2. Fastensonntag: Jesus fällt unter dem Kreuz

Fastenzeit 2018
Leben – im Zeichen des Kreuzes auf unserem Weg

Leben in Ewigkeit, Auferstehung, Unsterblichkeit der Seele als Heilsbotschaft
am Ende des (Kreuz-) Weges im irdischen Dasein

Dieses Motto hat sich unser Liturgiekreis für die heurige Fastenzeit gewählt. Optisch werden wir begleitet von den Darstellungen der Kreuzwegstationen aus der Pfarrkirche im slowenischen Piran.

3. Station: Jesus fällt unter dem Kreuz

Der heutige 2. Fastensonntag steht unter dem Gedanken: Schmerz und Leid.
Dazu sehen wir ein Bild der 3. Station: Jesus fällt unter dem Kreuz!

Zu Fall oder an die Grenze kommen, Leid zu erfahren und von Schmerzen gepeinigt zu werden ist und bleibt auch in Zeiten beeindruckender medizinischer und fortschrittlicher Möglichkeiten eine der radikalsten Anfragen an das Leben. Körperliches und psychisches Leid kann uns Menschen in Bitterkeit, Anklage, Verzweiflung und Isolation treiben, sodass wir allen Sinn in Frage stellen. Sie können uns aber auch zum Innehalten und zur BeSINNung führen, sodass wir unser Lebenstempo und unsere Bedürfnisse überdenken.

Die heutigen Bibeltexte sprechen von Menschen, denen solches Leid widerfährt. Die berechtigte Frage bzw. Anklage „Warum gerade ich?“ schwingt dabei immer mit und ist sicherlich die größte Herausforderung für alle Religionen.

Unser christlicher Glaube ermöglicht es, dem Leid bzw. der Krankheit „ins Gesicht zu sehen“ und in der Gestalt Jesu eine Antwort darauf zu geben. Jesus hat Menschen in ihrer vielseitigen Belastung gesehen. Er lässt sich das Leid, die Krankheit und die Not der Menschen nahegehen und wendet sich den Hilfs- und Heilungsbedürftigen zu. Das gesamte Wirken Jesu ist darauf ausgerichtet, Unheilsituationen zu verwandeln, Neues aufbrechen zu lassen und Menschen wieder Leben in Fülle erfahren zu lassen.

Heute, am 2.Fastensonntag, möchten wir der Frage nachgehen, wo ich an meine Grenzen stoße, Leid und Schmerz ertragen muss. Die Fastenzeit und die heutige Eucharistiefeier lädt uns dazu ein, nach der stärkenden und heilenden Zuwendung Gottes Ausschau zu halten und dafür zu beten.

 

Kyrie eleison

 

Lesung (Ps 30,2-4.7-13)

Lesung aus Buch der Psalmen.
Ich preise dich, Herr; denn du hast mich aus der Tiefe gezogen
und lässt meine Feinde sich nicht über mich freuen.

Herr, mein Gott, da ich schrie zu dir, machtest du mich gesund.
Herr, du hast meine Seele geführt aus dem Reich des Todes;
du hast mich aufleben lassen unter denen, die in die Grube fuhren.

Ich aber sprach, als es mir gut ging:
Ich werde nimmermehr wanken.
Denn, Herr, durch dein Wohlgefallen
hattest du mich auf einen starken Fels gestellt.
Aber als du dein Antlitz verbargst, erschrak ich.
Zu dir, Herr, rief ich und flehte zu meinem Gott.
Was nützt dir mein Blut, wenn ich zur Grube fahre?
Wird dir auch der Staub danken und deine Treue verkündigen?

Herr, höre und sei mir gnädig!
Herr, sei mein Helfer!

Du hast mir meine Klage verwandelt in einen Reigen,
du hast mir den Sack der Trauer ausgezogen und mich mit Freude gegürtet,
dass ich dir lobsinge und nicht stille werde.
Herr, mein Gott, ich will dir danken in Ewigkeit.

Wort der Hl. Schrift.

