Morgengedanken – Du machst meine Finsternis hell (Ps 18,29)

Morgengedanken

„Du machst meine Finsternis hell“ (Psalm 18,29)

Sonntag, 09. Feber – Samstag, 15. Feber 2020

Sonntag, 09. Feb. 2020:

Die Botschaft der Bibel

Vor Kurzem, am 26. Jänner, haben wir heuer zum ersten Mal den sog. „Bibelsonntag“ gefeiert. Der Bischof von Rom, Papst Franziskus, hat ihn weltweit eingeführt, damit die Rolle der Bibel im Leben der christlichen Gemeinden gestärkt wird. Was möchte mir die Heilige Schrift vermitteln? Wie wird Gott in den verschiedenen Büchern der Bibel beschrieben? Was ist die Botschaft der Bibel, was ist der Kern meines christlichen Glaubens?

Viele werden diese Frage mit dem doppelten Liebesgebot beantworten, das im Grunde genommen ein dreifaches Gebot ist: Liebe Gott und liebe deinen Nächsten – wie dich selbst! Natürlich fasst dieses Gebot gut die Botschaft der Bibel zusammen. Ich möchte mit meinen Morgengedanken den Blickwinkel etwas erweitern: „Du führtest mich hinaus ins Weite… Du machst meine Finsternis hell“.

Mit diesen beiden Versen aus dem Psalm 18 (Verse 20 und 29) versuche ich aufzuzeigen, dass der Gott der Bibel einer ist, der Menschen immer wieder herausführt aus der Enge, dass Menschen, die so manche Dunkelheit in ihrem Leben erfahren mussten, von Gott herausgeführt werden ins Licht. Der Gott der Bibel ist ein Gott, der mein Leben hell machen möchte!

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Montag, 10. Feb. 2020:

Mose und Aaron – Aus der Knechtschaft in die Freiheit

Die Geschichte schlechthin des Volkes Israel, ist die Geschichte des Exodus. Das kleine Volk Israel, das in Ägypten unter der Versklavung durch den Pharao zutiefst leidet, wird von Gott heraus- und ins Gelobte Land hineingeführt. Diese Geschichte ist das zentrale Glaubensbekenntnis des Volkes Israel. Mose spielt dabei eine wichtige Rolle. Gott beruft ihn zum Anführer des Volkes. Damit tut sich Mose ziemlich schwer. Gott gibt ihm Aaron als Hilfe zur Seite. Gemeinsam führen sie das Volk aus der Versklavung in die Freiheit.

Wenn diese Geschichte die wichtigste Erfahrung des Volkes Israel mit ihrem Gott ist, dann erkenne ich in dieser Exoduserzählung, was ich im Psalm 18,20 lese: „Du führtest mich hinaus ins Weite“. Aus der Enge des Frondienstes führt Gott sein Volk in die Weite, ins Gelobte Land.

Was knechtet mich? Was hält mich in meinem Leben gefangen? Worunter leide ich? Was engt mich und mein Leben ein? Die Exodus-Geschichte sagt mir: Gott möchte mich nicht als seinen Sklaven, er unterdrückt mich nicht, sondern will mich als freien Menschen. Ja, du, Gott, führst auch mich ins Weite!

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Dienstag, 11. Feb. 2020:

Hanna

Hanna wird uns im 1. Samuelbuch vorgestellt als Frau, die keine Kinder bekommen kann. Im Tempel in Schilo legt sie ein Gelübde ab: Wenn sie einen männlichen Nachkommen bekommt, will sie diesen Jungen Gott überlassen. Nachdem sie nach Hause zurückgekehrt ist, wird Hanna tatsächlich schwanger und gebiert ihren Sohn Samuel. Nach der Zeit der Entwöhnung bringt sie dann, wie sie es versprochen hat, Samuel in den Tempel, wo er seinen Dienst verrichtet.

Die Geschichte von Hanna ist auch heute aktuell. Gar nicht so wenige Paare sehnen sich nach einem Kind, wollen eine Familie gründen. Jahr um Jahr vergeht, aber die Frau wird nicht schwanger. „Warum klappt es denn nicht? Es ist doch das Normalste der Welt, Kinder zu bekommen. Warum geht unser Kinderwunsch nicht in Erfüllung?“, fragen sich dann viele.

Hanna bedeutet übersetzt: „Gott hat sich erbarmt“. Mit Hanna können auch hier und heute Paare, die sich verzweifelt ein Kind wünschen, zu Gott beten und darauf hoffen, dass sich Gott tatsächlich erbarmt, dass Gott ihre Finsternis der Kinderlosigkeit hell macht und ihnen ein Kind schenkt.

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Mittwoch, 12. Feb. 2020:

Tobit

Im Buch Tobit wird uns vom alten Tobit erzählt. Anders als die übrigen Israeliten in der Verbannung in Ninive war Tobit einer, der den Geboten Gottes treu ist und barmherzig mit seinen Mitmenschen umgeht. Weil er verbotenerweise ermordete Israeliten begräbt, wird er von den damaligen Machthabern verfolgt und erblindet durch ein Missgeschick.

