Morgengedanken – Rettungsringe am Christbaum

Morgengedanken „Rettungsringe am Christbaum“
Sonntag, 12. Dez. – Samstag, 18. Dez. 2021

Sonntag, 12. Dez. 2021:
„Gemma Christbam schaun!“

„Gemma Christbam schaun!“, heißt eine Aktion bei uns hier in Bad Tatzmannsdorf, bei der man im ganzen Ort 24 Christbäume mit höchst unterschiedlicher Dekoration bewundern kann. Auch unsere röm.-kath. Pfarrgemeinde ist mit dabei. Der pfarrliche „Arbeitskreis Liturgie“ hat sich zusammengetan und eine – wie ich meine – sehr einfallsreiche und mutige Gestaltung auf die Beine gestellt:
12 weiß-rote Rettungsringe zieren unseren Christbaum vor der Kirche und auf der Spitze oben beim Stern blinkt eine Baustellenlampe in kräftigem Orange von der Dämmerung an bis in den frühen Morgen, um Orientierung zu bieten. An den Eingangstüren sind zwei Plakate zu finden, auf denen in großen Buchstaben die Frage zu lesen ist: „Wer/was rettet mich/uns?“. Auf Facebook findet man sogar Bilder davon.
Unser Christbaum vor der Kirche ladet mich heuer zu folgenden Überlegungen ein: Was ist denn wirklich wichtig in meinem Leben? Wer/was rettet mich/uns? Was oder wer trägt mein Leben? Worauf richte ich mein Leben aus? Was gibt mir Halt in meinem Leben? Es gibt nicht nur eine Antwort auf diese Frage unseres Liturgiekreises. Meine Morgengedanken werden zeigen, wie vielfältig die Rettungsringe meines persönlichen Lebens sind.

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Montag, 13. Dez. 2021:
Umkehr ist ein Rettungsring für mich

Jedes Jahr im Advent taucht die Gestalt Johannes des Täufers auf, der am Beginn des Markusevangeliums von Umkehr spricht. Ein Erlebnis auf einer meiner Wanderungen hat mir den Sinn der biblischen Dauerermahnung zur Umkehr besser erschlossen: Vor einiger Zeit war ich im Herbst auf einer Hochebene unterwegs. Es schien also recht leicht, mein Ziel am Ende der Hochebene zu erreichen. Einfach das Ziel im Auge behalten und geradeaus drauf zugehen.
Doch dann schlich sich von hinten eine Nebelbank an, die mich ziemlich rasch einhüllte. Rund um mich war plötzlich alles weiß. „Na ja, einfach geradeaus weitergehen“, dachte ich mir immer noch. „Nichts leichter als das!“
In Wirklichkeit ist genau das unmöglich: Als ich nach lediglich 5 Minuten im dichten Nebel sicherheitshalber auf meine App am Handy schaute, war ich bereits vom Weg abgekommen. Die „Moral“ dieses Erlebnisses: Wer bedenkenlos seinen Weg verfolgt, verliert allzu leicht seine Zielrichtung.
Was rettet mich? Es braucht offenbar immer wieder Momente der Neuausrichtung und Zielorientierung. Ich brauche für meine an sich guten, vernünftigen, sinnvollen Ziele immer wieder „Umkehr“, also Neuausrichtung und Orientierung.

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Dienstag, 14. Dez. 2021:
Biblische Umkehr ist ein Rettungsring für mich

Umkehr ist heutzutage nicht sehr beliebt, habe ich den Eindruck: Politische Parteien z. B. verfolgen blindlings das „Ziel“ ihrer Wiederwahl, ohne noch eine Antwort darauf geben zu können, wohin sie die Gesellschaft überhaupt führen möchten. Ökonomen predigen Wachstum, ohne noch angeben zu können, wozu und woraufhin; Hauptsache, besser sein als die Konkurrenz! Umkehr und Neuausrichtung auf das ursprünglich angestrebte Ziel hin, scheint kein Thema mehr zu sein.
Das in den gängigen Bibelübersetzungen mit „Umkehr“ übersetzte griechische Wort „μετά-νοια“ (metánoia) leitet sich wörtlich ab von: „hinterher (be-)denken, umdenken“, also „nach-denken“ oder „neu (be-)denken“.
Der biblische Aufruf zur „metánoia“ wäre daher vielleicht am besten so zu verstehen: Den eigenen Weg immer wieder von seinem Ziel her zu bedenken und daran auszurichten. Auch die „metánoia“ ist also kein Zweck für sich, sondern bloß ein Mittel, um auf einem guten, sinnvollen Weg zu gehen, der zum Ziel führt. Dieses Ziel aber wird vom Evangelium angegeben mit „Reich Gottes“. Das Ziel für Christ*innen ist Gott selbst, der mich tragen möchte auf seinem Arm, ganz behutsam (vgl. Jes 40,11), wie es im Jesajabuch beschrieben wird.

