Morgengedanken, 13. – 19. Nov. 2022

Morgengedanken: Mut-Mach-Geschichten in der Bibel

Sonntag, 13. Nov. – Samstag, 19. Nov. 2022

Sonntag, 13. Nov. 2022:

Die Bibel – ein Buch, das Mut macht

„Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut“ (Gen 1,31). Schon gleich am Beginn der Bibel finde ich eine Geschichte, die mir Mut zuspricht. Schon in der Schöpfungsgeschichte ist die Botschaft der Bibel eine Mut machende Botschaft. Und diese Mut-Mach-Geschichten ziehen sich wie ein roter Faden durch die ganze Hl. Schrift:

Bei Mose z. B., dem Gott selber Mut zuspricht, indem er ihm seinen Namen verrät. Mose findet dadurch Kraft, um das Volk Israel aus Ägypten herauszuführen (Ex 3).

Oder die schwierige Zeit des Exils. Die Israeliten mussten ins Exil nach Babylon, alle Hoffnung ist geschwunden. Da finde ich die Mut-Mach-Texte im 2. Teil des Jesajabuches, wo der Prophet dem Volk Mut zuspricht: Bleibt Gott treu. Er hat euch nicht verlassen. Er führt euch wieder zurück in euer Heimatland. Alles wird gut!

Oder die 150 Psalmen, die mir Mut vermitteln: Wer mit Gott in Verbindung bleibt, wer zu ihm betet – egal in welcher Lebenssituation -, der wird Gottes Nähe und Hilfe erfahren.

Die Bibel, eine Sammlung von zahllosen Mut-Mach-Geschichten. Davon möchte ich in dieser Woche erzählen.

Zum Nachhören auf religion.orf.at

 

Montag, 14. Nov. 2022:

Psalm 121 – Gott behütet mich

Ein besonderer Mut-mach-Text ist für mich der Psalm 121. Zunächst, weil er von Mendelssohn Bartholdy in seinem Oratorium „Elias“ so wunderbar vertont wurde. Jedesmal, wenn ich diese Musik höre, fühle ich mich geborgen und ahne etwas davon, was mir der Psalm vermitteln möchte: Gott behütet mein Leben, Gott behütet mich vor allem Bösen (Ps 121,7). Dreimal wird zunächst von Gott als „Hüter“ gesprochen und anschließend ist dreimal von „behüten“ die Rede.

Diese Botschaft ist mir für mein Christsein ganz wichtig. Ich vertraue darauf: Gott behütet mich. Deshalb bete ich den Psalm 121 so gerne. Er macht mir Mut, dass es einen Gott gibt, der mich persönlich kennt. Ja, mehr noch, dass es einen Gott gibt, der auch auf mich schaut, der für mich und mein Leben sorgt und der nicht möchte, dass mir etwas Böses passiert. So ist Gott zu mir, so ist Gott zu uns Menschen:

„Ich erhebe meine Augen zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? … Meine Hilfe kommt vom Herrn, dem Schöpfer von Himmel und Erde … Gott behütet dich vor allem Bösen, er behütet dein Leben.“ (Ps 121,1-2.7)

Zum Nachhören auf religion.orf.at

 

Dienstag, 15. Nov. 2022:

Hosea – Gott liebt sein Volk (Hos 11)

Auch das Buch Hosea im Alten Testament ist für mich ein Buch, das mir Mut macht, allem voran eine Stelle im 11. Kapitel, wo es heißt: „Wie könnte ich dich preisgeben, Efraim, wie dich ausliefern, Israel? … Gegen mich selbst wendet sich mein Herz, heftig entbrannt ist mein Mitleid. Ich will meinen glühenden Zorn nicht vollstrecken … Denn ich bin Gott, nicht ein Mensch, der Heilige in deiner Mitte. Darum komme ich nicht in der Hitze des Zorns.“ (Hos 11,8-9)

Worum geht es in diesem Buch Hosea? Obwohl das Volk sich im Laufe der Geschichte oft von Gott abgewendet, also gesündigt hat, lässt Gott sein Volk nicht fallen. Gott kümmert sich trotzdem liebevoll um sein Volk. Genau das wird im 11. Kapitel des Buches Hosea beschrieben, und zwar so, dass Gott ganz menschlich, ja wie eine fürsorgliche Mutter dargestellt wird.

Mut macht mir diese Stelle, wenn ich auf mich und mein Verhältnis zu Gott sehe: Auch wenn ich in meinem Leben manches oder sogar vieles falsch mache, Gott lässt mich nie fallen. Gott bleibt an meiner Seite. Gott kümmert sich immer ganz leidenschaftlich und liebevoll um mich.

Zum Nachhören auf religion.orf.at

 

Mittwoch, 16. Nov. 2022:

Josef gibt nicht auf (Gen 37 – 50)

Eine Mut-Mach-Geschichte, die ich seit Kindesbeinen an vom Schulunterricht kenne, ist die Geschichte von Josef, dem Sohn von Jakob und Rahel, im Buch Genesis. Josef scheint der Lieblingssohn zu sein, was bei seinen 11 Brüdern alles andere als gut ankommt. Sie werden eifersüchtig und neidisch auf ihn und planen, ihn sogar umzubringen. Letztlich wird Josef jedoch als Sklave nach Ägypten verkauft, wo er weitere Schwierigkeiten zu meistern hat. Aufgrund seiner Tüchtigkeit wird er dann jedoch vom Pharao zum Vizekönig ernannt, um eine große Hungersnot zu überwinden.

