3. Fastensonntag: „Er.Schöpfung – Er.Lösung“ – Religion als … Krisenbewältigung/ Psychische Dimension von Religion

Kreuzweg BT, 2. Station "In der Stunde der Angst"

Einleitung:

„Er.Schöpfung – Er.Lösung – Religion als…“ ist das Motto unserer heurigen Fastenzeit, die der Arbeitskreis Liturgie unserer Pfarre erarbeitet hat. Anhand ausgewählter Kreuzwegstationen hier in unserer Pfarrkirche wollen wir an den Fastensonntagen überlegen, welche Funktionen Religion und Glaube für uns Menschen haben können. Heute schauen wir uns die 2. Kreuzwegstation an, benannt „In der Stunde der Angst“. Jesus betet auf dem Ölberg zu seinem Vater im Himmel. Diese 2. Kreuzwegstation erinnert mich daran, dass Religion immer auch eine psychische und psychohygienische Dimension hat, dass Religion dabei helfen kann, mit meinen Ängsten, mit meinen Lebensängsten zurecht zu kommen, sie zu bewältigen. Religion als Krisenbewältigung, Religion mit ihrer psychischen und Angst nehmenden Bedeutung wollen wir uns heute im Gottesdienst näher anschauen.

Evangelium: Mk 14,32-38

32 Und sie kamen zu einem Garten mit Namen Gethsemane. Und er sprach zu seinen Jüngern: Setzt euch hierher, bis ich gebetet habe.
33 Und er nahm mit sich Petrus und Jakobus und Johannes und fing an zu zittern und zu zagen
34 und sprach zu ihnen: Meine Seele ist betrübt bis an den Tod; bleibt hier und wachet
35 Und er ging ein wenig weiter, fiel nieder auf die Erde und betete, dass, wenn es möglich wäre, die Stunde an ihm vorüberginge,
36 und sprach: Abba, Vater, alles ist dir möglich; nimm diesen Kelch von mir; doch nicht, was ich will, sondern was du willst!
37 Und er kam und fand sie schlafend und sprach zu Petrus: Simon, schläfst du? Vermochtest du nicht eine Stunde zu wachen?
38 Wachet und betet, dass ihr nicht in Versuchung fallt! Der Geist ist willig; aber das Fleisch ist schwach.

3. Fastensonntag – In der Stunde der Angst

Psychische Dimension von Religion: Predigt von Gerlinde Hochwarter und Werner Kaitan

Das für den 3. Fastensonntag ausgewählte Bild zeigt uns Jesus, den Menschen Jesus am Ölberg – die Augen weit geöffnet. Die Angst ist ihm ins Gesicht geschrieben. Er weiß, was kommen wird. Die Jünger schlafen vor Erschöpfung. Es sind nicht irgendwelche Jünger, die er mitgenommen hat. Der Evangelist Markus benennt sie: Es sind Petrus („Du bist der Fels. auf den ich meine Kirche baue.“) Jakobus und Johannes, seine engsten Freunde, auf die er alle Hoffnung für die Zeit nach seinem Tod setzt. Und sie schlafen. Jesus fragt Petrus: „Konntest du nicht eine Stunde wachen?“  Er hätte sicher gerne gehabt, dass sie wach bleiben und ihm in seiner Angst beistehen.

Muss ich auch wandern in finstrer Schlucht, ich fürchte kein Unheil, denn du bist bei mir. (Ps 23,4)

Liebe Christinnen, liebe Christen!

Angst vor dem, was kommt, Angst vor dem Morgen. So zeigt auch der Künstler Thomas Resetarits die Situation im Garten Getsemani.

Schlaflos der Angst ausgeliefert, er.schöpft … Quälen uns nicht auch heute viele Ängste? Kann ich meine nächste Stromrechnung zahlen, kann ich mir eine warme Wohnung und gesundes Essen leisten? Hoffentlich verliere ich nicht auch noch meinen Arbeitsplatz! Wie lange schaffe ich es – nach dieser Diagnose – für meine Familie zu sorgen?
Liegt es nicht in meiner Verantwortung, meinen Kindern den bestmöglichen Start in ihre Zukunft zu geben? Und wie werden wir überhaupt in Zukunft auf diesem zerstörten Planeten leben, der noch dazu von Unruhen und Kriegen zerrüttet ist? Wie diesem Druck entgehen?  Kann der Glaube, die Religion – ich denke dabei nicht nur an die christliche – helfen? Hat nicht die Kirche noch zusätzliche Ängste gefördert? Die Älteren unter uns werden sich  an die Abbildungen des Fegefeuers in unseren Religionsbüchern erinnern. Und auch viele alte Fresken in den Kirchen zeigen furchterregende Bilder der Hölle.
Angst davor, schuldig zu werden, Angst vor Fehlern und der daraufhin zu erwartenden Strafe. Es bedarf eines kritischen Blickes und der Gewissheit, dass Gottes Wille so nicht ausgelegt werden kann!

