morgengedanken „glücklich…“ vom 10. – 16. aug. 2014

hier können meine morgengedanken über die seligpreisungen nachgehört und nachgelesen werden:

sonntag: seligpreisungen

Jede und jeder von uns kennt sie, die Seligpreisungen. Bei näherem Hinschauen wird es dann schon schwieriger zu verstehen, was Jesus konkret mit den einzelnen Seligpreisungen meint. Ich will in dieser Woche daher versuchen, insgesamt fünf Seligpreisungen ins Hier und Heute zu übertragen.

Glücklich und selig

Dabei nehme ich mir eine kleine Freiheit und ersetze das Wort „selig“ durch das Wort „glücklich“. Ich finde nämlich, dass das Wort „selig“ heute zu lebensfremd, zu nebulos, zu unverständlich geworden ist. Zudem habe ich den Eindruck, dass christliche Erziehung und Glaubenslehre immer morallastig, gebotelastig, zwangslastig waren und mitunter auch noch immer sind. Außerdem hatten sie immer viel zu wenig das Glück des Menschen im Auge. Genau das aber war Jesus am wichtigsten. Er wollte den Menschen nicht neue Lasten auferlegen, sondern ihnen ihr wahres Glück zeigen.

Deshalb in dieser Woche von mir fünf Seligpreisungen, oder anders formuliert fünf Zusprüche, mit denen ich einladen möchte, einen neuen Weg zum Glücklichwerden und zum Glücklichsein zu entdecken. Und ich möchte Mut machen, diesen Weg zu wagen.

 

montag: glücklich, die frieden stiften

„Glücklich, die Frieden stiften, denn sie werden Töchter und Söhne Gottes genannt werden“, lautet ein erster Zuspruch in den Seligpreisungen. Frieden zu stiften ist in meinen Augen dann möglich, wenn ich bereit zur Versöhnung bin. Ich kann mich mit meinen Mitmenschen nur dann versöhnen, wenn ich bereit bin, ihnen zu vergeben; zu vergeben, was sie mir angetan haben.

Friedenstifter

Ich weiß nicht, wie es Ihnen mit Vergebung geht, aber ich sehe oft bei mir, dass ich zwar vergeben möchte, mir aber wirkliche Vergebung nicht gelingt. Ich strenge mich also mit meinem Willen intensiv an zu vergeben, spüre aber, dass die Verletzung weiter in mir bohrt.

Ich bin der Überzeugung, dass Vergebung ein Prozess ist, der einige Zeit braucht, damit er gelingt. Zunächst versuche ich, mir den Schmerz bewusst zu machen, den mir jemand zugefügt hat. Dabei finde ich es wichtig, die Wut, den Ärger, den Zorn, der in mir hochkommt, zuzulassen. Denn erst dann kann ich objektiver meine Verletzung anschauen, um abschließend vergeben zu können. Vergebende Menschen sind Friedenstifter.

 

dienstag: glücklich, die keine gewalt anwenden

„Glücklich, die keine Gewalt anwenden, denn sie werden das Land erben“. Luther übersetzt es treffender – wie ich meine – mit „Selig, die Sanftmütigen“. Jeder Mensch ist einzigartig und reagiert ganz unterschiedlich aufgrund seiner Emotionen: der eine still und zurückhaltend, die andere extrovertiert und laut, wieder ein anderer sanftmütig mit einer freundlichen und friedlichen Gesinnung.

Unrecht verhindern

Sanftmütig zu sein, also weder in Taten noch in Worten Gewalt anzuwenden, bedeutet für mich nicht einfach alles zu dulden oder für alles Verständnis zu haben. Nein, ich glaube, dass Jesus schon möchte, dass wir dem andern sagen, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Sag ihm, wo er sich falsch verhält, sag ihm auch, wo du dich ärgerst. Aber sag es nicht, um in klein zu machen, sondern als Partner, als Freundin.

Sanftmütig zu sein geht aber für mich auch noch einen Schritt weiter. Unrecht nicht zu vergrößern, sondern beim Namen zu nennen ist die eine, mich aktiv dafür einzusetzen, dass Unrecht nicht geschieht und die Gewaltspirale zurückgedreht wird, die andere Seite von Sanftmut. – Sanftmütig will ich sein, um ein friedvolles Miteinander zu ermöglichen.

 

mittwoch: glücklich, die hungern und dürsten nach der gerechtigkeit

„Glücklich, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden“, lautet eine weitere Seligpreisung. Was ist gerecht? Eine Frage, die meines Erachtens heute höchst aktuell ist, vor allem wenn wir in unsere Wirtschafts- und Arbeitswelt hineinschauen, besonders auf die hohe Zahl von Arbeitslosen. Es gibt die, die leistungsfähig sind und dementsprechend auch bezahlt werden. Es gibt Frauen, die dieselbe Arbeit leisten wie Männer und deutlich weniger Lohn und Gehalt bekommen.

Zu Lasten der Schwächeren

Es gibt Menschen, die weniger leisten können, weil sie weniger Fähigkeiten haben, weil sie krank sind oder weil das Alter ihre Leistungsfähigkeit eingeschränkt hat. Wer hat hier Recht auf wie viel? Und welchen Maßstab von Gerechtigkeit legt uns das Evangelium nahe?