Diese Hungersnot bringt seine Brüder zu ihm. Erst bei der zweiten Begegnung gibt sich Josef seinen Brüdern zu erkennen. Und hier passiert dann für mich das Mutmachende der ganzen Josefsgeschichte. Josef zahlt ihnen das erlittene Unrecht und Leid nicht heim, sondern vergibt ihnen, ermöglicht Versöhnung. Josefs Liebe ist stärker als aller Hass seiner Brüder.

Dieser Josef lebt Vergebung. Wie oft erfahre ich in Gesprächen, dass Familien zerstritten sind auf Teufel komm raus, und das über Jahre, ja sogar über Jahrzehnte. Die Josefsgeschichte macht mir Mut, gerade auch in der eigenen Familie Vergebung zu schenken und Vergebung zuzulassen.

Zum Nachhören auf religion.orf.at

 

Donnerstag, 17. Nov. 2022:

Fürchte dich nicht! (Zef 3,11-17)

Zu den Mut-Mach-Texten in der Bibel zählt für mich auch ein kurzer Abschnitt des Buches Zefanja. Wolfgang A. Mozart bezieht sich im sehr bekannten „dies irae“, Tag des Zorns, seines Requiems textlich auf Verse im 1. Kapitel. Diese Bilder bedrücken mich eher. Wenn ich jedoch das 3. Kapitel des Buches Zefanja lese, dann entdecke ich darin sehr viel, das mir Mut macht.

Das ganze Buch Zefanja erzählt ja im Grunde genommen davon, dass der Prophet Zefanja sich gegen das falsche Handeln der Jerusalemer Oberschicht wendet. Er klagt die reichen Herren an, und zeigt auf, dass Gott auf der Seite der Armen und Unterdrückten steht.

Im 3. Kapitel lese ich, dass Gott die Menschen leidenschaftlich und bedingungslos liebt: Das Unrecht muss endlich ein Ende finden. Hört auf, einander anzulügen! Lebt friedvoll miteinander: „Fürchte dich nicht, Zion! Lass die Hände nicht sinken! Der Herr, dein Gott, ist in deiner Mitte; ein Held, der Rettung bringt.“ (Zef 3,16f.) Darum geht es Gott, und das macht mir Mut: an einer Welt mitzuarbeiten, wo wir friedvoll miteinander umgehen und wo den Armen kein Unrecht mehr angetan wird. Da ist Gott mitten unter uns erfahrbar.

Zum Nachhören auf religion.orf.at

 

Freitag, 18. Nov. 2022:

Der barmherzige Samariter (Lk 10,25-36)

Auch das Neue Testament ist voll von Mut-Mach-Geschichten. Eine davon ist für mich die Erzählung im Lukasevangelium vom barmherzigen Samariter im 10. Kapitel. Lukas erzählt uns von einem Überfallenen.

Ein Priester und danach ein Levit sehen diesen zwar, gehen aber weiter und helfen nicht. Danach kommt ein Samariter vorbei, der dem Schwerverletzten hilft. Samariter galten als eine Art Sekte und wurden von den Juden gemieden. Wäre der Überfallene womöglich schon tot gewesen, hätte sich der Priester durch Berührung entweiht, der Levit wäre für 7 Tage rituell unrein gewesen. Kein Wunder, dass Priester und Levit, also die religiös viel beschäftigten Frommen, den Schwerverletzten ignorierten, um ihren Dienst tun zu können. Sie vertraten sicher den Standpunkt, gesetzestreu zu handeln.

Für Jesus scheint nicht die Zugehörigkeit zum religiösen Establishment entscheidend zu sein, um ein gottgefälliges und gelingendes Leben zu führen, sondern der liebende Umgang mit dem Mitmenschen. Deshalb ist diese Erzählung eine Mut-Mach-Geschichte für mich: Jesus interessiert es nicht, ob und wenn ja,  welcher Kirche oder Religion ich angehöre, sondern in seinen Augen handelt der im Sinne Gottes, der bereit ist, dem Mitmenschen zu helfen.

Zum Nachhören auf religion.orf.at

 

Samstag, 19. Nov. 2022:

Zachäus – Jesus ist gekommen, um zu retten (Lk 19,1-10)

Von einer letzten Mut-Mach-Geschichte möchte ich erzählen, nämlich vom Zöllner Zachäus, von dem der Evangelist Lukas im 19. Kapitel schreibt: Jesus kommt nach Jericho, und der Oberpächter Zachäus scheint neugierig zu sein: Wer ist denn dieser Jesus? Nicht nur, dass Zachäus Jesus vom Baum herab zu sehen bekommt, nein, Jesus lädt sich sogar selbst ein, will Zachäus zu Hause besuchen. Und die Geschichte endet mit diesem für mich so wichtigen, weil Mut machenden Satz Jesu: „Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lk 19,10).

Ein Mensch, der Zöllner, verändert sich, wo er die Zuwendung Jesu erfährt, wo er sich von Jesus angenommen weiß. Liebe kann Menschen zum Guten verwandeln, sei es in Bekanntschaft und Freundschaft, in Ehe und Familie oder in verschiedenen anderen Bereichen des Lebens. Was noch so viele Mahnungen und Strafen und Ausgrenzungen nicht erreichen, kann Zuwendung und Liebe bewirken.

Am Schluss der Erzählung macht mir Jesus Mut. Das alles gilt nicht nur dem Zachäus, es gilt für jeden Menschen. Gott macht sich auf die Suche nach mir! Gott möchte mich retten! Wenn das nicht Mut macht!

Zum Nachhören auf religion.orf.at