Morgengedanken April 2018: Samuel und Ijob

Samuel und Ijob (8.4.2018)

Das Alte Testament kennt unzählige Geschichten, die über Menschen erzählen und ihre Erlebnisse mit Gott. Diese Erzählungen sind voll mit Lebenserfahrungen. In meinen Morgengedanken habe ich mir zwei Personen des Alten Testaments ausgesucht, von denen ich ein wenig erzählen möchte. Dabei werde ich zeigen, welche Bedeutung deren Geschichten für mein persönliches Leben haben und wie aktuell nach wie vor diese uralten Erzählungen sind.

Da ist auf der einen Seite Samuel: Die zunächst kinderlos gebliebene Hanna bringt Samuel auf die Welt. Bereits als kleines Kind wird der Knabe von seiner Mutter in die Obhut des Tempelpriesters Eli gegeben. – Wie ich Gott begegnen kann und was dafür notwendig ist, zeigt mir die Geschichte des Samuel.

Danach wird uns Ijob begleiten: Stimmt es wirklich, dass es mir gut geht in meinem Leben, wenn ich brav bin? Und wenn ich Böses tue, werde ich von Gott bestraft? Ijob erfährt, dass das nicht stimmt. – Wie Ijob mit Gott spricht, und wie er mit der Frage nach der Ursache des Leidens umgeht, ist für mich Hilfe für mein eigenes Leben.

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Samuel und die Stille der Nacht (9.4.2018)

In der Stille der Nacht vernimmt der junge Samuel eine Stimme, welche er für jene Elis hält, des alten Tempelpriesters, und er antwortet dem Eli: Hier bin ich! Mich berührt dieses Bild der Berufung des jungen Samuel, das ich im dritten Kapitel des 1. Samuelbuches nachlesen kann. Der in geistlichen Dingen eigentlich erfahrene Eli erkennt auch erst beim dritten Mal, was hier vor sich geht, dass Gott hier am Werk ist. Wenn die Welt sich zum Schlaf und somit zur Ruhe gelegt hat, wenn Stille die heiligen Hallen erfüllt, tritt Gott auf den Plan.

Eli sagt Samuel jedoch nicht: „Bete jetzt ohne Unterlass!“ oder: „Sei wachsam, bis du die Stimme neuerlich hörst!“, nein, Eli rät dem Samuel: „Schlaf weiter, bis du diese Stimme wiederum hörst!“ Tatsächlich erreicht der Ruf nunmehr zum vierten Mal Samuels Ohr oder besser gesagt Samuels Herz, und Samuel antwortet jetzt nicht nur mit seinem „Hier bin ich!“, sondern er versichert der Stimme, dass er hört, zuhört: „Rede, denn dein Diener hört!“ – In der Stille kann ich Gottes Stimme in mir hören.

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Gott ist der Handelnde (10.4.2018)

Die Geschichte der Berufung Samuels im dritten Kapitel des 1. Samuelbuches finde ich überaus tiefgehend:

  1. Sie zeigt mir, dass Berufung immer von Gott ausgeht. KeineR beruft sich selbst, sondern Gott ist der zuerst Handelnde.
  2. Gott ruft in der Stille. Wer Gottes Stimme vernehmen will, muss dem Lärm des Alltags entfliehen und sich in die Stille begeben. Und das ist gerade in unserer Zeit alles andere als einfach.
  3. Wer einE LernendeR auf dem Weg zu Gott sein möchte, der bedarf der Hilfe eines Erfahrenen, eines Meisters/einer Meisterin, der/die ihn auf seinem Weg begleitet und beisteht.

Manchmal befinde ich mich in existenziellen Krisensituationen in meinem Leben, und dann meine ich meistens, jetzt müsse ich der Aktive sein, muss ich etwas leisten/tun, um die Situation zu meistern. Die Berufung des Samuel sagt mir, dass Wesentliches dann geschieht, wenn ich schlafe, wenn ich also der Passive bin, der, der offen ist, um zu empfangen. Und das gelingt mir – sagt mir die Geschichte – in der Stille und nicht in der Geschäftigkeit.

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Wie Ijob betet (11.4.2018)

Eine andere Person im Alten Testament vermittelt mir etwas Wichtiges für mein gelebtes Christsein: Ijob, aus dem gleichnamigen Buch. Wer ist er? Ijob war reich. Hatte Besitz, Herden, eine große Familie und eine stählerne Gesundheit. Dann wurde ihm all sein Besitz genommen, seine zehn Kinder starben und zu guter Letzt war auch seine eigene Gesundheit dahin. Er saß mit Wunden und Geschwüren bedeckt auf einem Aschehaufen und fragte sich ganz einfach: „Warum? Warum muss ich soviel Leid aushalten?“

Die ewige Frage nach dem „Warum?“ – Warum ist es so? Warum kann Gott dies zulassen? Warum muss mir so etwas passieren? Und ich frage mich dabei: Wer sagt, dass ich diese Frage runterschlucken muss? Wer sagt, dass ich Leid und Schmerz in Stille und Demut zu ertragen habe, anstatt meinen Schmerz herauszuschreien?