Die Ärzte verschlimmern nur alles. Er bittet im Gebet Gott um Hilfe, verheimlicht dabei nicht seine Fehler. Tobias, sein Sohn, kommt nach einer Reise nach Midian mit einem Heilmittel zurück zu seinem Vater. Damit erlangt Tobit sein Augenlicht wieder.

Eine wunderschöne Erzählung, wie der Gott der Bibel Menschen aus schwierigen Situationen rettet, in diesem Fall von einer Krankheit heilt und das Leben Tobits wieder hell macht. Tobit erlebt wortwörtlich: „Du, Gott, machst meine Finsternis hell“ (Ps 18,29).

Mir sagt Tobit: Selbst in einer ausweglosen Erkrankung vertrau auf Gott. Er hat dich nicht vergessen. Bleib Gott treu und geh barmherzig mit deinen Mitmenschen um. Dann kann auch so manche Finsternis, z. B. eine Krankheit wieder hell werden. Tobit hat es genauso erlebt.

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Donnerstag, 13. Feb. 2020:

Elija

Im 1. Buch der Könige finden wir die Geschichte des Propheten Elija. Sein Name verrät schon den Inhalt der ganzen Elija-Erzählung, Elija bedeutet: Mein Gott ist JHWH. Elija stellt sich nämlich vehement gegen König Ahab und dessen Frau Isebel, die den Glauben an JHWH aufgegeben haben, um Baal und Aschera anzubeten.

Dieser Konflikt führt letztlich zu einer Morddrohung Isebels an Elija. Elija muss in die Wüste flüchten und resigniert dort völlig: „Nun ist es genug, Herr. Nimm mein Leben; denn ich bin nicht besser als meine Väter“ (1 Kön 19,4). Tiefste Depression würden wir heute dazu sagen, völlige Finsternis.

In dieser finsteren Lebenskrise Elijas begegnet er einem Engel, der ihm aufträgt, sich zu stärken und zum Gottesberg Horeb zu gehen. Dort begegnet ihm Gott in einem „sanften, leisen Säuseln“. Durch diese Gottesbegegnung ermutigt, spürt Elija frische Kraft und neuen Mut in sich, um wieder für JHWH einzutreten und seinen Auftrag fortzusetzen.

Elija wird in seiner aussichtslosen Depression von Gott nicht alleine gelassen. Elija erlebt in seiner Ohnmacht: „Du, Gott, führtest mich hinaus ins Weite… Du machst meine Finsternis hell“.

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Freitag, 14. Feb. 2020:

Maria Magdalena

Eine letzte Geschichte möchte ich erzählen, die mir auch ganz deutlich zeigt, dass Gott so manche Finsternis hell machen kann. Es ist die Geschichte der Maria Magdalena. Matthäus erzählt in seinem Evangelium, dass Maria Magdalena Jesus auch in seiner kritischsten Zeit im Leben, bei seiner Kreuzigung nicht alleine gelassen hat.

Was wird sich Maria Magdalena dabei wohl gedacht haben, als Jesus am Kreuz starb, und sie dann dabei half, Jesus zu begraben? „Jetzt ist alles aus. So viel Hoffnung hat Jesus uns geschenkt und neuen Lebensmut. Und jetzt ist er am Kreuz gestorben.“ Der Tod als wohl finsterste Finsternis, die man sich vorstellen kann. Der Tod als das absolute Ende, kein Ausweg, alles vorbei.

Maria Magdalena zeigt mir, dass selbst in einer derart ausweglosen Situation der Psalm 18 recht behält. Ja, Maria Magdalena ist die Erste, die dem auferstandenen Jesus begegnet, und sie ist es, die den anderen Jüngern mitteilt: „Gott macht auch die Finsternis des Todes hell. Jesus lebt. Er führt uns alle in die Weite, in seine Weite des Lebens in Fülle!“

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Samstag, 15. Feb. 2020:

Meine Enge, meine Finsternis?

Es geht in der Bibel nicht nur um Liebe. Mit meinen Morgengedanken in dieser Woche wollte ich aufzeigen, wie Altbekanntes plötzlich eine ganz neue Bedeutung bekommen kann. Die beiden Verse aus dem Psalm 18 haben mir in den letzten Monaten diesen neuen Zugang, diese neue Sichtweise ermöglicht: „Du führtest mich hinaus ins Weite… Du machst meine Finsternis hell“ (Ps 18,20.29).

Mit verschiedenen Menschen aus der Heiligen Schrift habe ich dargelegt, dass sich für mich diese beiden Psalmverse wie ein roter Faden durch die ganze Bibel ziehen. Der Gott der Bibel ist einer, der die Menschen ins Weite führte und führt. Und sie zeigen mir, dass Gott immer wieder für Menschen da ist, die in verschiedensten dunklen Lebenssituationen sind, egal ob es Versklavung ist oder Kinderlosigkeit, Krankheit oder tiefste Depression oder sogar der Tod.

Wenn ich die Heilige Schrift zur Hand nehme und darin lese, erfahre ich als Christ, dass Gott auch meine Finsternis hell macht, dass Gott mich nicht einengen möchte, mich nicht unter Druck setzt, mich nicht bestraft, sondern einzig und allein hinausführt ins Weite.

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