starken sollen die anderen nicht verachten. Beide folgen doch dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus. Und beide werden vor den Richterstuhl Gottes treten. Daher hat keine Gruppe das Recht, zu urteilen oder gar zu verurteilen, meint Paulus.

Eine Regel stellt da Paulus auf, die ich nicht nur für die verschiedenen Gruppen – Liberale und Konservative – in unserer röm.-kath. Kirche in Erinnerung rufen möchte, sondern die grundsätzlich gilt: Dietmar, verurteile andere Menschen nicht, die einen anderen Standpunkt einnehmen als du! Hör auf damit, dich als stark anzusehen, und die anderen als schwach abzukanzeln! In dieser Haltung wird es dir nicht gelingen, mit anderen Menschen gut auszukommen und versöhnt das Miteinander zu gestalten. Paulus schreibt das nur wenige Verse danach: „Denn das Reich Gottes ist… Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist. Wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen geachtet“ (Röm 14,17f.).

Wenn ich mich bemühe, nach dem zu streben, was dem Frieden dient und was den Mitmenschen aufbaut (vgl. Röm 14,19), dann bin ich auf dem richtigen Weg – heute und bis in Ewigkeit.

 

Fürbitten:

Keiner von uns lebt nur für sich selbst und keiner stirbt nur für sich selbst: Wir sind alle Teil der Schöpfung Gottes.

  • Immer wieder kommt es im Zusammenleben von Familienmitgliedern oder Freunden zu Konflikten.
    Guter Gott, lass uns immer wieder mutig einen Neuanfang wagen und dabei kompromissbereit werden.

Wir bitten dich, erhöre uns.

  • Oft begegnen wir uns unbekannten Menschen mit Misstrauen, sogar mit Vorurteilen.
    Guter Gott, lass uns allen Mitmenschen gegenüber tolerant sein und dein Gebot der Nächstenliebe befolgen.
  • Unser Blick auf die Realität wird beeinflusst durch professionelle Strategien der Darstellung – es wird für uns schwierig, zwischen Sein und Schein unterscheiden zu können.
    Guter Gott, gib uns allen, besonders den Entscheidungsträgern in Kirche und Politik, die Fähigkeit zu kritischer Reflexion und verantwortungsvollem Handeln.
  • Unser Leben wird geregelt durch Worte, durch traditionelles Verhalten.
    Guter Gott, lass unsere Auslegung von Worten nicht zu eng begrenzt sein und ermutige uns in entscheidenden Momenten zu Großzügigkeit und Zivilcourage .

Lass uns mit deiner Unterstützung diesen Zielen folgen.
Darum bitten wir mit Christus, unserem Herrn.    Amen

 

Meditation:

5 Vorsätze (nach Mahatma Gandhi)

Ich will bei der Wahrheit bleiben – mir Zeit nehmen, mein Bild von der Realität zu hinterfragen.

Ich will mich keiner Ungerechtigkeit beugen.

Ich will frei sein von Furcht, bereit zu Zivilcourage.

Ich will keine Gewalt anwenden, auch keine psychische.

Ich will in jedem zuerst das Gute sehen und jedem eine Chance geben.

Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.