Der Arbeitskreis Liturgie unserer Pfarrgemeinde Bad Tatzmannsdorf hat sich für die heurige Fastenzeit das Thema „Pilger der Hoffnung“, das Motto des heurigen „Heiligen Jahres 2025“ gewählt, und wird Fastensonntag für Fastensonntag zu Beginn des 10-Uhr-Gottesdienstes jeweils eine persönliche Hoffnungsgeschichte erzählen.
Hoffnungsgeschichte zum 1. Fastensonntag: „Wüste als Kraftort“: Als Kind erlebte ich, dass das Leben mehr ist, als mein Horizont ermessen kann. Es entwickelte sich eine Welt von Wunsch und Phantasie. Hoffnung war noch nicht in meinem Wortschatz. Jedoch das Bewusstsein, jenseits des Hügels gibt es ein Land von aufregenden Überraschungen. So machte ich mich an das Leben – Schritt für Schritt, lernte Schönes und Trauriges kennen. Mit 31 Jahren hatte ich einen tragischen Verkehrsunfall. Am Tag darauf komme ich zu meinen Eltern, die schon informiert waren. Mein Vater murmelt: „Schön, dass du am Leben bist.“ Und er holt eine Flasche Wein aus dem Keller zum Essen. Seine karge sprachliche und die kräftige emotionale Präsenz waren scheinbar eine Anregung für mich, mein Leben nach diesem Vorfall neu zu buchstabieren, wo auch der Bereich Hoffnung eine gehaltvolle Orientierung wurde. Es dauert einige Jahre. Ich bin meinen Eltern dankbar. Von ihnen lernte ich ein Vertrauen in das Leben, das Wege kennt, wo es für mich zu Ende scheint.
Clemens Schermann, 21. Februar 2025.
Hoffnungsgeschichte zum 2. Fastensonntag: Nach der Wüste am vergangenen Sonntag führt uns das heutige Evangelium auf einen Berg, auf den Berg Tabor. Beim Lesen der Geschichte sind bei mir zwei eigene Erinnerungen wach geworden. Die erste Erinnerung war an meinen persönlichen Besuch auf dem Berg Tabor.
Ich kann mir die Situation sehr gut vorstellen. Da gehen die drei Jünger mit Jesus auf diesen Berg. Sie hoffen, nun ihr Ziel erreicht zu haben, endlich oben zu sein. Oben angelangt, erscheinen Moses und Elija. Klar, dass die Jünger sagen: „ Hier bleiben wir. Wir haben das Ziel unserer Reise erreicht. Wir bauen für Jesus, Moses und Elija drei Hütten und haben die Möglichkeit, mit drei angenehmen Gesprächspartnern über Gott und die Welt zu diskutieren. “ Diese Hoffnung wird nicht erfüllt. Eine dunkle Wolke umhüllt sie. Sie müssen wieder zurück ins Tal. Das Leben geht weiter. Und hier setzt meine zweite persönliche Hoffnungsgeschichte an.
Vor mehr als 20 Jahren musste ich mich einer an und für sich harmlosen Operation unterziehen, und ich ging ins Spital mit der Hoffnung, in ein paar Tagen wieder zuhause zu sein. Es kam anders. Nach drei Operationen, 10 Tagen Tiefschlaf auf der Intensivstation und einem kritischen Krankheitsverlauf konnte ich erst nach mehr als einem Monat wieder das Spital verlassen. Diese Erfahrung hat mein weiteres Leben grundlegend verändert.
Ich habe gelernt, dass ich zwar manches hoffen, erhoffen, kann, dass aber letztendlich Gott über mein Leben bestimmt: In diesem Gottvertrauen kann ich viel gelassener dem Pilgerweg des Lebens folgen.
Werner Kaitan.
Hoffnungsgeschichte zum 3. Fastensonntag: Evangelium: Jesus und die Frau am Jakobsbrunnen (Joh 4,1-42)
Immer wieder einmal gibt es Phasen in meinem Leben, da komm ich mir vor wie ein Brunnen, der ziemlich ausgetrocknet ist oder zugekippt mit allerlei Sorgen, Verpflichtungen, schlechten Nachrichten, Pessimismus von vielen Seiten. Es sind Durststrecken im Leben. Manches Mal gelingt es mir, mich dann wieder auf die Meditation zu besinnen, weil ich schon oft erlebt habe, dass sie etwas verändern kann: das Hinsetzen, Haltung einnehmen, Stille zulassen – das bewirkt etwas:
- Ich werde ruhiger, gelassener, es klärt sich …
- Ich komme auf neue Gedanken, die mich weiterbringen …
- Ich fühle mich anderen wieder näher und mehr verbunden …
- Es ist, als ob mich jemand anschaut und annimmt und Mut macht …
Und irgendwie fällt es mir dann wieder leichter, weiterzumachen.
