Mariasdorf

Die spätgotische Kirche zu Mariae Himmelfahrt (15. August) wurde vermutlich in der Zeit zwischen 1400 und 1490 erbaut, jedoch nie ganz fertiggestellt. Vermutlich gab es bereits im 13. Jahrhundert eine Kirche. Dr. Ilona Valter vermutet das aus der Beobachtung, dass es in der Südwand des Chores der heutigen gotischen Kirche zwischen den beiden Strebepfeilern eine halbkreisbogige, vermauerte Türöffnung gibt. An der Innenseite befindet sich eine gotische Sitznische mit einem Profil aus dem 14. Jahrhundert. Dr. Valter vermutet, dass diese vermauerte Öffnung der Eingang der romanischen Kirche war, die Chormauer aber ein Teil der Südwand des romanischen Schiffes.

Über den Ursprung der Kirche wissen wir wenig. Historisch gesichert scheint die Tatsache, dass, nachdem die Brüder Kanizsai 1392 den Besitz des ungarischen königlichen Herrschaftsgutes Bernstein für sich sichern konnten, mit dem Bau einer großzügig geplanten Pfarrkirche begonnen wurde. Laut „Donationsbrief von Bernstein“ aus dem Jahr 1392 geht hervor, dass es lediglich 2 Eisenhammerhäuser gab (I. Valter, Die Pfarr- und Wallfahrtskirche von Mariasdorf, 15). Dass die Kirche daher für Bergknappen errichtet worden wäre, wie es vielfach behauptet wird (u. a. Georg Wacha in den „Burgenländischen Heimatblättern“, Band 39 aus dem Jahr 1977, Seite 85), ist sehr unwahrscheinlich. Der Bergbau erlangte in der Region erst im 16. Jh. größere Bedeutung. Zudem waren die Knappen in dieser Zeit zumindest bis 1632/1633 „uncatholische“ (= evangelische) Bergleute. Damals erging dann die Resolution durch Kaiser Ferdinand II., dass das Bergwerk in Zukunft nur mit katholischen Knappen zu betreiben sei. Dies schien überaus schwierig zu sein, „da man katholische Knappen zur Zeit nicht bekommen kann.“ (vgl. H. Prickler, Burgenländische Forschungen, Heft 41, 201).

Nach den baulichen Merkmalen wurde Anfang des 15. Jahrhunderts zunächst das Presbyterium der Kirche errichtet. Die Geschichte des Bernsteiner Burgdominiums war in der zweiten Hälfe des 15. Jhs. sehr wechselvoll. Nach der Besetzung der Westungarischen Komitate 1446 durch König Friedrich IV. lösten einander die Pfandherren und Burgvögte in kurzen Zeitspannen ab. Daher grenzt es an ein Wunder, dass gegen Ende des 15. Jahrhunderts an der Kirche trotzdem weitergebaut wurde. Wahrscheinlich entstand in dieser Zeit das Kirchenschiff, das unvollendete Westportal mit dem Tympanon (Die Aufschrift auf der Sohlbank (siehe unteres Bild) bedeutet entweder „Anno 1409“ oder „Anno 1490“), die Sakristei, darunter das Ossarium (Gebeinhaus), das alte Sakramentenhäuschen an der Nordwand mit der eingemeißelten Jahreszahl 1483, und die beiden Treppentürme. Bereits in der Visitation Kazó 1697 wird ein hölzerner Turm an der Westseite der Kirche erwähnt, der beim Brand am 28.01.1849 zerstört wurde. Danach gab es eine Gaupe im Kirchendach an dessen Stelle, wie auf alten Bildern zu erkennen ist. Erst mit der Regotisierung wurde der Dachreiter in der Mitte des Kirchendachs errichtet (29.09.1883).

Nach barocken Umbauten im 17. und 18. Jahrhundert ist die Kirche in den Jahren von 1882 bis 1899 durch immensen Einsatz des damaligen Pfarrers Alois Baumgartner und unter der künstlerischen Leitung von Emmerich (Imre) Steindl, dem Architekten des ungarischen Parlaments, im Stil des Historismus renoviert, von barocken Zutaten befreit, vollendet und teilweise umgestaltet worden. Der neugotische, aus farbiger Majolika gefertigte Hochaltar, die Kanzel und das Taufbecken stammen aus der Keramikfabrik Zsolnay in Pécs/Fünfkirchen in Ungarn und stellen eine kunsthistorische Rarität dar. Die beiden Glasfenster an der Südseite wurden nach Plänen von Steindl von Maximilian Roth 1888 in Budapest angefertigt (Hl. Emmerich, hl. Martin und hl. Margarete von Ungarn sowie hl. Gerhard, hl. Stephan von Ungarn und hl. Adalbert). Am 27.10.1888 – nachdem das Interieur der Kirche fertig war – wurde die Kirche durch Karl Stegmüller, tit. Abt und Kanoniker in Szombathely (in Vertretung von Diözesanbischof Kornél Hidasy) eingeweiht. Am 19.10.1889 wurde der Seitenaltar fertig und eingeweiht. Im Mai 1899 begann der Budapester Maler János Glaser die Ausmalung der Kirche und vollendete die Arbeit in zwei Monaten. Im Februar 1902 wurde der Kreuzweg gesegnet (Terrakotta-Bilder einer französischen Firma, die die Innsbrucker Firma Müller bemalte). Die Kirche wird in keiner der Visitationsberichte als Wallfahrtskirche bezeichnet.

