Morgengedanken: „Heute schon gelebt?“

Morgengedanken „Heute schon gelebt?“

Sonntag, 31.03. – Samstag, 06.04.2024

 

Sonntag, 31.03.2024:

Leben ist lebenswert!

Haben Sie heute schon gelebt? Jetzt werden Sie sich wohl denken, welch eigenartige Frage, noch dazu so früh am Morgen. Ich finde diese Frage aber grundsätzlich gar nicht so dumm. Gerade heute am Ostersonntag ist das im Grunde genommen die entscheidende Frage.

In den letzten Jahren spüre ich, dass viele Menschen einfach ihren Aufgaben nachgehen, die halt erledigt werden müssen. Für viele besteht das Leben nur mehr aus lauter Verpflichtungen und nichts anderem. Und dabei haben sie so manche Ängste und Sorgen. Dabei gewinne ich den Eindruck, dass manche Menschen sich bereits so daran gewöhnt haben, dass sie meinen: Das ist halt so! So ist das Leben. Für Freude und schöne Erfahrungen im Alltag ist oft wenig Platz.

Aber das stimmt nicht. Mein Leben ist doch nicht nur Mühe und Plage. Leben, mein Leben ist ebenso Erfüllung, ist Freude, ist Erleben von Gemeinschaft, ist immer wieder auch Abenteuer im positiven Sinn, Leben ist doch vor allem auch bereichernd und hoffnungsvoll. Ostern sagt mir: Der Tod hat nicht das letzte Wort. Lass den Kopf nicht hängen. Lebe dein Leben. Das Leben ist lebenswert! – Heute schon gelebt?

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Montag, 01.04.2024:

Der Pfarrer als personifiziertes schlechtes Gewissen

Über lange Zeit hindurch war der Pfarrer das personifizierte schlechte Gewissen. Die Hauptaufgabe eines Pfarrers war es, den Leuten ein schlechtes Gewissen zu machen, und sie zur Umkehr zu bewegen. Christliche Verkündigung bestand über sehr lange Zeit hinweg darin, vor allem von Schuld und Sünde zu predigen, von Geboten und Verboten und den Menschen das Leben zu verdrießen. Mitunter finde ich unter besonders „frommen“ Gläubigen nach wie vor die Einstellung, dass Freude in unserer röm.-kath. Kirche zwar geduldet sei, es aber weit besser sei, auf alles Angenehme zu verzichten.

Mir vermitteln die Bibel und dieser Jesus aus Nazareth eine andere, eine tatsächlich froh-machende Botschaft. So lese ich z. B. im Epheser-Brief: „Gott, der voll Erbarmen ist, hat uns, die wir infolge unserer Sünde tot waren, in seiner großen Liebe, mit der er uns geliebt hat, zusammen mit Christus wieder lebendig gemacht.“ (Eph 2,4)

Ich sehe mein Pfarrer-Sein genau darin gut zusammengefasst, und das versuche ich zu vermitteln, nämlich dass Gott mir kein schlechtes Gewissen machen möchte, sondern voll Erbarmen ist. Und dass Gott möchte, dass ich lebendig bin – voller Energie, mein Leben lebenswert zu gestalten.

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Dienstag, 02.04.2024:

Ist Gott käuflich?

Von jeher, haben sie das Gefühl, sie könnten sich Gott gleichsam erkaufen, könnten mit Gott handeln. Diese Haltung entdecke ich auch oft in meiner röm.-kath. Kirche. Da stellen sich manche Leute die Frage und machen sich Gedanken darüber, welche Leistungen sie zu erbringen hätten, damit Gott sie erhört, damit Gott das tut, was sie sich wünschen.

Nach wie vor meinen Menschen, auch im Christentum, dass sie vor Gott mit ihren Werken glänzen können, dass Gott von ihnen Pflichterfüllung verlangt und sie ihm Opfer bringen müssen. So nach dem Motto: Wenn man von Gott etwas will, dann müsse man ihm doch auch etwas geben – man müsse ein Opfer oder eine Leistung darbringen, um die Gottheit zu besänftigen, um Gott milde zu stimmen.

Die erlösende Botschaft des Christentums lautet für mich vielmehr: Was Gott den Menschen gibt, das schenkt er ihnen bedingungslos, ohne, dass sie etwas dafür tun müssten, ohne dafür eine Leistung erbringen zu müssen. Gott ist kein Kaufmann, er ist ein Liebender, einer, der mich einfach gerne hat, ohne Vorleistung. Eine wunderbare Entlastung für mein Leben.

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Mittwoch, 03.04.2024:

Heute schon gelebt – trotz meiner Schuld?

„Was habe ich bloß falsch gemacht, dass Gott mich so bestraft?“ Diese Frage höre ich immer wieder, wenn Menschen zu mir kommen, um sich auszureden. Seit Jahrtausenden die ewig gleiche Ansicht: Gott bestraft für die Sünden der Menschen. Tut er das wirklich? In der Bibel und ganz besonders in der Person Jesu finde ich da eine andere Antwort.