 

Evangelium (Mk 2,1-12)

Nach etlichen Tagen ging Jesus wieder nach Kafarnaum; und es wurde bekannt, dass er im Haus war. Und es versammelten sich viele, sodass sie nicht Raum hatten, auch nicht draußen vor der Tür; und er sagte ihnen das Wort. Und es kamen einige, die brachten zu ihm einen Gelähmten, von vieren getragen. Und da sie ihn nicht zu ihm bringen konnten wegen der Menge, deckten sie das Dach auf, wo er war, gruben es auf und ließen das Bett herunter, auf dem der Gelähmte lag. Da nun Jesus ihren Glauben sah, sprach er zu dem Gelähmten: Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.

Es saßen da aber einige Schriftgelehrte und dachten in ihren Herzen: Wie redet der so? Er lästert Gott! Wer kann Sünden vergeben als Gott allein? Und Jesus erkannte alsbald in seinem Geist, dass sie so bei sich selbst dachten, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen? Was ist leichter, zu dem Gelähmten zu sagen: Dir sind deine Sünden vergeben, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh hin? Damit ihr aber wisst, dass der Menschensohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf Erden – sprach er zu dem Gelähmten: Ich sage dir, steh auf, nimm dein Bett und geh heim! Und er stand auf und nahm sogleich sein Bett und ging hinaus vor aller Augen, sodass sie sich alle entsetzten und Gott priesen und sprachen: Wir haben solches noch nie gesehen.

 

Predigt von Pfarrer Dietmar D. Stipsits

Liebe ChristInnen!

Leiden und Schmerzen vermeide ich; Tod, Krankheit und Gebrechlichkeit verdränge ich sehr gerne, weil ich meine, sie hindern mich daran, ein glückliches Leben zu führen. Leid wird also, so habe ich den Eindruck, sehr oft als Hemmschuh auf dem Weg zu einem erfüllten Leben angesehen. Ich gebe zu, dass es mir immer schwerfallen wird, das eigene Leiden anzunehmen, ja, es sogar zu umarmen und darauf zu vertrauen, dass auch im Leid eine Chance zum Neuaufbruch steckt.

Mein Leid kann sehr vielgestaltig sein. Es kann bedeuten, dass ich mit einer schweren körperlichen Erkrankung zu kämpfen habe, oder meinen Arbeitsplatz verloren habe. Leid kann ich erfahren, wenn meine Beziehung gescheitert ist, oder meine Partner ganz plötzlich gestorben ist. Leid kann bedeuten, dass ich depressiv bin und keinen Weg mehr finden kann für mich oder an anderen psychischen Erkrankungen leide. Leid ist ein sehr vielfältiger Erfahrungsbereich.

Doch in all diesen verschiedenen Situationen habe ich für mich einen Weg entdeckt, der mir dabei hilft, mit Leid gut umzugehen, mich mit dem Leid anzufreunden, es zu akzeptieren. Und dieser Weg besteht darin, dass ich das Leid aus der Isolierung heraushole und es mit jemandem teile, der es mit-tragen kann. Und da ist der Haken, meine ich. Ein großer Teil unseres/meines Leids bleibt verborgen, selbst unter engsten Freunden.

Wenn ich mich einsam fühle, wende ich mich an einen Menschen, dem ich vertraue, und sage ihm: „Ich bin sehr einsam und brauche deine Hilfe und deine Gesellschaft.“ Wenn mich Angst und Unruhe oder Enttäuschungen oder das Sterben meiner Partnerin/meines Partners plagen, überwinde ich mich und bitte eine Freundin/einen Freund, mir zur Seite zu stehen, für mich da zu sein, mir zuzuhören, mich in meinem Kummer und in meiner Trauer zu trösten.

