2. Fastensonntag: Krankheit und Leiden – körperliche Defizite

Fastenzeit 2015
Passion 2015: Unser Kreuzweg heute

 

1. Fastensonntag: „Krankheit, Leiden – körperliche Defizite“

Einleitung

Alles auf Schiene, alles auf Spur, ich habe mein Leben im Griff, derzeit läuft alles nach Plan!“

Trachten wir nicht alle danach, diese Phase unseres Lebens zu erreichen? Oft gelingt es uns auch, doch was, wenn ein Unfall, eine plötzliche unerwartete Diagnose, ein Schicksalsschlag all das Erarbeitete auf den Kopf stellt? Wenn sich von einem Schlag auf den anderen unser Leben dramatisch verändert, wenn unser für das irdische Leben nicht unerheblich wichtiger Körper nicht mehr mitmacht, streikt, wenn wir im schlimmsten Fall den eigenen Tod oder den Tod eines geliebten Menschen vor Augen haben, wenn wir plötzlich aus unserer bisherigen Lebensbahn, in der wir uns zuvor noch in Sicherheit wähnten, geworfen werden, wenn unser Leben von einem Moment auf den anderen auf den Kopf gestellt wird?
Plötzlich hat man das Gefühl, dass einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird, alles bisher Wichtige wird von einem Moment auf den anderen bedeutungslos….man hinterfragt die Sinnhaftigkeit des bisher Geleisteten, man sucht vertieft nach dem Sinn des Lebens, des Ganzen, und man versucht vielleicht, die eigene Beziehung zu Gott, die möglicher Weise in der letzten Zeit vernachlässigt worden ist, wieder aufzufrischen, zu vertiefen….Kann Gott mir Sinn und Antwort auf alle wichtigen Fragen meines Lebens, meines Daseins geben – so wie der Verfasser des Psalms in der heutigen Lesung, der aufgrund erlittenen Schmerzes die Nähe Gottes sucht und darauf vertraut, dass Gott ihm hilft.
Und Gott? – Ja, er ist da, jederzeit und immer, wenn ich seine Nähe suche. Mit seiner ganzen Liebe, ganz egal, wie weit ich mich in meinem bisherigen Leben von ihm entfernt habe…
Aber ich habe auch Selbstverantwortung, meinen Körper durch einen gesunden Lebensstil intakt zu halten. Gesunde, maßvolle Ernährung, sorgfältiger Umgang mit Alkohol und Nikotin, genügend Erholung, die ich meinem Körper gönne – alles Maßnahmen und Verhaltensregeln, die ein programmiertes Krankwerden verhindern….
Ich werde in der kommenden Woche versuchen, einen gesunden Lebensstil zu pflegen und meinem Körper die entsprechende Regeneration zu gönnen.
Ich lade auch Sie ein, in dieser kommenden Woche in Ihren Körper hineinzuhorchen, Signale des Körpers richtig zu deuten und an einem gesunden eigenen Lebensstil zu „arbeiten“!

Gebetsbitte als Überleitung zum Kyrie:
„Allmächtiger Vater, wir wissen, dass unsere menschlichen Schwächen es oft verhindern, auf unsere eigene körperliche Gesundheit zu achten. Damit uns dies von nun an besser gelingen möge, wollen wir im Kyrie Dein Erbarmen herabrufen.“

Kyrie


Lesung aus dem Buch der Psalmen
(Ps 42,2-4,6-8,10-12):
2 Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, zu dir. 3 Meine Seele dürstet nach Gott, nach dem lebendigen Gott. Wann werde ich dahin kommen, dass ich Gottes Angesicht schaue? 4 Meine Tränen sind meine Speise Tag und Nacht, weil man täglich zu mir sagt: Wo ist nun dein Gott? 6 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott! Denn ich werde ihm noch danken, dass er mir hilft mit seinem Angesicht.
7 Mein Gott, betrübt ist meine Seele in mir; darum denke ich an dich im Lande am Jordan und Hermonim, auf dem kleinen Berg. 8 Der HERR hat des Tages verheißen seine Güte, und des Nachts singe ich ihm und bete zu dem Gott meines Lebens. 10 Ich sage zu Gott, meinem Fels: Warum hast du mein vergessen? Warum muss ich so traurig gehen, wenn mein Feind mich drängt? 11 Es ist wie ein Mord in meinen Gebeinen, dass mich meine Feinde schmähen, wenn sie täglich zu mir sagen: Wo ist nun dein Gott? 12 Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott! denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.
Wort des lebendigen Gottes!

Evangelium: Mt 8,5-8,10-11,13
5 Als aber Jesus nach Kapernaum hineinging, trat ein Hauptmann zu ihm; der bat ihn 6 und sprach: Herr, mein Knecht liegt zu Hause und ist gelähmt und leidet große Qualen. 7 Jesus sprach zu ihm: Ich will kommen und ihn gesund machen.
8 Der Hauptmann antwortete und sprach: Herr, ich bin nicht wert, dass du unter mein Dach gehst, sondern sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.
10 Als das Jesus hörte, wunderte er sich und sprach zu denen, die ihm nachfolgten: Wahrlich, ich sage euch: Solchen Glauben habe ich in Israel bei keinem gefunden!
11 Aber ich sage euch: Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen;
13 Und Jesus sprach zu dem Hauptmann: Geh hin; dir geschehe, wie du geglaubt hast. Und sein Knecht wurde gesund zu derselben Stunde.

 

Predigt von Pfarrer Dietmar D. Stipsits

Liebe ChristInnen!