Mag. Peter Hanel
Hoffnungsgeschichte zum 4. Fastensonntag:
Das Thema Hoffnung wirft viele Fragen auf: Kann man Hoffnung geben oder muss sie in mir selbst entstehen? Wann bzw. warum brauchen wir Menschen Hoffnung? WIE entsteht Hoffnung? Hoffnung setzt Verzweiflung voraus.
So auch an jenem Sommertag vor beinahe 26 Jahren, als ich im Wechselbereich mit dem Auto von Wien nach Hause fuhr. Es regnete stark, und meine Sorgen und Ängste ließen mich nicht los. Das Leben meines Sohnes Andreas, der wenige Wochen zuvor viel zu früh auf die Welt gekommen war, hing noch immer an einem seidenen Faden, jederzeit konnte der Anruf aus dem Spital kommen, dass er es doch nicht geschafft hat – und falls doch, mit welchen gesundheitlichen Konsequenzen? – Meine Stimmung war am absoluten Tiefpunkt, Gedanken der Angst und Verzweiflung kreisten unaufhörlich in meinem Kopf…
Doch plötzlich kam in mir eine Stimme so stark auf, als würde ich sie hören: „Mach dir keine Sorgen, es wird alles gut!“ – Diese Stimme war so intensiv spürbar, dass ich von einem auf den anderen Moment vollkommen ruhig wurde – und es auch blieb! In mir entstand plötzlich dieses unzerstörbare Gefühl der Hoffnung, dass tatsächlich alles gut werden würde.
Es war noch ein langer Weg mit vielen gesundheitlichen Auf und Abs bei Andreas, aber das Gefühl tief in mir, dass alles gut werden würde, ließ ich mir seit dieser wundervollen Eingebung nicht mehr nehmen. – Heute ist Andreas ein gesunder junger Mann, der lebensfroh und zufrieden mitten im Leben steht.
Warum erzähle ich diese Geschichte? Nicht um die Frage aufzuwerfen, ob diese Stimme von damals von einer höheren Kraft ausging oder aus dem tiefsten Inneren meines eigenen Ichs kam – ich weiß es bis heute nicht, und es ist mir auch nicht wichtig.
Ich erzähle diese Geschichte, weil ich mir denke, dass Hoffnung in mir nur dann entstehen und wachsen kann, wenn ich an sie glaube, wenn ich POSITIV denke.
Optimismus statt Pessimismus, Zuversicht statt Resignation – nur so kann alles gut werden…
Siegfried Cvitkovits
Hoffnungsgeschichte zum 5. Fastensonntag:
Meine Hoffnungsgeschichte beginnt im Herbst 2019, als mein Mann und ich zu einer 6 monatigen Weltreise aufbrachen. Zuversichtlich und voller Erwartungen packten wir unsere Rucksäcke. Nichtsahnend was 2020 auf uns zukommen wird. Als wir die Nachrichten über Corona im Feber 2020 aus Italien und Ischgl hörten, wogten wir uns noch in Sicherheit. Die besorgniserregenden Mails von Freunden und Familie: „Kommt heim, solange es noch möglich ist.“ – schlugen wir in den Wind. Dies änderte sich, als am 25.März 2020 in den Abendnachrichten die neuseeländische Ministerpräsidentin verkündete: „Morgen um 24:00 Uhr beginnt ein Lockdown, jeder bleibt dort wo er ist, bis die Pandemie vorbei ist.“ Was tun? Am nächsten Morgen auf zum Flughafen nach Auckland, dort bezogen wir ein 14m² großes Hotelzimmer auf Selbstversorgerbasis mit einem Bewegungsradius um das Hotel von 5 km – keine sozialen Kontakte mit anderen Gestrandeten, alle Lokale geschlossen, Supermarkt und Flughafen in Sichtweite. Das Flughafengelände glich einer Geisterstadt – Totenstille, kein Flugzeug weder am Boden noch in der Luft.
Eine Woche später, plötzlich ein Handyanruf – Nummer unbekannt – sollen wir abheben – wer kann das wohl sein? Am anderen Ende der Leitung meldete sich ein Hr. Strohmaier, der Österreichische Botschafter in Australien/Canberra mit der Nachricht: Nächste Woche wird es wieder Flüge nach Europa geben … so bestiegen wir dann am 9. April 2020 hoffnungsvoll das Flugzeug Richtung Österreich – wo wir eine “andere Welt“ vorfanden.