Jesus lehnt diesen Zusammenhang von Schuld und dem als Strafe von Gott verhängtem Leid entschieden ab! Jesus erfährt Gott ganz anders, und versucht das den Menschen zu zeigen. Gott verhindert zwar leidvolle Erfahrungen nicht, aber er straft die Sünder*innen damit auch nicht. Vielmehr zeigt mir Jesus, dass Gott den Menschen in ihrem Leid nahe ist und nahe bleibt. Gott ist bei den Menschen im Leid, und er führt sie manchmal auch heraus. Das zeigen mir die vielen Heilungsgeschichten Jesu in der Bibel. Der jüdisch-christliche Gott ist also ein Gott, der die Menschen, der mich rettet.

Gott straft nicht, sondern bleibt bei mir auch in meiner Schuld und in meinem Leid und geht mit mir durch das Unglück, ja selbst zuletzt auch durch den Tod hindurch.

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Donnerstag, 04.04.2024:

Heute schon gelebt – christlich gelebt?

„Wenn ich nichts von diesem Jesus (oder von Gott) spüre, dann kann ich nicht glauben!“ So, oder so ähnlich könnte ich es zusammenfassen, was mir in den letzten Jahren Menschen zu erzählen bereit waren. Sie bringen damit zum Ausdruck, dass sich heutzutage nicht wenige Menschen damit schwertun, das, was über Jesus erzählt und berichtet wird, zu glauben: „Nette Geschichten, aber ich kann daran nicht glauben!“, sagen sie mir.

Damit Menschen auch heute zum Glauben finden, dazu benötigt Jesus jeden einzelnen Gläubigen. Die Zeiten sind vorüber, wo Jesus nach seiner Auferweckung leibhaftig durch verschlossene Türen ging und seine Wunden berühren ließ. Auch die unzähligen Bücher von Gelehrten und Theologen verstauben zum Großteil in den Bibliotheken und helfen nicht, dass Menschen Gott finden.

Nein, es braucht einfach Menschen, die hier und heute ihren Glauben lebendig werden lassen, die also nicht durch viele Worte, sondern durch ihr alltägliches Leben den Gott der Bibel erfahrbar machen, wie es z. B. eine heilige Elisabeth oder ein Bischof Martin getan haben. Die Liebe leben, das überzeugt – auch heute noch!

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Freitag, 05.04.2024:

Auszeit – um leben zu können

Manchmal sind es Binsenweisheiten, die mir das Evangelium vermitteln möchte. Eine derartige Binsenweisheit ist das Thema „Auszeit“. Jesus zieht sich häufig zurück, oft auf einen Berg, um zu beten, gönnt sich eine Auszeit. Er nimmt sich eine Auszeit, selbst da – oder besser: gerade da – wo ihm die Arbeit über den Kopf zu wachsen droht (vgl. Mk 1,29-39). Wo viele normalerweise zu sagen versucht sind: Jetzt geht es aber wirklich nicht! Da muss ich jetzt einfach durch! – Gerade da lässt Jesus alles stehen und liegen und zieht sich zurück.

Wer meint, er könne sein ganzes Leben mit Vollgas fahren, der wird umso schneller auf die Nase fallen. Nein, Jesus steigt vom Gas herunter, nimmt sich eine Auszeit und nutzt diese auch. Ein wichtiger Punkt für mich. Wenn sich Jesus zurückzieht, tut er das, um sich neu zu vergewissern, ob er überhaupt noch das richtige Ziel verfolgt, oder ob er nicht vor lauter Aktivitäten, die für sich genommen alle richtig und wichtig sind, das eigentliche Ziel längst aus dem Blick verloren hat. Ich gönne mir Auszeiten und nutze sie gut – um sinnerfüllt leben zu können.

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Samstag, 06.04.2024:

Heute schon gelebt? – Vergebung gelebt?

Es ist schon ein paar Jahre her, dass mir an vielen Kirchen in Italien ein neues „Verbotsschild“ aufgefallen ist. Abgebildet war eine Eistüte, die mit einem dicken roten Balken durchgestrichen war: „In der Kirche ist Eis-Essen verboten!“ Zunächst einmal habe ich über dieses Hinweisschild ganz schön geschmunzelt, dann aber, dann habe ich angefangen, ein wenig weiter darüber nachzudenken. Und je mehr ich nachdachte, desto mehr ist mir aufgegangen, dass es ähnliche „Hinweisschilder“ auch in der Bibel gibt.

Während es in den italienischen Kirchen um ein Verbot geht, finde ich in der Bibel unzählige Gebote für ein gelingendes und erfülltes Leben. Ein derartiges Hinweisschild ist z. B.: „Seid barmherzig und vergebt einander!“ (Eph 4,32). Ich soll vergeben. – Wem das gelingt, der tut nicht nur dem anderen Menschen Gutes, sondern auch sich selbst. Denn nur durch Vergebung kann Frieden einkehren.

Weil Gott einer ist, der stets von ganzem Herzen vergibt, deshalb verlangt er von mir, dass ich ebenso bereit bin zu vergeben, so erklärt es an unzähligen Stellen das Alte Testament. Vergebungsbereitschaft als „Hinweisschild“, damit mein Leben gelingt.

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