Morgengedanken: „Kirche auf dem Weg in die Zukunft“

Morgengedanken: „Kirche auf dem Weg in die Zukunft“

Sonntag, 15.10. – Samstag, 21.10.2023

 

Sonntag, 15.10.2023: Kirche und Synodalität

„Machen wir uns gemeinsam auf den Weg!“, so lautete die Einladung unserer Diözese Eisenstadt im Oktober 2021 zur diözesanen Auftaktveranstaltung, um die Vorbereitung der Weltbischofssynode im Jahr 2023 zum Thema Synodalität zu starten. Das Ziel sei eine Kirche, „die innerhalb einer verunsicherten, vielfach verwundeten Zeit und Gesellschaft besser als bisher Gemeinschaft aufbauen kann, Teilhabe ermöglicht und ihre Sendung im Sinne der Frohbotschaft Jesu mit neuer Freude lebt“, so die österreichische Bischofskonferenz.

Das Wort Synodalität kann man übersetzen mit „gemeinsamer Weg“. „Genau dieser Weg der Synodalität ist das, was Gott sich von der Kirche des 3. Jahrtausends erwartet“, sagte Papst Franziskus. Jetzt im Oktober findet der 1. Teil der Weltbischofssynode im Vatikan statt.

Ich finde es ganz wichtig, dass das Thema Synodalität aufgegriffen wurde, weil es mich an die Anfänge des Christentums erinnert. Damals war es selbstverständlich, dass sich Kirche synodal verstand und gelebt wurde, dass alle gemeinsam und gleichwertig Kirche waren, dass es kein oben und unten gab. Daher gibt’s in den nächsten Tagen ein paar Gedanken von mir, was für mich heute Kirche ist oder sein kann, und wie der „gemeinsame Weg“ konkret aussehen könnte.

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Montag, 16.10.2023: Ich BIN Salz der Erde…

„Ihr seid (bereits — hier und jetzt) das Salz der Erde, ihr seid (bereits — hier und jetzt) das Licht der Welt“ (Mt 5,13.14), sagt Jesus den Menschen. Man braucht nur wenig Salz für die Suppe. Aber dieses Wenige ist notwendig für den Geschmack und unsere Gesundheit.

Wichtig ist für mich dabei: Jesus sagt nicht: „Strengt euch an, ihr müsst Licht und Salz sein!“ Nein, Jesus sagt mir zu, dass ich das bereits bin: „Mein Geist ist in euch, in jeder, in jedem! Ihr seid von mir erwählt für unsere Welt, Salz und Licht zu sein. Mit euch will ich anderen Menschen meine Freundschaft zeigen und sie zu Gott führen. Dazu brauche ich euch, trotz eurer Fehler und Schwächen“, sagt Jesus.

Jesus erwählte den Petrus, der ihn verleugnete; er holte Frauen, die mitunter keine rühmliche Vergangenheit hatten in seinen Kreis. Er hatte Männer um sich, die sich stritten, wer der Größte sei, lauter Durchschnittstypen. Und genau das entlastet mich ungeheuer. Jesus will in seiner Kirche keine perfekten Menschen haben, sondern er will mich in seiner Kirche – trotz meiner Mängel.

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Dienstag, 17.10.2023: Etwas Göttliches steckt in mir

Gott braucht Menschen, um seine Liebe und Leidenschaft erfahrbar zu machen. Deshalb gibt es Kirche, meine ich. Und dabei ist mir der Zuspruch aus dem Buch Genesis ganz wichtig (Gen 2,7), nämlich dass Gottes Geist, sein Lebensodem in jedem Menschen ist und wirkt.

Ist das nicht eine wunderbare und mutmachende Botschaft gleich am Beginn der Bibel? In mir steckt etwas Göttliches, in meinem Innersten ist Gott auf geheimnisvolle Weise da. Bei jedem Ein- und Ausatmen kann ich mich daran erinnern, dass Gottes Lebensatem durch mich hindurchfließt, dass er in meinem Herzen lebendig ist.

Gott ist von Anfang meines Seins an in meinem Innersten. Und er braucht mich/uns Menschen, um seine Liebe und Leidenschaft erfahrbar zu machen. Diese Stelle aus dem 2. Kapitel des Buches Genesis sagt mir, wie diese Gemeinschaft, die wir Kirche nennen, geprägt sein soll. Kirche ist eine Gemeinschaft von Menschen, die sich bewusst sind, dass in ihnen etwas Göttliches ist. Und das bedeutet für mich: Als Mitglied dieser Kirche soll ich meinem Wesen gemäß leben, gerecht, richtig, liebevoll, stimmig, in Übereinstimmung mit meinem wahren Selbst.

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Mittwoch, 18.10.2023: Eine glaubwürdige Kirche

Glaubwürdigkeit, ich finde, das benötigt unsere röm.-kath. Kirche derzeit besonders. Wahrhaftigkeit bedeutet für mich in unserer Kirche, dass wir nicht von Aufbruch sprechen, wo manche Verantwortliche das strikte und unveränderliche Festhalten an der Vergangenheit meinen. Glaubwürdigkeit bedeutet für mich, Rückzugsgefechte nicht als Weiterentwicklung verkaufen zu wollen. Ehrlichkeit bedeutet für mich, dass unsere Kirchenleitung in Rom nicht länger den Heiligen Geist und einen vermeintlichen Gotteswillen vorschieben kann und darf, wo es letztlich allein die reine Angst – die reine Angst vor neuen Entwicklungen – ist, reine Angst, die längst überfällige Reformen verhindert.