Was den Glauben, die Religion in ihrer psychischen Funktion betrifft, bin ich sicher, dass mir diese hilft, auch Stunden der Angst zu bewältigen. Immer wieder habe ich erlebt, dass mir das Gebet geholfen hat, kritische Zeiten zu überwinden. Wie in einer guten Familie, wo Vater und Mutter ihrem Kind Geborgenheit vermitteln und dadurch Ängste nehmen, kann auch ich Gott meine Ängste darbringen.
Ich weiß, es gibt Einen, der immer für mich da ist, auch wenn ich nicht immer verstehe, wohin mein Weg führt … er, der mich mein Leben dankbar annehmen und akzeptieren lässt …
Und was die Kirche betrifft: Heute ist unsere Kirche bereit, Fehler einzugestehen und Verbesserungen – wenn auch oft nur in kleinen Schritten – zu akzeptieren. Für mich ist Kirche, Ecclesia, vor allem Gemeinschaft. Und in einer gelebten Gemeinschaft kann auch ich Geborgenheit fühlen. Ich wünsche mir eine geschwisterliche Kirche: Einander zuzuhören und füreinander da zu sein – einer trage des anderen Last, des anderen Ängste mit.
In dieser Gemeinschaft und im Glauben daran, auf meinem Weg in Gott geborgen zu sein, zur Erlösung geführt zu werden, bewältige auch ich meine Angst, meine Erschöpfung. Heute und immer wieder.

Fürbitten:

In unserer Welt werden wir täglich mit Angst machenden Meldungen konfrontiert. Der Glaube an Dich stärkt unsere Hoffnung und Zuversicht.  Deshalb wenden wir uns im fürbittenden Gebet an Christus, unseren Erlöser:

Viele Menschen sind in ihren Ängsten gefangen und verzweifelt. Lass sie Deine Hilfe kennenlernen und vertrauensvoll annehmen. A: Wir bitten Dich, erhöre uns.

Auch in unserer Pfarre empfangen heuer Jugendliche das Sakrament der Firmung. Lass sie Deine Nähe erleben und mit Deiner Hilfe einen sinnerfüllten Lebensweg finden. A: Wir bitten ich, erhöre uns.

Wir beten für die Verantwortlichen in unserer Kirche, dass sie nicht ängstlich am Herkömmlichen festhalten, sondern Veränderungen positiv gegenüberstehen und mehr auf Gottes Geist vertrauen. A: Wir bitten Dich, erhöre uns.

Die Angst vor Krieg und Gewalt nimmt immer mehr zu. Wir beten für diejenigen, die politische Verantwortung tragen, dass sie erkennen, dass der Krieg der Worte und des Hasses sehr leicht in einen tatsächlichen Krieg führen kann. A: Wir bitten Dich, erhöre uns.

Allmächtiger, ewiger Gott, wir danken Dir, dass Christus unseren Weg auch in dunklen Stunden erhellt. Denn du liebst die Menschen jetzt und in Ewigkeit.

Meditation

In der Stunde der Angst

In der Stunde der Angst
glauben wir dich fern,
doch du bist uns ganz nahe,
weil du gelitten hast,
was wir leiden müssen.

Du hast uns Vertrauen und Mut gemacht,
stets hast Du gepredigt:
„Fürchtet Euch nicht!“

Die Hoffnung
hebt die Angst nicht einfach auf,
doch hebt sie sie aus der Tiefe und trägt sie –
trägt sie empor wie auf Engelsflügeln.

aus: Josef Dirnbeck, Bad Tatzmannsdorfer Kreuzweg,
Innsbruck 1990, aus der 2. Kreuzwegstation
„In der Stunde der Angst“, 9ff.

Schlussgebet:

Jesus, stets warst du ganz auf unserer Seite; was uns bewegt, hat auch dich bewegt: Freude und Hoffnung, Trauer und Angst. Du hast uns Vertrauen und Mut gemacht, stets hast du gepredigt: „Fürchtet euch nicht!“. Lass uns in unseren Ängsten nicht verzweifeln, sondern darauf vertrauen, dass du immer an unserer Seite bist und uns Kraft schenkst, heute und morgen und bis in Ewigkeit.

 vgl.: Josef Dirnbeck, Bad Tatzmannsdorfer Kreuzweg,
Innsbruck 1990, aus der 2. Kreuzwegstation
„In der Stunde der Angst“, 9f.