morgengedanken im radio – „Vater unser“

meine morgengedanken von 08. – 14. sep. zum „Vater unser“ können

nachgelesen und -gehört werden. unten findet ihr die einzelnen direkten links:

ich mit meiner neuen Kawasaki Z1000SX am Nassfeldpass auf 1541 m

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Sonntag, 8.9.2013
Das „Vater unser“: Es ist wohl das bekannteste Gebet im Christentum: das „Vater unser“. Gedanken zum Inhalt macht sich Pfarrer Dietmar Stipsits.

Jesus hat seine Jünger auf deren Bitte hin ein Gebet gelehrt, um ihnen aufzuzeigen, wie sie beten sollen (vgl. Lk 11, 1 – 4). Dieses „Vater unser“ wurde zu jenem Ur-Gebet, das in allen christlichen Konfessionen bis in unsere Tage herauf gebetet wird. Das „Vater unser“ verbindet rund 2,3 Milliarden Christen auf der ganzen Welt, Katholiken und Protestanten, Orthodoxe und Freikirchen.

Hinführung

Die Jünger wussten damals gut, was Jesus mit den einzelnen Bitten meinte. Diese sprachen von den Sorgen und Nöten der Menschen zur Zeit Jesu, aber auch von deren Sehnsüchten, Erwartungen und Hoffnungen.

Dietmar Stipsits ist römisch-katholischer Pfarrer des burgenländischen Seelsorgeraumes Bad Tatzmannsdorf, Bernstein und Mariasdorf

So möchte ich diese Woche in meinen Morgengedanken den Fragen nachgehen: Was bedeutet es, Gott als „unseren Vater“ anzusprechen? Was ist Gottes Wille? Wie kann ich dem vergeben, der mich verletzt hat? Und wie soll ich mit dem Bösen umgehen, das ich in meinem täglichen Leben erfahre? Das „Vater unser“ – eine prägnante Zusammenfassung der Frohen Botschaft Jesu.

 

Montag, 9.9.2013
Das „Vater unser“: Sich Gott als Vater vorzustellen, ist weit verbreitet. Doch die Bibel vergleicht Gott auch mit einer Mutter.

Wenn ich das „Vater unser“ bete, spreche ich Gott als „unseren Vater“ an. Ist Gott ein Mann? Wie stelle ich mir Gott vor? In meiner Kindheit hat sich ein bestimmtes Gottesbild in mir eingeprägt. Trägt dieses Bild von Gott mich noch immer oder hat sich mein Gottesbild im Laufe meines Lebens weiterentwickelt? Wen meine ich persönlich, wenn ich „Vater unser“ bete?

Gott, unser Vater?

Interessant war für mich die Erkenntnis, dass es z. B. für den Kirchenlehrer Augustinus um das Jahr 400 n. Chr. kein Problem war, sich Gott als Vater und Mutter vorzustellen, als Vater, „weil er begründet, weil er ruft, weil er befiehlt, weil er herrscht“ und als Mutter, „weil sie wärmt, weil sie nährt, weil sie stillt, weil sie umschließt“.

Und blicke ich in die Bibel, Altes wie Neues Testament, dann lese ich dort, dass Gott viel mehr ist, als nur ein alter Herr. Wenn ich „Vater unser“ bete, dann erinnere ich mich immer aufs Neue daran, dass „unser Vater im Himmel“ genauso besorgt ist um mich, um uns, wie eine Mutter um ihr Kind. (vgl. Jes 49,15; Jes 66,13)

 

Dienstag, 10.9.2013
Das „Vater unser“: Was möchte Gott von mir? Dietmar Stipsits geht dieser Frage nach.

Als gläubiger Mensch stoße ich in meinem Tun oder im Gebet rasch auf die Frage, was ist der Wille Gottes? Was hat Gott mit mir vor? Muss ich dabei auf meine Freiheit verzichten? Und: Wie kann ich Gottes Willen erkennen?

Dein Wille geschehe

Der „Wille Gottes“ meint in meinen Augen eine Grundhaltung, um die Jesus im „Vater unser“ bittet: Möge sich der menschenfreundliche Wille Gottes nicht nur im Himmel, sondern auch auf Erden durchsetzen. „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden“, lesen wir im 1 Timotheusbrief (1 Tim 2,4). Das ist der Wille Gottes.

Damit sich dieser Wille Gottes aber durchsetzt, nimmt Gott mich in die Verantwortung, er braucht meine Entscheidung, meine Zustimmung, mein Mit-Gehen. Wenn ich darum bete, dass Gottes Wille geschehe, dann öffne ich meine Pläne und Wünsche, meine Begabungen und meine Schwächen für Gott. Er braucht mich zur Entwicklung und Vollendung seiner Schöpfung. Erst dann kann sich das Reich Gottes entwickeln. Gottes Wille ist für mich überall dort erfahrbar, wo Menschen von Liebe zu Gott, zu ihren Mitmenschen und zu sich selbst erfüllt sind.

 

Mittwoch, 11.9.2013
Das „Vater unser“: Was bedeutet das „tägliche Brot“ im „Vater unser“-Gebet? – Vermutlich nicht nur den Laib Brot, den wir zum Leben brauchen.

Die „Vater unser“-Bitte „Unser Brot für den heutigen Tag gib uns heute!“ öffnet mir sofort den Horizont für jene Menschen, die nicht wissen, ob sie tatsächlich das Brot für den heutigen Tag erhalten werden. Unter „Brot“ verstehe ich hier zunächst all das Materielle, das ich zum Leben nötig habe. Aber kann „Brot“ nicht noch mehr bedeuten? Brauche ich nicht mehr als nur dieses „tägliche Brot“?

