„Alternativer Nobelpreis“ für Bischof Erwin Kräutler

Alternativer Nobelpreis an Bischof Erwin Kräutler

Einsatz für indigene Bevölkerung

Der aus Österreich stammende brasilianische Bischof Erwin Kräutler erhält den „Alternativen Nobelpreis 2010“. Er bekommt ihn für seinen Einsatz für die Rechte indigener Völker, sowie für sein Engagement, den Amazonas-Urwald vor der Zerstörung zu bewahren. Im Ö1-Interview erklärt Bischof Kräutler was der Preis für ihn bedeutet.

Kräutler fühlt sich gestärkt

Als Rückendeckung gegenüber der brasilianischen Politik empfindet Bischof Erwin Kräutler seine Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreises 2010. Der aus Österreich stammende brasilianische Bischof der Diözese Xingu wird für seinen Einsatz für die Rechte der indigenen Völker und für sein Engagement für den Schutz des Regenwaldes geehrt. Unter anderem kämpft er seit Jahren gegen das große Kraftwerks-Projekt Belo Monte in seiner Diözese Xingu. Kräutler sagt, Brasilien sollte die Chance nützen, und in alternative Energie investieren. Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, wirft er vor, für die indigenen Völker „nicht viel übrig“ zu haben.

Kräutler unterstreicht die drohende Gefahr einer „Zerstörung Amazoniens“ und verweist darauf, dass die „Indigenas“ durch den Belomonte-Staudamm ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen und ihrer Lebensgrundlage beraubt würden.

Ö1-Beiträge zu diesem Thema sowie aktuelles Interview mit Dom Erwin Kräutler

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Der mutige Bischof aus dem Amazonasgebiet

„Alternativer Nobelpreis“ für Bischof Erwin Kräutler in Brasilien

Der katholische Bischof Erwin Kräutler in Brasilien erhält in diesem Jahr den „Alternativen Nobelpreis“. Der aus Österreich stammende Geistliche habe sich sein ganzes Leben für die Menschenrechte der indianischen Bevölkerung eingesetzt, teilte die Right-Livelihood-Award-Stiftung am Donnerstag in Stockholm mit.

Kräutler werde geehrt für seinen Einsatz zugunsten der indigenen Völker und „sein unermüdliches Engagement, den Urwald des Amazonas vor der Zerstörung zu bewahren“, hieß es zur Begründung. Der Umweltaktivist Bassey erhalte den Preis „weil er die ökologischen und menschlichen Kosten der Ölforderung aufzeigt und mit seinem Einsatz Umweltbewegungen in Nigeria und der ganzen Welt stärkt“. Upadhyay und seine Entwicklungshilfe-Organisation hätten bewiesen „wie die Mobilisierung von Dorfgemeinschaften Armut überwinden kann“. Die israelische Ärztevereinigung werde ausgezeichnet „für ihren unbezähmbaren Geist, mit dem sie für das Recht auf Gesundheit für alle Menschen in Israel und Palästina einstehen“.

Der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer würdigte Kräutlers „großes Engagement“. Die Auszeichnung solle ihn ermutigen, seine Arbeit im Sinne von Menschenrechten und Umweltschutz konsequent fortzusetzen, erklärte er in Wien. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) in Göttingen nannte Kräutler das „wichtigste Sprachrohr der Indianer Brasiliens“. Die Auszeichnung sei eine längst überfällige Anerkennung seines selbstlosen Einsatzes.

Seit 45 Jahren in Brasilien
Am 12. Juli 1939 im österreichischen Koblach geboren, ging Kräutler bereits 1965 als Missionar nach Brasilien. Dort leitet er seit 1981 als Nachfolger seines Onkels das Amazonas-Bistum Xingu, die flächenmäßig größte Diözese des Landes. In dieser Funktion und als Präsident des Indianermissionsrates der Brasilianischen Bischofskonferenz CIMI setzt er sich seit Jahrzehnten für den Schutz des Regenwaldes, die Armen und Benachteiligten, die Rechte der Ureinwohner und die Landlosen ein.

Schon mehrere Mitarbeiter Kräutlers wurden ermordet, zuletzt 2005 die US-Ordensfrau und Umweltaktivistin Dorothy Stang. Auch der Bischof selbst erhält Morddrohungen, steht unter Polizeischutz. Sein Engagement brachte und bringt ihn immer wieder ins Visier der politisch und wirtschaftlich Mächtigen.

1983 wurde er international bekannt als „der verprügelte Bischof“. Kräutler hatte sich mit Neusiedlern solidarisiert, die seit einem Jahr vergeblich auf Geld für die an eine große Zuckerfabrik abgelieferte Ernte warteten. Nachdem alle Behördengänge fehlgeschlagen waren, besetzten die Siedler mit ihren Familien eine Straße in der Nähe der Bischofsstadt Altamira. Als die Militärpolizei eingriff, nahm sie auch Kräutler fest. Fotografen und Fernsehleute dokumentierten, wie die Militärs den Bischof in den Polizeigriff nahmen, zu Boden rissen und abtransportierten.

Man solle ihn deswegen nicht zum Helden machen, meinte Kräutler nach dem Zwischenfall. Er habe nur getan, was sich für einen Bischof gehöre: Er sei bei den Menschen gewesen, die ihn am meisten brauchten. Nach Ende der Militärdiktatur 1985 sind es Bergwerksgesellschafter, Holzhändler und Großgrundbesitzer, die ihn bedrohen. 1987 wird er bei einem mysteriösen Autounfall, dessen Ursachen und Hintergründe weiter ungeklärt sind, schwer verletzt. Zuvor hatte er sich als CIMI-Präsident bei der verfassungsgebenden Versammlung dafür eingesetzt, die Rechte der Indigenen in der Verfassung zu verankern – was ihm gelang.

Vielleicht sind es auch diese Erfolge, die ihn weiter unbeirrt öffentlich politische, soziale und wirtschaftliche Missstände anprangern lassen – allen Verleumdungen, Einschüchterungen und Drohungen zum Trotz. „Ich glaube daran, dass das, was ich mache, mein Auftrag und mein Weg ist, auch wenn es nicht so einfach ist, 24 Stunden am Tag unter Polizeischutz zu stehen und keinen persönlichen Freiraum mehr zu haben“, beschrieb er im Herbst in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) seine Motivation. Er wolle dem Volk, dem er seit 1965 verbunden ist, nicht den Rücken zukehren.

„Mein Leben ist wie der Amazonas“
Ähnlich kämpferisch gibt sich der Bischof in seinem Buch „Mein Leben ist wie der Amazonas“. Darin schreibt Kräutler, er spüre „die Ohnmacht angesichts so vieler Ungerechtigkeit“ und sei „empört über all die Ausbeutung und Plünderung der Menschen und ihrer Mit-Welt.“ Aber trotz aller Aufs und Abs: Er sei als junger Priester freiwillig nach Brasilien gegangen „und werde das durchziehen, bis ich 75 Jahre alt bin“.

Der von dem deutsch-schwedischen Journalisten Jakob von Uexküll begründete Preis wurde bislang an rund 140 Personen aus fast 60 Ländern verliehen, die beispielhaft auf die dringlichsten Herausforderungen der Menschheit antworten. Er wird seit 1980 vergeben. Die diesjährige Preisverleihung findet am 6. Dezember im Schwedischen Reichstag statt.
(domradio.de, kna,adveniat,epd)