3. Fastensonntag: „GOTTES Liebe und Güte zwischen mir und jeder andren Liebe“

Fastenzeit 2016: Weg der Barmherzigkeit

3. Fastensonntag
„GOTTES Liebe und Güte zwischen mir und jeder andren Liebe“

EINLEITUNG

Im Hinblick auf das von Papst Franziskus für heuer ausgerufene Jahr der Barmherzigkeit haben wir für unsere Pfarre für die heurige Fastenzeit das Motto „Weg der Barmherzigkeit“ ausgewählt.

Durch den heutigen 3. Fastensonntag führt uns ein Vers aus einem alten irischen Gebet :

„GOTTES Liebe und Güte zwischen mir und jeder andren Liebe und Güte“

Barmherzigkeit ist mehr als Gerechtigkeit –
Barmherzigkeit kennt keine Obergrenze, kennt keine Richtwerte.
Wir sind gefordert, an unserer „Kultur der Liebe“ zu arbeiten. Liebe und Güte sind ohne Alternative und verbinden jede Kirche und jede Religion, damit auch alle Menschen mit ihren Bedürfnissen:
Im Hören auf sein Ich, auf das Du, in der Beschäftigung mit dem „Dahinter“ eines Menschen, dem Erlebten, entsteht Verstehen.
Jeder kennt die Sehnsucht, verstanden zu werden, die Sehnsucht, geliebt zu werden.
Immer noch zeitgemäß – vielleicht aktueller denn je – ist die Aussage von Meister Eckhart, einem Mönch aus dem Mittelalter:
„Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart; der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gegenübersteht; das wichtigste Werk ist die Liebe.“

Im Wissen um unsere menschlichen Schwächen und im Glauben an Gottes umfassende Barmherzigkeit wollen wir im Kyrie Dein Göttliches Erbarmen herabrufen.

 

LESUNG aus dem Buch Sirach, Kap. 18, Vers 1- 12

Der ewig lebt, der hat alles miteinander geschaffen. Der Herr allein ist gerecht. Niemand kann seine Werke aufzählen. Wer kann seine großen Taten erforschen? Wer kann seine große Macht ermessen?
Wer kann seine große Barmherzigkeit genug preisen?
Man kann sie weder vermindern noch vermehren und kann seine großen Wunder nicht erforschen.
Selbst wenn ein Mensch dabei sein Bestes getan hat, so ist’s noch kaum angefangen; und wenn er aufhört, merkt er erst, wie viel noch fehlt.
Aber was ist der Mensch? Wozu taugt er? Was kann er nutzen oder schaden? Wenn er lange lebt, so lebt er hundert Jahre. Wie ein Tröpflein Wasser im Meer und wie ein Körnlein Sand, so gering sind seine Jahre im Vergleich mit der Ewigkeit.
Darum hat Gott Geduld mit den Menschen und schüttet seine Barmherzigkeit über sie aus. Er sieht und weiß, wie bitter ihr Ende ist; darum erbarmt er sich umso herzlicher über sie.
Die Barmherzigkeit eines Menschen gilt allein seinem Nächsten; Gottes Barmherzigkeit aber gilt der ganzen Welt.

 

EVANGELIUM nach Lk 13, 1- 9

Zu jener Zeit kamen einige Leute zu Jesus
und berichteten ihm von den Galiläern,
die Pilatus beim Opfern umbringen ließ,
so daß sich ihr Blut mit dem ihrer Opfertiere vermischte.
Da sagte er zu ihnen:
Meint ihr, daß nur diese Galiläer Sünder waren,
weil das mit ihnen geschehen ist,
alle anderen Galiläer aber nicht?
Nein, im Gegenteil:
Ihr alle werdet genauso umkommen,
wenn ihr euch nicht bekehrt.
Oder jene achtzehn Menschen,
die beim Einsturz des Turms von Schiloach erschlagen wurden –
meint ihr, daß nur sie Schuld auf sich geladen hatten,
alle anderen Einwohner von Jerusalem aber nicht?
Nein, im Gegenteil:
Ihr alle werdet genauso umkommen,
wenn ihr euch nicht bekehrt.
Und er erzählte ihnen dieses Gleichnis:
Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum;
und als er kam und nachsah, ob er Früchte trug, fand er keine.
Da sagte er zu seinem Weingärtner:
Jetzt komme ich schon drei Jahre und sehe nach,
ob dieser Feigenbaum Früchte trägt, und finde nichts.
Hau ihn um! Was soll er weiter dem Boden seine Kraft nehmen?
Der Weingärtner erwiderte:
Herr, laß ihn dieses Jahr noch stehen;
ich will den Boden um ihn herum aufgraben und düngen.
Vielleicht trägt er doch noch Früchte;
wenn nicht, dann laß ihn umhauen.

 

PREDIGT von Pfarrer Dietmar Dominik Stipsits:

Liebe ChristInnen!