Abschließend möchte ich mit einem Zitat von Vaclav Havel und einen Bogen zu den vergangenen Fastensonntagen unseres Liturgiekreises herstellen: „Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal, wie es ausgeht.“ In diesem Sinne – „einen hoffnungsstarken Sonntag“.
Mag.a Johanna Polster-Csecsinovits
Fürbitten:
Lasst uns beten zu Jesus Christus, der Lazarus ins Leben zurückgerufen hat, so wie er, hoffen auch wir, dass Gott uns neues Leben schenkt:
• Wir beten für die Menschen in unserer Gemeinde, denen es an Lebenssinn und Orientierung fehlt, gib ihnen Mut zur Hoffnung.
• Wir beten für die Menschen in den Erdbebengebieten in Thailand und Myammar und für alle die Hilfe leisten.
• Wir beten für die Menschen, die sich in der Türkei für Freiheit und Gerechtigkeit einsetzen und für alle Verletzten und Festgenommen.
• Wir beten für die politisch Verantwortlichen, dass sie erkennen, das beständiger Friede nicht aus bewaffneter Drohung, sondern nur aus Vertrauen wachsen kann.
• Wir beten für die Menschen, die den Tod eines geliebten Menschen beklagen und für jene, die weltweit am Coronavirus und ihren Folgen leiden bzw. verstorben sind.
Denn du, guter Gott, hast uns Jesus geschenkt als Zeichen der Hoffnung und Botschafter der Liebe. Dafür sei dir Lob und Preis jetzt und in Ewigkeit. Amen
Meditation:
Auferstehen zum Leben in Gemeinschaft
Täglich auferstehen
aus dem Grab unserer Ängste und Einsamkeiten
aus dem Grab scheinbar als sinnlos erfahrenen Situationen
aus dem Grab unserer Mutlosigkeit und Resignation
Täglich auferstehen
aus unserer Müdigkeit und Trägheit
aus hoffnungslosen Lebenssituationen
aus Isolation und Verzweiflung
Täglich auferstehen zum Leben in Gemeinschaft
jpc
Gebet zum „Heiligen Jahr“ vom „Deutschen Liturgischen Institut“:
Gott, du Urgrund von allem, was ist, und Ziel all unserer Wege. Du hast die Welt ins Dasein gerufen, erhältst sie lebendig durch deinen Geist. In die Freiheit hast du dein Volk geführt, durch die Wüste ins Land der Verheißung. Auch heute gehst du mit uns auf dem Weg, lädst uns ein, in dir das Leben zu finden.
In Jesus Christus bist du mit uns, stärkst uns als Kirche durch dein Wort. Die Flamme der Liebe, Heiliger Geist, ist eingegossen in unsere Herzen. In ihrem Licht erkennen wir alle Menschen als Schwestern und Brüder. Freude und Hoffnung teilen wir, Trauer und Angst tragen wir mit.
Gemeinsam pilgernd sind wir unterwegs, von Hoffnung erfüllt, dass dein Reich kommt: Dann werden Himmel und Erde neu, Recht und Gerechtigkeit blühen auf. Das Böse wird keine Macht mehr haben, und alle leben in Frieden. Du rufst uns: macht den Weg dafür bereit! Lasst alle eure Hoffnung sehen.
Mach unsere Schritte fest und unseren Glauben stark, dass wir von deiner Liebe Zeugnis geben, von deiner Herrlichkeit allen erzählen. In Wort und Tat verkünden wir die Botschaft unserer Hoffnung. Es ist dein Geschenk, wenn die Saat aufgeht und reiche Frucht bringt
Mach unsere Herzen weit für alle, die fragen, zweifeln und suchen. Gib uns Mut zur Einheit, dass wir alles, was trennt, überwinden, und Schritt für Schritt die Wege gehen, die du uns führen willst. Wenn wir das Ziel noch nicht sehen, schenkst du uns Aufbruch und Zuversicht.
Erwecke die Sehnsucht nach dir in uns neu. Deine Zukunft ist unfassbar größer, wunderbarer als wir es erahnen. Mit deiner ganzen Schöpfung rufen wir: Halte die Welt in deinen Händen, gib Schutz und Segen für alles, was lebt. Sei vor uns und mit uns und über uns. Gepriesen bist du, Gott, in Zeit und Ewigkeit. Amen.
Gebet im Heiligen Jahr 2025 © 2025 Deutsches Liturgisches Institut, Trier, liturgie.de