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Mittwoch, 15. Dez. 2021:
Angst rettet mich nie

„Die Welt wird untergehen, und es wird nicht mehr lange dauern!“ Solche und ähnliche Behauptungen gehören durch die Jahrhunderte hindurch zur Menschheitsgeschichte. Es gab und gibt Menschen, die angeblich viel mehr wissen als der Rest der Welt und die anderen gezielt und bewusst Angst machen. Mit Drohungen, mit Ankündigungen von nahenden Kriegen und Katastrophen versuchen sie anderen Menschen Furcht und Schrecken einzujagen. Bis vor Kurzem dachte ich, derartige Angstmacherei hätte in der heutigen Zeit keinen Platz mehr.
Im Lukasevangelium finde ich auch solche Schreckensszenarien, die mir im ersten Moment Angst machen könnten (vgl. Lk 21,25f.). Aber nur dann, wenn ich die eigentliche Botschaft in diesem Abschnitt überhört habe: „Wenn dies (Schreckliche) beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.“ (Lk 21,28).
Gerade momentan ist mir diese Botschaft des Lukasevangeliums ganz, ganz wichtig. Gerade in düsteren Zeiten will ich mein Leben nicht durch Drohungen, Angstmacherei und irgendwelche Katastrophenankündigungen beeinflussen lassen. Vielmehr sagt mir diese Bibelstelle: Schau auf dein Leben und gestalte es als Mensch, der voll Hoffnung und Zuversicht ist, jeden Tag aufs Neue.

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Donnerstag, 16. Dez. 2021:
Trost ist ein Rettungsring für mich

Irgendwie ist es altmodisch geworden, dieses Wort „Trost“, von dem gerade im Advent in Liedern aber auch in so manchen Stellen des Jesajabuches die Rede ist (z. B. Jes 40). Höre ich das Wort „Trost“ oder „trösten“, fällt mir zunächst sofort das Wort „vertrösten“ ein, mit dem ich nichts Gutes verbinde. Nur allzu oft mache ich in letzter Zeit die Erfahrung, dass ich vertröstet werde, egal ob von Politiker*innen oder auch von den Verantwortlichen in unserer röm.-kath. Kirche.
Dabei ist das Wort „Trost/trösten“ doch von seiner ursprünglichen Bedeutung aus dem Althochdeutschen her, wo es vom Wortstamm „treu“ abstammt und soviel wie Festigkeit, seelischer Halt, Zuversicht und Ermutigung im Leid bedeutet, ein überaus positiv besetzter Begriff. Was also kann mich retten? Ja, Trost ist etwas, das mich in so manch schwieriger Situation rettet.
Es sind vor allem Menschen, die mir nahe stehen, die ich gern habe, und die mich auch gerne haben. Menschen, auf die ich mich verlassen kann, mit denen ich gut reden kann. Solche Menschen sind es oft, die auch die Gabe besitzen, mich zu trösten, mich zu ermutigen. Tröstende Menschen retten mich immer wieder.

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Freitag, 17. Dez. 2021:
Träume sind wie Rettungsringe

An rund 60 Stellen erzählt die Bibel von Träumen. Oft sind Träume dort zu deuten als ein Sprachrohr Gottes. In diesen biblischen Geschichten spricht Gott zu den Menschen und zeigt ihnen, was sie tun sollen, was gut für sie ist. Träume haben viel mit unseren Gefühlen und Bedürfnissen zu tun und spiegeln unsere Sehnsüchte.
Ich glaube, Träume wollen mir u. a. dabei helfen, Probleme zu sehen, diese zu lösen und neue Chancen zu entdecken. Träume steigen aus meinem Innersten und können sogar meiner Gesundheit dienen. Träume sind für mich eine Hilfe, mit der Realität richtig oder gut umzugehen.
Am Beginn des Matthäusevangeliums (Mt 1,20) wird von Josef erzählt, dem Mann Mariens, der auch träumt, und der in diesem Traum die Zusage bekommt: „Du brauchst keine Angst zu haben, Josef. Nimm Maria zu dir. Alles wird gut.“ Und Josef folgt diesem Traum, er lässt seine Pläne von Gott durchkreuzen. Josef hört also auf seine innere Stimme und nimmt sein Leben aktiv in die Hand. Was kann mich retten? Vielleicht wenn ich achtsamer mit meinen Träumen umgehe.

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Samstag, 18. Dez. 2021:
Dienen kann mich retten

Der Advent ist für mich eine Zeit, in der ich mich intensiver bemühe, auf Jesu Stimme zu hören. Ich mache das deshalb, weil ich darauf vertraue, dass Jesus mir dabei helfen möchte, mein Leben erfüllt zu gestalten. Was heißt das konkret? Jesus hat z. B. seine Macht ausgeübt im Dienen, in der Fußwaschung seiner Jünger (vgl. Joh 13,15), im Hinknien vor der königlichen Würde des Mitmenschen.
Das Wort „Minister“ kommt aus dem Lateinischen „ministrare“ und bedeutet übersetzt: dienen. Ein „Minister“ ist nach christlichem Verständnis also einer, der seine Macht im Dienen an der Gemeinschaft ausübt. Ein Minister ist einer, der seine Talente und Begabungen, die er von Gott empfangen hat, in den Dienst der Gesellschaft/der Allgemeinheit stellt.
Wer/was rettet mich/uns? Diese Frage an unserem heurigen Christbaum vor der Kirche – symbolisch dargestellt mit den Rettungsringen auf dem Christbaum – kann ich beantworten mit: Dienen rettet mich/uns. Gerade jetzt im Advent bemühe ich mich auf die Stimme Jesu zu hören. Und ich begreife, dass ich Jesus auch heute erfahrbar machen kann, nämlich im Dienen durch Wort und Tat, durch „Minister sein“.

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