Das heutige Evangelium hat uns genau darüber erzählt. Der Gelähmte hat sein Leid nicht für sich behalten, sondern seinen Freunden geklagt. Und diese brachten ihn daraufhin zu Jesus, damit Jesus ihn heilt. Geteiltes Leid ist der Anfang der Heilung. Davon erzählt m. E. immer wieder die Heilige Schrift und auch Jesus. Seine Botschaft ist eine ständige Einladung, eine Gemeinschaft zu bilden, wo eine für den anderen da ist, eine Gemeinschaft, die ganz alltäglich und einfach die Liebe lebt, eine Gemeinschaft, die selbst im tiefsten Leid, im Kreuzestod Jesu nicht aufhört zu hoffen, sondern darauf vertraut, dass Gott uns, dass Gott mich nie fallen lässt weder heute noch in Ewigkeit.

 

Fürbitten:

Stärkender und heilender Gott, in deinem Sohn Jesus Christus kommst du uns nahe, wenn wir Leid und Schmerz erleben. Wir wollen zu dir beten:

  • Tröste und stärke all jene, die Leid und Schmerz in ihrem Leben erfahren müssen, weil sie erkrankt oder aufgrund anderer Umstände an ihre Grenze gekommen sind.
  • Sei uns nahe, wenn wir von Schmerzen gepeinigt, unseren Glauben infragestellen, weil wir keine Antwort im Leid finden können.
  • Schenke der Kirche die nötige Weisheit das Leid der Welt durch deine Augen sehen zu können, damit wir den Menschen nahe sein können, die unsere Hilfe am nötigsten haben.
  • Bestärke auch all jene, die das Leid anderer auf sich geladen haben, weil sie Menschen in ihrem Leid begleiten.

Du bist uns in Jesus Christus ganz nahe gekommen und gingst dabei selbst an die Grenze menschlichen Daseins, deshalb kannst du uns am besten in unserem Schmerz verstehen. Sei uns auch heute nahe auf unserem Kreuzweg, jetzt und bis in Ewigkeit. AMEN.

 

Meditation:

(Variante 1)

Du erträgst mich
O Herr,
vor Dir kann ich
alle Fragen aussprechen.
Du wirst nicht ungeduldig.
Du hast Zeit,
unendlich viel Zeit.
Menschen, die zuhören können,
sind nach einiger Zeit
müde und überfordert.
Du bist nach stundenlanger Klage und Anklage
immer noch gesammelt und aufmerksam da,
so dass ich auspreche,
was ich noch niemandem gesagt habe.
Du erschrickst nicht.
Du hast meine Fragen nicht satt.
Bei Dir bin ich geborgen,
und ich bin mir gewiß:
Du erträst mich
mit all meinen Fragen
und Klagen.

(Martin Gutl)

 

(Variante 2)

Der Herr ist mein Hirt
Der Herr ist mein Hirt,
nichts kann mich töten.

Menschen beobachten mich.
Sie urteilen schnell.
Sie kennen mich kaum.
Ich bete zum Herr.
Der Herr ist mein Hirt.
Sein Blick reicht bis zum Grund meiner Seele.
Sein Blick birgt alle Güte der Welt.

Der Herr ist mein Hirt,
nichts wird mir fehlen.
Er wird nicht müde,
Tag und Nacht mein Beten zu hören.
Er bricht nicht zusammen unter der Last,
die ich ihm übergebe.
Er gibt mir die Kraft,
unverdrossen zu helfen.
Der Herr ist mein Hirt,
nichts kann mich töten.

Ich frage und suche,
ich denke und forsche,
doch die Frage brennt ständig in mir:
Woher und wohin?
Der Her ist mein Hirt,
er zeigt mir den Weg
vom Grübeln zum Glauben,
vom Engpass ins Weite.

Die Unruhe der Welt bedrängt mich sehr.
Beim Herrn finde ich Stille und Ruhe.

Er ist mein Fels,
wo alles sich auflöst.
Er ist mein Halt,
wo alle Stützen zerbrechen.
Er steht, wo wir fallen.
Er liebt, wo wir hassen.
Er schweigt, wo wir irren.
Er ist, wo wir werden.

Der Herr ist mein Hirt,
nichts kann mich töten.
Und muss ich durch dunkle Schluchten gehen,
ich fürchte kein Unheil.
Er ist bei mir.

(Martin Gutl, Nachdichtung des Psalms 23)