Ich bin überzeugt, dass Jesus uns heute sagen möchte: Menschen brauchen die Möglichkeit, ihr Leben zu gestalten, und dazu gehört an vorderster Stelle ein Recht auf Arbeit. Dazu gehört es aber ebenso, dass Staatshaushalte und Banken oder Firmen nicht zu Lasten der Schwächeren saniert werden, dazu gehört es, dass die soziale Sicherheit von Menschen und die Schaffung von Arbeitsplätzen mit gerechter Bezahlung wichtiger sind als Aktienkurse, ungerechte Vorstandsgehälter und Spekulationen an der Börse.

 

donnerstag: glücklich, die ein reines herz haben

„Glücklich, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen“. Ich bin überzeugt davon, dass Jesus uns mit dieser Seligpreisung dazu einladet, dass wir Menschen sind, die barmherzig handeln, sich selbst und anderen gegenüber. Bischof Kamphaus, der frühere Bischof von Limburg, erläutert sehr gut, was auch ich unter „Barmherzigkeit“ verstehe, wenn er sagt:

Menschen in Not beistehen

„Deshalb hat Kirche dort, wo Menschen in Not sind, zunächst nichts anderes zu tun, als ihnen in dieser Not beizustehen. Das Vorbild Jesu verbietet uns, mit den Notleidenden zunächst über Volkszugehörigkeit und Kirchenmitgliedschaft, über Weltanschauung und Wertvorstellungen im Sexualverhalten zu diskutieren und unsere Hilfe an das Ergebnis solcher Gespräche zu knüpfen.“

Genau das bedeutet für mich, „ein reines Herz zu haben“. Wo ich mich bemühe, zum Werkzeug von Gottes Barmherzigkeit zu werden, wo ich mich von Gottes Herzschlag berühren lasse und seinen Herzschlag mit meinem verbinde, da geschieht das Wichtigste und Eigentliche. Ja, nur jene Menschen werden tatsächlich Gott schauen, die bereit sind, gelebte Barmherzigkeit alltäglich zu verwirklichen, das heißt für mich: Menschen in Not beizustehen.

 

freitag: glücklich die armen im geiste

„Glücklich, die Armen im Geist; denn ihrer ist das Reich der Himmel“, wortwörtlich aus dem Griechischen übersetzt. Die schwierigste Seligpreisung heute, denn alle Bibelausleger tun sich damit schwer, was mit den „Armen im Geist“ tatsächlich gemeint ist. In der römisch-katholischen Einheitsübersetzung wird gesprochen von: „Selig, die arm sind vor Gott“.

Spuren der Freude

Manche meinen, es geht darum, dass der Mensch um seine Grenzen vor Gott weiß. Da stellt sich für mich dann die Frage: Was ist wirklich wichtig in meinem und für mein Leben? Was macht mich in den Augen Gottes glücklich und zufrieden? Meine Antwort darauf: Ich bin dann glücklich, wenn Freude eine Grundhaltung meines Lebens ist.

Oft erlebe ich – auch bei mir selber – dass jemand viel lieber jammert. Mir ist es viel, viel wichtiger, nach Spuren der Freude in meiner Lebensgeschichte zu suchen. Statt also immer aufs Neue nur auf krankmachende Erfahrungen in meinem Leben zu blicken, finde ich es weit hilfreicher, darauf zu achten, wo ich tiefe Freude und erfüllende Fröhlichkeit erfahren habe, wo ich so richtig Lust am Leben gespürt habe. Denn darum geht es Jesus.

 

samstag: glücklich sein

Wie kann ich einen neuen Weg zum Glücklichsein in meinem Alltagstrott entdecken? Diese Frage hab ich aufgrund der Seligpreisungen versucht zu beleuchten. Ich habe für mich erkannt: Auf dem Weg zum Glücklichsein ist es wichtig, dass ich immer wieder bereit bin zur Versöhnung. Es ist gut, wenn ich in der Haltung des Sanftmutes und der gelebten Barmherzigkeit meinen Mitmenschen gerecht begegne. So werde ich mit der Lebensfreude in mir in Berührung kommen. Und diese Lebensfreude ist es, die mir Kraft schenkt zu mehr Lebendigkeit, Zuversicht und zum Empfinden von tiefem Glück.

Lebensfreude weiterschenken

Als Seelsorger glaube ich, dass mich Jesus genau dazu einladen möchte. Ich soll ein Mensch sein, der von Freude geprägt ist. Und diese Freude treibt mich an zu Lebendigkeit, zum Kreativsein, zum Entfalten meiner in mir schlummernden Begabungen und Fähigkeiten, zur Lust an meiner eigenen Vitalität.

Wenn ich ein Mensch bin, der geprägt ist von Freude, werde ich diese Lebensfreude auch ausstrahlen und sie damit weiterschenken an andere. So werde ich dieses „Glücklich-Sein“ erfahren und leben, von dem die Seligpreisungen sprechen.

 

ich mit meiner neuen Kawasaki Z1000SX (im aug. 2013) am Nassfeldpass auf 1541 m
ich mit meiner neuen Kawasaki Z1000SX (im aug. 2013) am Nassfeldpass auf 1541 m