Unser tägliches Brot gib uns heute

Ja, ich gebe zu, dass ich ebenso nach Zuwendung und Liebe hungere. Ich hungere nach Anerkennung und Aufmerksamkeit. Ich hungere nach Frieden und Versöhnung. Ich hungere nach Zärtlichkeit und Angenommen-Sein. Letztlich hungere ich, auch wenn diese Seite oft verdrängt oder unterdrückt wird, nach einer Antwort auf die Frage: Was ist denn der Sinn meines Lebens?

So, wie ich das tägliche Brot brauche, um leben zu können, so not-wendig brauche ich den andern und er mich. Ich wünsche mir, dass wir auch füreinander Brot sind. Dass wir also einander täglich das schenken, was wir zum Leben brauchen, was Leben lebenswert macht.

 

Donnerstag, 12.9.2013
Das „Vater unser“: Jeder Mensch macht Fehler. Doch welche Rolle spielt Vergebung im Leben?

Ich bin der Überzeugung, dass Vergebung eine Grundhaltung des Lebens sein muss. Wer keine Vergebung erfährt, und wer nicht bereit ist, Vergebung zu schenken, der wird sein Leben nicht als bereichernd, als geglückt, als lebenswert erfahren können, meine ich. Die luxemburgische Kommission „Justitia et Pax“ hat zehn Thesen verfasst, wie Vergebung sehr konkret gelebt werden kann. Ein paar dieser Thesen sind mir besonders wichtig:

…und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern

Vergebung kann ein langer Prozess sein. Vergebung braucht also Zeit, funktioniert nicht von heute auf morgen. Vergebung erfordert keine übereinstimmende Auffassung von der Vergangenheit. Mein Gegenüber kann die Vergangenheit ganz anders sehen, als ich sie sehe.

Vergebung bedeutet nicht unbedingt, erneut zu vertrauen. Ein Ereignis kann für mich so verletzend gewesen sein, dass ich dieser Person nicht mehr vertrauen kann. Trotzdem kann sich Vergebung ereignen. Vergebung ist Voraussetzung für Neuanfang. Erst wenn ich Vergebung zulasse, bahne ich den Weg für ein neues Miteinander. – Ja, so kann Vergebung gelingen!

 

Freitag, 13.9.2013
Das „Vater unser“: Über die Erfahrung des Bösen in seinem Leben spricht heute der südburgenländische Pfarrer Dietmar Stipsits in den Morgengedanken.

„Erlöse uns von dem Bösen.“ Diese Bitte spreche ich immer wieder aus, wenn ich selber in meinem persönlichen Bereich, aber auch im Zusammenspiel mit anderen, in Gruppen, in der Gesellschaft, in der Wirtschaft und Politik, oder auch in unserer Kirche, Böses erfahre.

…erlöse uns von dem Bösen

Böses geschieht also nicht nur zwischen einzelnen Personen, sondern auch in Strukturen. Man denke dabei bloß an den Nationalsozialismus oder in unseren Tagen an die Korruption in allen möglichen Bereichen oder an die Umweltverschmutzung.

Die Bibel versucht zu erklären, z. B. in den beiden Schöpfungserzählungen im Buch Genesis, dass von Gott alles Gute kommt, dass er die ganze Schöpfung und uns Menschen als „sehr gut“ geschaffen hat (vgl. Gen 1,31). Aber in der Freiheit, in die er seine Schöpfung und besonders den Menschen entlässt, steckt auch die Möglichkeit der Missachtung von Grenzen und der Verletzung dieser guten Ordnung. So sehr ich mich jedoch anstrenge, ich werde nicht immer und umfassend gut sein in meinem Leben, selbst wenn ich weiß, was gut und böse ist. Daher immer wieder meine Bitte an Gott: „Erlöse uns von dem Bösen.“

 

Samstag, 14.9.2013
Das „Vater unser“: Dietmar Stipsits erklärt heute, was er unter Beten versteht.

In dieser Woche habe ich bei meinen Morgengedanken einzelne Bitten des „Vater unsers“ näher angeschaut. Eine wichtige Ergänzung dazu ist mir seit einigen Jahren ein Lied von Huub Oosterhuis, nämlich das Kirchenlied „Ich steh vor dir mit leeren Händen, Herr“, das im Gotteslob unter der Nummer 621 zu finden ist. Es drückt in einer mir sehr nahegehenden und aktuellen Sprache aus, was mir das „Vater unser“ zu vermitteln versucht:

Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete

Mit leeren Händen stehe ich vor Gott, der mir im Laufe meines Lebens immer wieder auch fremd ist, er selbst und seine Wege. Wer sich auf Gott einlässt, bei dem bleibt auch nicht die Frage aus: Kennst du mich wirklich, Gott? Ist mein Leben tatsächlich eingebettet in dein Erbarmen? Und vor allem: Wird mein Leben ein Ziel haben?

Die 3. Strophe des Liedes bringt die Antwort: Gott ist es, der tröstet, der befreit, und der mir auch im Sterben ewige Geborgenheit bei sich schenken wird. Und in diesem Leben – hier und jetzt – ist Gott mein tägliches Brot, mein Atem, wenn ich zu ihm bete. In dieser Gewissheit spreche ich täglich das „Vater unser“.