Bischof Erwin Kräutler: „Farbe bekennen, heißt das Leben riskieren“

FOCUS-SENDUNG auf ORF-Vorarlberg vom 11. Juni 2011

      Die Sendung zum Nachhören

Wasserkraftwerk Belo Monte

Vor vier Wochen seien in Brasilien vier Personen hinterrücks erschossen worden, weil sie sich für die Erhaltung des Regenwaldes und die Natur Amazoniens eingesetzt haben.

Die Vergabe der Baulizenz für das weltweit drittgrößte Wasserkraftwerk Belo Monte durch die brasilianische Regierung am 1. Juni 2011 ist eine enorme Bedrohung für die Menschen, entlang des Xingu – eines Nebenflusses des Amazonas. Mehr als 30 Jahre lang erhebt Bischof Erwin Kräutler gemeinsam mit den indigenen Völkern, Ökologen und Projektgegnern die Stimme gegen Belo Monte.

Er sei absolut nicht gegen die Wasserkraft, das sei ihm unterstellt worden, aber die Art und Weise, wie hier vorgegangen worden sei, das sei gegen die Menschenrechte, das sei ein irreparabler Schaden für die Ökologie, es sei auch ein Affront für die Familien, die seit urvordenklichen Zeiten entlang des Xingu leben und hier ihre Lebensgrundlagen finden.

Sorge um die Zukunft der Menschen

Die vorgesehenen Erdbewegungen seien in der Größenordnung des Panamakanals. Der geplante Staudamm habe eine Länge von 1620 m und eine Höhe von 93 m. Der Staudamm bringe einen Stausee und das sei ein toter, ein fauler See, weil er tropischen Regenwald überflute.

Ein Drittel der Stadt Altamira, Bischofssitz mit 105 000 Einwohnern, die einzige Stadt am linksseitigen Ufer des Xingu, werde überflutet. Mindestens 30.000 Menschen sind von diesem Projekt betroffen, sagt Bischof Erwin Kräutler. Die während der Planungsphase proklamierte Anhörung der Bevölkerung sei zur Farce geworden. Man habe den Leuten nur Vorteile versprochen, die Folge sei letztendlich die Zwangsumsiedlung von Menschen, spart Bischof Erwin nicht mit heftigen Vorwürfen gegenüber der brasilianischen Regierung.

Er – Kräutler- sei sehr besorgt über die Zukunft der Menschen am Xingu, wenn das Wasserkraftwerk tatsächlich gebaut wird.

„Respekt vor allen Menschen“

Option für die Armen lautet seine Leitlinie: „Für mich sind Glauben und Leben nicht zwei Paar Schuhe. Ich glaube, dass unser Glaube für die Menschenrechte ist, für den Respekt vor allen Menschen“, umschreibt Bischof Erwin seine programmatische Leitlinie.

Einen großen Erfolg bezeichnet Bischof Erwin die 1987 erfolgte Aufnahme der Grundrechte der indigenen Völker in die brasilianische Verfassung. Bis dahin waren die Indios Unmündigen bzw. Menschen mit Behinderung gleichgestellt.

Siehe auch:

Vorarlberg.orf.at, 11.6.2011 (mit Videobeitrag)
Belo Monte: Bischof Kräutler kritisiert Firmen
Bischof Erwin Kräutler kritisiert im ORF-Vorarlberg-Interview österreichische und deutsche Firmen, die mit dem brasilianischen Kraftwerksprojekt Belo Monte Geld verdienen. Es gebe auch eine ethische Komponente, so der gebürtige Vorarlberger.