„Ich werde nicht krank!“ Immer wieder entdecke ich in meinem Innersten diese Behauptung, die mir „ewige Gesundheit“ vorgaukeln möchte. Krankheit empfinde ich oft irgendwie als eine Art Niederlage, als Schwachheit. Wenn ich krank bin, da hab ich mich nicht mehr so im Griff, wie ich es gerne hätte.

Ein einfaches Beispiel: Ich erwische einen Virus, der gerade im Dorf herumgeht. Dann ärgere ich mich darüber, dass es mich erwischt hat und möchte meinen Körper wieder in den Griff bekommen, durch Medikamente; und für nächste Mal vorbeugend durch gesunde Ernährung und sportliche Aktivität.

Ein gesunder Lebensstil ist sicher ein ganz wichtiger Weg, mit mir und mit meinem Körper verantwortungsvoll umzugehen. Aber wenn ich glaube, es gäbe einen Lebensstil, der mir Gesundheit garantiert, dann hab ein völlig falsches Vollkommenheitsideal.

Was wäre, wenn ich jedoch mal mit meiner Krankheit, die ich zu tragen habe, ins Gespräch komme? a) Womöglich könnte es eine Chance sein, neue Möglichkeiten in mir zu entdecken? b) Andererseits kann Krankheit auch dazu führen, dass ich verzweifle, dass ich mich ohnmächtig fühle, und die Schmerzen, die mir aufgebürdet werden, kaum ertragen kann. c) Dabei kann es sogar soweit gehen, dass ich absolut keinen Sinn in meiner Krankheit entdecken kann. Ich kann nicht sehen, worauf die Krankheit mich hinweisen möchte.

Aber gerade in solch ausweglosen Situationen, in solch einer scheinbaren Sinnlosigkeit, in dieser Trauer über die verlorene Gesundheit kann es passieren, dass ich für Gott sozusagen „aufgebrochen“ werde, und es mir geschenkt wird, mich in meiner schweren Krankheit Gott zu übergeben, mich ihm anzuvertrauen.

Ich glaub, das ist etwas ganz, ganz Schwieriges für mich, eine schwerwiegende Krankheit anzunehmen, die eigenen Waffen aus der Hand zu legen und mich Gott zu überlassen. In solch schwierigen Lebensabschnitten kann in mir das Gefühl auftauchen, dass ich etwas falsch gemacht habe, dass ich also selber schuld bin an meiner Krankheit.

Da die Kraft geschenkt zu bekommen, alles Suchen nach der Ursache und alle Schuldgefühle loszulassen, um mich Gott anzuvertrauen, das ist tatsächlich Geschenk, Gnade. Es anzunehmen, dass Gott mich oft ganz anders führt, als ich es mir vorstelle und wünsche.

Und wenn ich mich frage: Wo bist du nun mein Gott in meiner Krankheit? Dann möchte mir der Psalm 42 Hoffnung schenken, wenn ich in meinem Innersten bete: „Was betrübst du dich, meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott! Denn ich werde ihm noch danken, dass er meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.“ – Auch wenn es mitunter „nur“ bedeutet, dass er mir die Kraft schenkt, in meiner Krankheit nicht zu verzweifeln für heute und bis in Ewigkeit.

Fürbitten
Guter Gott,
fast jedem von uns machen körperliche Leiden und Schmerzen zu schaffen. Oft belasten sie uns und beeinträchtigen so unsere Lebensqualität. Wir bitten dich:

• Stress, falsche Ernährung, Suchtmittel – gegen unser Wissen betreiben wir oft Raubbau an unserem Körper. Lass uns immer wieder hinein horchen in unseren Körper, bewusst erkennen, was uns nicht gut tut und gib uns immer wieder aufs Neue die Kraft, uns gegen die schädigenden Versuchungen zu stellen, selbst wenn es uns Mühe macht und Überwindung kostet.

• Fast Food, industriell und chemisch erzeugte Billigprodukte, Suchtmittel – Ursachen, die unsere Gesellschaft körperlich krank machen – führe die Politiker und Verantwortlichen zu einem Umdenken, damit wir wieder schöpfungsgetreuer leben können.

• Krankheit stellt nicht nur eine Belastung für den Betroffenen, sondern auch für seine Umgebung dar. Gib jenen Menschen, die sich der Pflege und Betreuung von kranken Menschen widmen, die Kraft, ihre Tätigkeit liebevoll und menschenwürdig auszuüben.

• Schenke den Menschen, die durch ihre Krankheit und ihr Leiden den Tod vor Augen haben, den Glauben und das Vertrauen zu dir und lass sie würdevoll zu dir gehen.

Allmächtiger Gott, wir bitten dich, lass uns in unserem Leben immer wieder erkennen, dass du uns ganz nah bist und unsere irdischen Leiden und Schmerzen Erlösung finden in deiner Liebe, darauf vertrauen wir jetzt und in Ewigkeit. Amen.

Meditation
Die Ruhe beginnt bei der Seele. Zuerst muss das Innere in uns zur Ruhe kommen. Dann wird sich die Ruhe auch in unserem Leib auswirken.
Wenn das Herz ruhig geworden ist, dann werden wir auch unser Tun in aller Ruhe vollziehen, dann werden unsere Bewegungen aus der inneren Ruhe herausfließen.
Dann haben wir teil an der schöpferischen Ruhe Gottes.

Quelle: „Das kleine Buch vom wahren Glück“ von Anselm Grün