Erzbistum Köln: Gutachten belastet den heutigen Hamburger Bischof Heße schwer

Im Zuge der Aufarbeitung von Missbrauch im deutschen Erzbistum Köln wurden am Donnerstag dem heutigen Hamburger Erzbischof Stefan Heße Pflichtverletzungen vorgeworfen. Die Rede ist von der Vertuschung zum Teil schweren Kindesmissbrauchs in Hunderten Fällen.

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat sich laut dem Missbrauchsgutachten der Strafrechtler Kerstin Stirner und Björn Gercke keine Pflichtverletzungen in Sachen Missbrauchsaufarbeitung zuschulden kommen lassen. Dagegen gab es bei anderen Kölner Oberhirten mehrere Pflichtverletzungen bei Verdachtsfällen, so die Verfasser des Gutachtens der Kanzlei Gercke und Wollschläger am Donnerstag in Köln.

Am Donnerstag, 18.03.2021, wurde das Kölner Missbrauchsgutachten veröffentlicht. Ein Fall, der Kardinal Rainer Maria Woelki selbst betrifft, sorgt besonders für Debatten: Hätte er ihn nach Rom melden müssen? Ja, ist der Kirchenrechtler Norbert Lüdecke überzeugt.

Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße hat Papst Franziskus seinen Rücktritt angeboten und ihn um eine sofortige Entpflichtung von seinem Amt gebeten. Das teilte der Erzbischof am Donnerstagnachmittag in einer persönlichen Erklärung mit. Damit wolle er „Schaden vom Amt des Erzbischofs und vom Erzbistum Hamburg“ abwenden. Heße betonte zudem, „immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt“ zu haben. Er habe mit vielen Betroffenen Gespräche geführt, um ihnen zuzuhören und sie zu verstehen. Ihm sei bewusst, dass er Fehler gemacht habe. Erst recht mit dem Blick von heute würden ihm diese Fehler bewusst.

Erzbischof Stefan Heße hat dem Papst seinen Rücktritt angeboten. In einem Brief an die Gemeinden seiner Diözese nennt er Einzelheiten. Darin gibt er an, sich nie an Vertuschung beteiligt zu haben – und wirft einen nachdenklichen Blick in die Zukunft.

Das Missbrauchs-Gutachten des Strafrechtlers Björn Gercke hat heute den Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki entlastet. Einer der schärfsten Kritiker des Erzbischofs war in den letzten Monaten der Münsteraner Kirchenrechts-Professor Thomas Schüller. Was jetzt von seinen Vorwürfen bleibt, wie er die Zukunft des Hamburger Erzbischof Stefan Heße sieht und wo in dem neuen Gutachten gelogen wird, sagt er im Interview mit „Kirche-und-Leben.de“.

Nach Ansicht des vatikanischen Experten für Missbrauchsprävention, Hans Zollner, bleibt das vom Erzbistum Köln vorgelegte Missbrauchs-Gutachten „im Ansatz und im Ergebnis hinter dem zurück“, was sich viele „als gerechten und guten Umgang mit Betroffenen gewünscht hätten“. Eine Aufarbeitung nach kirchlichem Selbstverständnis umfasse viel mehr.

Vergangene Woche stellte der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki ein Gutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen in seinem Bistum vor. Es war die zweite Untersuchung, die er dazu in Auftrag gab, ein erstes Gutachten hatte er wegen „methodischer Mängel“ über Monate zurückgehalten. Nun konnten Betroffene erstmals Einblick in das zuerst erstellte Dokument werfen, einer von ihnen ist Karl Haucke. Der hpd hat mit ihm gesprochen.

Prof. Dr. Hermann Häring analysiert das Verhalten von Kardinal Woelki in seinem Artikel und kommt zu folgendem Schluss: „Im Jahr 1985 belegte Johannes Paul II. – in einem Anfall von päpstlicher Überheblichkeit – den brasilianischen Theologen Leonardo Boff mit einem Bußschweigen. Ein Jahr solle er sich zurückziehen und über seine Irrlehren nachdenken. Kirchendienern, die der Kirche so sehr schaden wie Sie, verehrter Herr Kardinal, sollte ein Bußschweigen von mindestens einem Jahrzehnt auferlegt werden. Dem Gottesvolk sei aber gewünscht, in unserer Periode amtskirchlicher Selbstzerstörung möge es einen wohlbedachten eigenverantwortlichen Weg finden. Nicht das Gottesvolk trennt sich von Leuten wie Woelki, denn er hat sich zuvor vom Gottesvolk getrennt.“