In den Jahren 2000 und 2001 wurden in und um die Kirche herum geologische Untersuchungen durch das technische Büro Binder&Balogh aus Innsbruck und Bodenradar-Vermessungen durch das Physik-Institut Köhler aus Potzdam durchgeführt. Die Untersuchungen ergaben, dass sich unter dem Presbyterium der Kirche Mauerreste einer Kirche, sowie Grablegungen in drei Schichten unter dem Kirchenschiff und rund um die Kirche befinden. Das Alter des früheren Kirchenbaus und des Friedhofs könnten allerdings nur durch eine Ausgrabung festgestellt werden.

Der neue Volksaltar, der Ambo und die Sessio aus Holz wurden 2005 vom burgenländischen Künstler und Bildhauers Thomas Resetarits geschaffen. Von 2008 – 2010 wurden unter Pfarrer P. Alfons Jestl CSsR die Majolika-Einrichtungen (Hochaltar, Kanzel und Taufbecken) durch Restauratorin Klára Csáki aus Pècs renoviert.

Die mechanische Orgel entstand 1886 in der Werkstatt von Ferdinand Peppert aus Szombathely. Sie verfügt über 10 Register. Manual: Principal 8′, Principal 4′, Superoktave 2′ Mixtur 1 1/3′ 2-fach, Viberation (= Rohrflöte 4′), Flöte 4′ (= späterer Umbau aus dem ehemaligen Bourdon 8′), Coppel 8′, Gamba 8′ (Ergänzung aus dem Jahr 1941?; nur dieses Register ist pneumatisch). Pedal: Subbass 16′, Violonbaß 8′. Pedalkoppel. Die Orgel wurde 2013 von der Fa. Bodem generalrenoviert.

Da der Sockel der Apsis im nordöstlichen Teil feucht ist (was bereits in Protokollen von 1904 nach der Regotisierung erwähnt wird), wurde 2010 der Putz abgeschlagen und im Außenbereich ein Lüftungsschacht entlang des Fundaments gemacht. 2016 wurde der Altarraum wieder verputzt und 2017 rekonstruierte der akademische Maler Miro Stikar die Schablonenmalerei.

Link zum Kirchen-Fotoalbum

Dr. Ludwig Bitnitz hat in „Notizen“ der „Mittheilungen der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale“, Band 1/1856 (Ausgabe 7, Juli 1856, 139) auch das untere Gesims des Bogenfeldes (= Tympanon) erwähnt und folgende Abbildung veröffentlicht (Diese Aufschrift auf der rechten Seite des Gesims soll nach Dr. Ilona Valter vermutlich 1490 bedeuten):

Die Österr. Kunsttopographie, Die Kunstdenkmäler des politischen Bezirkes Oberwart von 1974 hat von der Aufschrift folgende Abbildung, 242 (A. Schmeller-Kitt schreibt dort: „Nach neuester Forschung ist die Inschrift sicher als ‚Anno 1409‘ zu lesen.“):

Alte Ansichten der Pfarrkirche Mariasdorf findet man auch auf best-of-burgenland.com

Weitere und umfassende Details zur Pfarrkirche Mariasdorf im Büchlein, das Dr. Ilona Valter (Archäologin des Landesinspektorats für Denkmalpflege, Ungarn) verfasst hat: Pfarr- und Wallfahrtskirche von Mariasdorf, Hrsg.: Pfarrer Mag. Emmerich Salat, Styria, Graz o. J.).

Führungen in der spätgotischen Kirche Mariasdorf:

Gerne halten wir Führungen in deutscher Sprache für Gruppen in der spätgotischen Kirche Mariasdorf. Dafür zuständig ist unser Pastoralassistent i. R. Mag. Gustav Krammer. Sonstige Führungen sind nicht erlaubt. Für die Führung erbitten wir eine freiwillige Spende (€ 1.- pro Person) zum Erhalt unserer Pfarrkirche.

Ansichtskarten und Kirchenführer in deutsch, englisch, und ungarischer Sprache liegen in der Pfarrkirche auf.

Sie können auch eine Andacht in der Kirche halten oder – wenn Sie einen Priester mitbringen – Eucharistie feiern.

Anfragen und Anmeldung richten Sie bitte an unsere Pfarrkanzlei.