Gebet bedeutet für mich, dass ich meine Enttäuschung, meine Wut, meinen Ärger, meinen Schmerz ausdrücke, ihn hinausschreien darf ohne Rücksicht auf andere, ohne Rücksicht auf Gott, von dem ich die Frage „Warum?“ beantwortet haben möchte. Gebet muss für mich immer ehrlich, authentisch sein.

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Warum, Gott? (12.4.2018)

Die Geschichte von Ijob im gleichnamigen Buch des Alten Testaments vermittelt mir: Ich brauche mich vor Gott nicht verstellen. So nachdrücklich, wie es Ijob getan hat, darf auch ich Gott mit der anklagenden Frage nach dem „Warum“ konfrontieren.

Das ist für mich Gebet in seiner intensivsten und menschlichsten Form, weil es Gott mitten hineinnimmt in meine Not, in meine totale Depression, in meine absolute Ohnmacht. Was für seine Freunde Frevel und Gotteslästerung ist, wird für Ijob zur Rettung. Sein Schicksal verändert sich, weil er fragt, weil er klagt, weil er anklagt und sich nicht einfach in sein Schicksal ergibt.

So wie Ijob beten zu können, das wünsche ich mir immer wieder, weil ich mich selber mit meinen Grenzen, mit meiner Angst und meinem Leid ernst nehme, und weil ich damit auch Gott einen Zugang zu mir ermögliche, weil ich damit Gott Raum gebe dort, wo ich ihn am wenigsten verstehe und doch am nötigsten brauche. Und die ewige Frage nach dem „Warum?“ beantwortet mir Gott mit der Zusicherung: „Ich bin da!“

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Ijobs Leid (13.4.2018)

Leiden und Schmerzen vermeide ich; Tod, Krankheit und Gebrechlichkeit verdränge ich sehr gerne, weil ich meine, sie hindern mich daran, ein glückliches Leben zu führen. Ich gebe zu, dass es mir immer schwerfallen wird, das eigene Leiden anzunehmen, ja, es sogar zu umarmen und darauf zu vertrauen, dass auch im Leid eine Chance zum Neuaufbruch steckt.

Mein Leid kann sehr vielgestaltig sein. Es kann bedeuten, dass ich mit einer schweren körperlichen Erkrankung kämpfen muss, oder meinen Arbeitsplatz verloren habe. Leid kann ich erfahren, wenn meine Beziehung gescheitert, oder meine Partner ganz plötzlich gestorben ist. Leid kann bedeuten, dass ich depressiv bin und keinen Weg mehr finden kann für mich. Leid ist ein sehr vielfältiger Erfahrungsbereich, zeigt uns auch die Geschichte von Ijob.

Ijob zeigt mir jedoch einen Weg, der mir dabei hilft, mit Leid gut umzugehen, mich mit dem Leid anzufreunden, es zu akzeptieren. Und dieser Weg besteht darin, dass ich das Leid aus der Isolierung heraushole und es mit jemandem teile, so wie Ijob es getan hat.

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Ijob erzählt von seinem Leid (14.4.2018)

Ijob behält sein Leid nicht für sich, sondern erzählt darüber seinen Freunden. Dieser Ijob sagt zu mir: Wenn du dich einsam fühlst, wende dich an einen Menschen, dem du vertraust, und sag ihm: „Ich bin sehr einsam und brauche jetzt deine Hilfe und deine Gesellschaft.“ Wenn dich Angst oder Enttäuschungen oder das Sterben deiner Partnerin/deines Partners plagen, überwinde dich und bitte eine Freundin/einen Freund, dir zur Seite zu stehen, für dich da zu sein, dir zuzuhören, dich in deinem Kummer und in deiner Trauer zu trösten.

So wie Ijob sein Leid teilte, so soll auch ich mein Leid einer guten Freundin/einem guten Freund klagen. Geteiltes Leid ist der Anfang der Heilung. Die Ijob-Geschichte ist für mich eine Einladung, Beziehungen zu knüpfen, wo eine für den anderen da ist, Freundschaften zu pflegen und dadurch ganz alltäglich und einfach die Liebe leben, eine Gemeinschaft zu sein, die – egal wie groß mein Leid ist – nicht aufhört zu hoffen, sondern darauf vertraut, dass Gott uns, dass Gott mich nie fallen lässt. Ijob teilt sein Leid, und Heilung wird möglich.

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