Wahrhaftigkeit heißt für mich auch, dass wir uns gegenseitig eingestehen müssen, dass in diesen Fragen unserer Kirche, die wir teilweise seit über 60 Jahren kennen und die seitdem immer wieder gestellt werden, niemand unfehlbar ist und keine*r alles weiß. Es gibt niemanden, der allein weiß, was genau das Richtige ist, wie genau es gehen kann, und was Gott in der heutigen Situation wirklich von uns fordert. Das weiß kein Theologe, das weiß kein Kardinal, mag er noch so einflussreich sein, kein Pfarrer und genauso wenig der Papst allein.

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Donnerstag, 19.10.2023: „Synodaler Weg“ = einander vertrauen

Derzeit tagt im Vatikan die Bischofssynode zum Thema „Synodalität“. Ich hoffe, dass dabei mit einer großen Portion Wahrhaftigkeit gesprochen und diskutiert wird. Gerade wenn es um den Weg der röm.-kath. Kirche in die Zukunft geht, ist die ehrliche Einsicht gefordert, dass alle Beteiligten, Bischöfe wie Laien, auf der Suche sind und dass nur dann ein guter Weg gefunden wird für die Zukunft, wenn alle aufeinander hören und gemeinsam um die richtigen Entscheidungen ringen, also tatsächlich unsere röm.-kath. Kirche synodal gestaltet wird.

Nur wo wir glaubwürdig sind, auch unser Nichtwissen eingestehen; nur wo wir praktisch umsetzen, wovon wir reden; nur wo wir wahrhaftig bereit sind, not-wendige Reformen anzugehen und diese gemeinsam mit Leben zu erfüllen, nur dort wird Synodalität lebendig. Nur so werden wir uns zu einer Kirche des 3. Jahrtausends entwickeln, und nicht zu einem fundamentalistischen Minderheiten-Grüppchen, das sich weiterhin an Macht und sturer Reformunwilligkeit festklammert; eine Kirche, die dann niemand mehr ernst nehmen würde.

 Voraussetzung dabei ist m. E. gegenseitiges Vertrauen. Und Grundlage eines jeden Vertrauens ist Glaubwürdigkeit, Wahrhaftigkeit und Ehrlichkeit einer jeden/eines jeden, die/der mitanpackt. Dann gelingt Synodalität in unserer röm.-kath. Kirche.

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Freitag, 20.10.2023: Das (Kirchen-)Volk murrt…

Immer wieder wird das Volk Israel in der Bibel dargestellt, als ein Volk, das murrt (vgl. Ex 17,3-7). Ein Volk, das sich aufregt. Ein Volk, das mit ihren Verantwortlichen und auch mit Gott in Streit gerät. Da ist ein Volk, das sich zu Wort meldet – weil es Durst hat; weil oft etwas Lebensnotwendiges fehlt.

Ist das nicht ein höchst aktuelles Bild für unsere derzeitige röm.-kath. Kirche? Da sind unzählige Menschen bei uns, die murren. Da sind unzählige Menschen, die sich zu Wort melden, gerade auch jetzt im Zusammenhang mit dem „Synodalen Weg“ unserer Kirche. Da sind unzählige Menschen, die in Streit geraten mit dieser, ihrer eigenen Kirche, weil sie Durst haben, weil etwas Lebensnotwendiges in unserer Kirche fehlt, weil sie Durst nach der befreienden Botschaft Gottes haben.

Das Volk Israel in der Bibel, das immer wieder murrt, ist wie ein Symbol an die im Vatikan zur Synode versammelten Bischöfe: Hört doch endlich auf das Murren des Volkes. Es geht doch auch heute um wichtige und wesentliche Fragen. Und es braucht endlich Antworten fürs Hier und Heute. Die Menschen dürsten nach einer Kirche, die ihnen dabei hilft, gut und erfüllt leben zu können.

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Samstag, 21.10.2023: Kirche = Von der Hoffnung erzählen…

Wo jemand keine Fragen hat, da gehen alle Antworten ins Leere. Ich kann ihm vielleicht etwas aufdrängen, geben kann ich ihm nichts. Vielleicht wirken viele der Antworten, die wir als Kirchenverantwortliche in Glaubensdingen heute geben, genau deshalb oft so unpassend und geradezu aufgedrängt. Alle 13- und 14-Jährige bereiten wir beispielsweise auf die Firmung vor, ganz egal, ob sie nach dem Geist Gottes fragen oder nicht. Und wir wundern uns regelmäßig, warum all unsere Anstrengungen so wenig fruchten.

Müssen wir nicht als Hauptamtliche viel sensibler werden für die wirklichen Fragen der Menschen von heute und darauf antworten? Der erste Petrusbrief gibt mir da die Richtung an, wie das geschehen kann: „Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die euch erfüllt.“ (1 Petr 3,13) Da steckt bereits alles drin. Es geht nicht um Resignation, um Jammern. Von meiner Hoffnung soll ich erzählen, die mich trägt.

Vielleicht wäre genau das ein Weg für unsere Kirche in die Zukunft? Ich möchte mich wieder bemühen, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die mich und mein Leben erfüllt.

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