„Wer nicht liebt, habt kein Dasein, ist nicht da, ist gestorben. Wer Lust zu lieben hat, steht von den Toten auf, und nur wer liebt, ist lebendig“, formulierte es einmal Robert Walser. Ja, je länger ich Seelsorger bin, umso mehr verstärkt sich in mir die Erfahrung, dass ein Menschenleben nur dann gelingt, wenn er liebt und geliebt wird, wenn er also selber Liebe erfährt und geschenkt bekommt und ebenso fähig ist, Liebe zu verschenken.

Wohl eine der größten Sehnsüchte ist es, von einem anderen Menschen geliebt zu werden, von einem anderen bedingungslos angenommen zu sein. Da erfahre ich mich als wertvoll, wenn ich von einem anderen Menschen geliebt werde. Und plötzlich kann ich meinen Alltag viel besser und einfacher auch und vor allem sehr motiviert anpacken, gestalten und einiges bewegen. Erfahrene Liebe macht mich tatsächlich, wie es Robert Walser gesagt hat, lebendig!

Wenn ich auf Jesus schaue, dann entdecke ich das bei ihm bei fast jeder seiner Begegnungen. Jesus lebte eine Liebe, die sich immer wieder verschenkt hat an die andern. Mit seiner Art zu lieben hat er andere immer wieder berührt und umarmt, hat ihnen Nähe geschenkt. Sie fühlten sich wohl und verstanden. Ich meine, dass von Jesus eine Wärme, Zärtlichkeit und Liebe ausging, die anderen vermittelte, dass sie ganz und gar angenommen sind, dass sie tatsächlich Töchter und Söhne Gottes sind. Im heutigen Evangelium ging es genau um diese liebevolle „Sorge“ Jesu für die andern.

Wenn ich so auf die vielen Menschen schaue, mit denen ich ins Gespräch komme, dann sehe ich jedoch oft sehr viel Angst. Das fängt mitunter sogar schon bei den Kindern an, angstvolle SchülerInnen, Kurgäste mit verschiedensten Ängsten, ängstliche Angestellte und Arbeiter, Eltern mit viel Angst, Priester, die sich fürchten, aber mitunter auch nach wie vor angstvolle Gläubige. Und meistens steht hinter ihnen eine drohende Gestalt und hält sie strikt unter Kontrolle: ein Vater, eine Lehrerin, ein Arzt, ein Chef, ein Bischof, eine Kirche, mitunter auch ein Gott…

„Darum erbarmt Gott sich umso herzlicher über sie… Gottes Barmherzigkeit aber gilt der ganzen Welt“ (Sir 18,12f.), haben wir in der Lesung aus dem Buch Jesus Sirach gehört. Genau das hat Jesus auch gelebt im Umgang mit den Menschen, und das möchte er auch mir zusagen, dass die Barmherzigkeit, die Liebe stets stärker ist als all meine Ängste. „Glaube daran! Vertraue darauf!“, sagt mir Jesus zu.

„Wer nicht liebt, habt kein Dasein, ist nicht da, ist gestorben. Wer Lust zu lieben hat, steht von den Toten auf, und nur wer liebt, ist lebendig.“- Ich habe Lust zu lieben – heute und morgen und bis in Ewigkeit.

 

FÜRBITTEN
1. Viele von uns leiden darunter, mit ihren Bedürfnissen nicht verstanden zu werden.
Gütiger Vater, lass uns mit deiner Zuwendung jedem unserer Mitmenschen verständnisvoll begegnen.

Alle: Wir bitten Dich, erhöre uns.

2. Mit unserem Wunsch, für unsere Kinder das Beste zu wollen, gehen wir sehr oft an deren wirklichen Bedürfnissen vorbei.
Gütiger Vater, lass uns in unseren Familien mit deiner Zuwendung zu einer gelungenen Kommunikation finden.

3. Für die Einheit der Christen zu beten könnte ein Anfang für die Verbindung jeder Religion mit den Menschen sein.
Gütiger Vater, lass auch uns mit deiner Zuwendung in Menschen mit anderen Konfessionen Schwestern und Brüder sehen.

4. Lasset uns beten für die Entscheidungsträger der Politik:
Gütiger Gott, lass sie mit deiner Zuwendung humane und nicht nur rechtlich einwandfreie Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit finden.

Lasst uns mit Gottes Liebe und Güte diesen Zielen folgen. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.

 

MEDITATION
Jemand hat zu mir gesprochen

Jemand hat zu mir gesprochen
– und nicht an mir vorbei.

Jemand hat sich mit mir eingelassen
– und nicht das Risiko gescheut.

Jemand hat mir zugehört
– und nicht auf die Uhr gesehen.

Jemand hat sich mir zugewandt
– und nicht ungeduldige Augen gemacht.

Jemand hat mich mitgenommen
– und nicht sitzenlassen.

Jemand hat sich helfen lassen
– und nicht stolz abgelehnt.

Jemand hat sich als Christ bewährt.

„Die wichtigste Stunde ist immer die Gegenwart; der bedeutendste Mensch ist immer der, der dir gegenübersteht; das wichtigste Werk ist die Liebe.“